Es ist kurz vor der Kommunalwahl 2020, als wir uns mit Wernes amtierendem Bürgermeister Lothar Christ zum Video-Interview treffen. Drei Orte durfte sich Christ aussuchen, an denen er seine Ziele für die Zukunft vorstellt. Ein „Wahlversprechen“, wenn man so will. Ein Bolzplatz an der Berliner Straße ist Schauplatz des ersten Kurzinterviews. Warum gerade dieser Ort? „Spiel- und Bolzplätze sind wichtig für die Entwicklung unserer Kinder. Aber leider sind sie oftmals nicht in einem guten Zustand. Da möchte ich etwas dran ändern“, sagt der Bürgermeister.
Als Vorbild sollen die Kunstrasenplätze dienen, wie es sie etwa am Anne-Frank-Gymnasium gibt. Christ will aber auch grundsätzlich das Angebot für Familien in Werne erweitern, erklärt er im Zuge des Wahlkampfs. Doch was ist knapp viereinhalb Jahre später aus diesem Vorhaben geworden? Stimmen Wahlkampf und Wirklichkeit überein? Wer den amtierenden Bürgermeister heute nach seiner eigenen Einschätzung fragt, erhält eine klare Antwort: „An der Uhlandschule und an der Wiehagenschule wurden Bolzplätze mit Kunstrasenbelägen gebaut. Das Ziel ist erfüllt.“ Letzteres gelte auch in Bezug auf die Angebote für Familien in der Lippestadt.
Der Zustand von Spiel- und Bolzplätzen wurde in den politischen Gremien durchaus diskutiert. Das liegt nicht zuletzt daran, dass ohnehin einmal jährlich die Ergebnisse der turnusmäßigen Inspektion durch eine Prüferin vorgelegt werden. Die CDU nahm 2022 die Bolzplätze in Horst und am Birkenweg ins Visier. Mehr Geld für die Erneuerung von Spielgeräten und die Neugestaltung von Spielplätzen forderten jüngst auch SPD, Grüne und UWW in einem gemeinsamen Antrag.
Fakt ist allerdings: Am Zustand der meisten Bolzplätze abseits der Schulen hat sich in den vergangenen Jahren nicht sonderlich viel getan. Kicken kann man auf den meisten trotzdem. Sie sind nicht in einem katastrophalen Zustand. Ausgerechnet der Bolzplatz an der Berliner Straße gibt jedoch kein gutes Bild ab. Die Spielfläche ist hier derart stark abgenutzt, dass man meinen könnte, es handle sich um eine Beach-Soccer-Anlage.

Mottospielplatz und Bikepark als Highlights
Mit dem 2024 eröffneten Mottospielplatz an der Saline wurde in Werne hingegen ein echtes Vorzeige-Projekt realisiert. Es war Teil der 2021 und 2022 vorgestellten und verabschiedeten „Spielplatzentwicklungsplanung“. Darin spielt auch der Inklusionsgedanke eine größere Rolle. Der Mottospielplatz ist zudem nicht das einzige Projekt mit Strahlkraft, das in der aktuellen Legislaturperiode geplant und umgesetzt wurde. Auch der Bikepark im Sportzentrum Dahl zählt dazu. Kinder und Jugendliche, Vereine und Sponsoren hatten großen Anteil daran. Die Stadt leistete den nötigen Support.
Das Angebot für Familien hat die Stadt - nach eigener Einschätzung - aber auch in anderer Hinsicht deutlich ausgebaut. Auf Anfrage unserer Redaktion nennt die Verwaltung unter anderem den Umzug des Familiennetzes als „zentrale Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Thema Familie“. Die Einrichtung ist vom Fürstenhof in die Innenstadt gezogen. Mittlerweile hat hier auch eine Krankenschwester ihre Tätigkeit aufgenommen und berät Familien zu Themen der Säuglings- und Kleinkinderpflege, Schlafstörungen und Stillen.
Mit dem Umzug des Familiennetzes ging auch ein Umzug des Familienfestes in die Innenstadt einher. Seit 2022 findet das Fest im September zentral auf dem Marktplatz und auf dem Kirchplatz statt. Darüber hinaus verweist die Verwaltung auf die Einführung der Jugendkulturwoche „Now&Then“ im Frühjahr 2024 sowie das Projekt „Holtkamp“. Das kinder- und familienunterstützende Projekt wurde 2023 gestartet. Der „Ankerpunkt“ ist im Pfarrheim St. Johannes. Zu den Angeboten gehören unter anderem Kochen, Hausaufgabenhilfe, Singen und Sport sowie ein Elterncafé.

Und dann wäre da noch die Situation der Kitas. Hierzu heißt es aus dem Stadthaus: „Die Stadt Werne ist eine der wenigen Kommunen, in denen eine vollständige Versorgung aller Kinder mit einem Kita-Platz oder aber einer Betreuung durch eine Kindertagesmutter sichergestellt ist. Die Stadt Werne hat die Kindergartenträger (auch) in den vergangenen Jahren maßgeblich beim Gruppenausbau unterstützt. So wird beispielsweise aktuell ein Kindergarten (St. Sophia) mit Unterstützung durch die Stadt Werne als inklusive Einrichtung etabliert.“
Frei von Kritik blieb die Verwaltung in der laufenden Legislaturperiode allerdings nicht. So gab es beispielsweise vereinzelt Beschwerden über Kita-Gebühren und die Streichung des zusätzlichen OGS-Angebots an Schulen. Das Jugendamt sah sich zudem mit schweren Vorwürfen rund um das Verschwinden der damals noch minderjährigen Pia Marie konfrontiert. Unsere Redaktion berichtete mehrfach ausführlich über den Fall.
Wie zufrieden sind Familien in Werne?
Dass sich Familien in Werne insgesamt wohlfühlen, sollte im Sommer 2022 eine kreisweite Umfrage unter dem Titel „Gutes Wohnen für Familien“ zeigen. Beim Gesamtergebnis holte Werne seinerzeit 84 von 100 möglichen Punkten und lag damit an erster Stelle. Ein Ergebnis, das einerseits Anlass zur Freude war, andererseits aber auch stutzig machte. Der Grund: Das Stadtmarketing in Werne hatte etwa ein halbes Jahr zuvor die Ergebnisse einer eigenen Befragung vorgestellt. Daran hatten mehr als 500 Werner Familien teilgenommen - und der Stadt ein eher mittelmäßiges Zeugnis ausgestellt.
Unsere Einschätzung der Arbeit von Stadtverwaltung und Bürgermeister in der aktuellen Legislaturperiode: Den Worten sind durchaus Taten gefolgt. Die Liste der umgesetzten Maßnahmen rund um das Thema Familien ist lang - wenngleich nicht ganz lückenlos. Auf dem Erfolg ausruhen sollte man sich aber nicht. Das wissen auch Verwaltung und Bürgermeister.

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