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Fast 80 Bäume in Werne gefällt - die Gründe sind völlig unklar
Baumbestand
Binnen eines Jahres wurden in Werne 77 Bäume ohne Angabe von Gründen gefällt. Das teilte die Stadtverwaltung kürzlich mit. Die Politik pocht währenddessen auf ein „Pflanzkonzept“.
Alexandra Möller runzelt die Stirn, als sie durch die Wienbrede und Schulstraße spaziert. „Zwanzig, das würde ja noch nicht einmal ganz ausreichen, um die Zahl der Bäume auszugleichen, die in der jüngeren Vergangenheit hier am Rande der Innenstadt entfernt wurden“, sagt sie und seufzt. Die gefällten Bäume zu ersetzen, hat man bei der Stadt laut Möller bislang versäumt: „Man müsste auch Bäume mit größerer Krone pflanzen - und selbst dann dauert es mindestens 20 Jahre, bis sie genug Schatten spenden und einen kühlenden Effekt haben“. Vom CO2-Aspekt mal ganz abgesehen.
Die gebürtige Wernerin ist nicht die Einzige, die sich um den Baumbestand in der und rund um die Werner Innenstadt sorgt. Und die 20 Bäume, von denen sie spricht, sind auch keineswegs aus der Luft gegriffen. Sie stehen im neuen Werner Klimaschutzkonzept - als Maßnahme mit dem Titel „Bäume in die Stadt“. Demzufolge will die Stadt in den kommenden fünf Jahren insgesamt 100 Bäume pflanzen. Aber nicht, weil sie schön aussehen, sondern, um das sogenannte lokale Mikroklima zu verbessern.
Politik fordert Pflanzkonzept von Stadtverwaltung
Dass in Sachen Baumbestand etwas nicht ganz stimmig ist, hatte auch die Politik erkannt. Bereits im Dezember 2020 hatten die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Mobilität und Klimaschutz daher die Verwaltung damit beauftragt, ein neues Pflanzkonzept zu erstellen. Der Hintergrund: Im Jahr 2014 hatte die Stadt schon einmal eine Liste mit den gefällten und zu ersetzenden Bäumen vorgelegt. Damals waren es 97. Seither war diese Liste jedoch nicht fortgeschrieben beziehungsweise abgearbeitet worden.
Zudem forderte die Politik, „alle Fällungen sowie deren angedachte Ersatzpflanzungen zukünftig im Vorfeld den Ausschussmitgliedern mitzuteilen“. Ausgenommen seien Fällungen aufgrund von „Gefahr im Verzug“.

In der Straße Wienbrede standen einst deutlich größere Bäume. © Hardenacke
In der jüngsten Ausschusssitzung im November 2021 lieferte die Stadt schließlich eine erste Bilanz. Und die dürfte nicht nur echten Umwelt-Fanatikern Kopfschmerzen bereiten: Seit Oktober 2020 seien insgesamt 77 Bäume „ohne eingetragenen Grund“ gefällt worden, teilte die Verwaltung mit. Man nehme das Pflanzkonzept jedoch sehr ernst und arbeite weiter daran. Insgesamt gebe es Stand November 138 mögliche Neu- und Nachpflanzungsstandorte.
Man wolle in einer der nächsten Sitzungen eine neue Liste mit konkreten Zahlen der Neu- und Nachpflanzungen vorstellen, hieß es seinerzeit. Auf aktuelle Anfrage unserer Redaktion bei der Werner Stadtverwaltung vom Mittwoch (19. Januar) erhielten wir bislang keine Antwort. Unter anderem wollten wir wissen, wie viele Bäume in besagtem Zeitraum insgesamt in Werne gefällt wurden und was die Hauptgründe dafür waren, in wie vielen Fällen bereits eine Ersatzpflanzung erfolgt ist und ob bei unbegründeter Fällung Sanktionen verhängt wurden.
Geboren 1984 in Dortmund, studierte Soziologie und Germanistik in Bochum und ist seit 2018 Redakteur bei Lensing Media.
