Weihnachten 2024 war schwer. Der Jahreswechsel war auch schwer. „Ich habe bewusst auf Gesellschaft verzichtet. Das wollte ich alleine erleben.“ Es war das erste Mal seit 70 Jahren, dass er diese Zeit alleine erlebte. Ohne seine Marianne.
Willi Lülf (87) hat seine Ehefrau, mit der er 64 Jahre verheiratet war, Mitte der 1950er-Jahre kennengelernt. Bei einer Karnevalsveranstaltung. „Das war beim Karneval der katholischen Jugend in Heeren-Werve.“ Dort funkte es bei dem Funkenmariechen und dem angehenden Bergmann. Lülf erzählt mit einem Lächeln, wie es nach diesem ersten Treffen weiterging. „Sehen wir uns wieder? Natürlich sehen wir uns wieder.“

Kennengelernt beim Karneval
Es war ein Wiedersehen, das bis zum Tod von Marianne Lülf am 6. Oktober 2024 andauerte. Ein Wiedersehen, das zu einer „glücklichen Ehe mit wenig Tiefen und vielen Höhen“ sowie zwei Kindern geführt hat. Und so waren nicht nur Weihnachten und der Jahreswechsel für den Witwer eine schwere Zeit, sondern auch der Rosenmontagszug 2025 in Werne. „Ja, Karneval“, sagt Willi Lülf wehmütig, „auch das erste Mal alleine. Karneval waren wir immer unterwegs.“
Als die beiden 17-Jährigen sich damals kennenlernten, standen beide vor Prüfungen. Sie im Einzelhandel, er auf der Schule, mit Aufstiegs-Perspektiven im Bergbau, wo er den sozialen Aspekt fördern sollte. 1960 wurde geheiratet, ein Jahr später die Geburt der Tochter Christiane, später kam Sohn Markus. Die junge Familie zog „in eine Dienstwohnung an der Lippestraße, tapeziert“, erinnert sich Lülf.

Lülf macht Bergbau-Karriere
Lülf machte Karriere im Bergbau. Reviersteiger, Fahrsteiger, „schon mit 34 Jahren Obersteiger“, sagt er nicht ohne Stolz. Obwohl der Bergbau stark sozialdemokratisch geprägt war, trat er 1964 in die CDU ein. „Hat mir nicht geschadet“, sagt er knapp. Im Gegenteil. Im Laufe seines langen Berufslebens bekleidete er diverse Führungsposition.
Doch der berufliche Erfolg reichte dem großgewachsenen Mann mit ausgeprägter Führungskraft nicht. Er wollte in der Werner Politik mitmischen. Machte auch hier Karriere. 1984 wurde er als Nachfolger von Franz-Josef Grube Bürgermeister der Lippestadt. Diese ehrenamtliche Tätigkeit bekleidete er bis 1997, bis die Aufgaben des Stadtdirektors und Bürgermeisters in einer hauptamtlichen Position gebündelt wurden.

Marianne Lülf war engagiert
Marianne Lülf war immer an seiner Seite. Sie engagierte sich früh in verschiedenen ehrenamtlichen Bereichen. Lange Jahre koordinierte und organisierte sie den jährlichen Adventsbasar im Altenheim St. Katharina. Gemeinsam mit ihrem Mann, der in Bailleul, Walcz und Kyritz die Ehrenbürgerwürde erlangte, lebte und pflegte sie mit viel Herzblut die verschiedenen Städtepartnerschaften. Vor allem mit Bailleul verband Marianne Lülf eine jahrzehntelange Verbundenheit, wobei sie im Selbststudium die französische Sprache erlernte.
Auch nach seiner aktiven Zeit war das Rentnerpaar Lülf viel gemeinsam in Werne unterwegs. Oft sah man sie plaudernd mit einem der vielen Freunde und Bekannten in der Innenstadt. Doch dann erkrankte Marianne Lülf.
Willi Lülf denkt an diese schwere Zeit zurück. Er kümmerte sich um seine Frau und empfindet es im Nachhinein als glückliche Fügung, dass sie zu Hause, während er dabeisein konnte, sanft entschlafen ist. Er stockt, als er davon spricht, senkt den Blick. Am 6. Oktober 2024 war das.
Wie es ihm geht? „Nicht so gut“, sagt der 87-Jährige. Einerseits wegen des Verlustes seiner Frau. Andererseits wegen seiner Rückenprobleme, „aber ich komme zurecht.“ Er will so lange wie möglich in der gemeinsamen Wohnung bleiben.
Willi Lülf bringt den Reporter zur Tür. Sagt sanft: „Ich habe ein gutes Leben gehabt.“ Kurze Pause: „Wir haben ein gutes Leben gehabt.“
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