
© Brehorst
Corona-Krise: Sandro Brehorst (21) sitzt seit Wochen in Moskau fest
Coronavirus in Werne
Eigentlich sollte Sandro Brehorst (21) aus Werne seit Wochen wieder in Deutschland sein. Doch wegen des Coronavirus wurden seine Flüge storniert. Mit uns hat er über seine Odyssee gesprochen.
Ende Februar ist Sandro Brehorst nach Moskau gereist. Der 21-Jährige will seine Verlobte aus Moskau heiraten. Deshalb war er nach Russland gereist, damit das Paar die letzten Papiere für die Trauung organisieren kann. Am 13. März sollte der Werner eigentlich wieder nach Deutschland ausreisen. Doch wegen des Coronavirus sitzt er in Russland fest.
Erst sei die Lage in Deutschland noch entspannt gewesen, sagt Brehorst. Doch dann habe das Virus sich ausgebreitet. Auch in Russland seien die ersten Fälle aufgetreten. Als Folge wurden immer mehr Flüge gestrichen. Auch Brehorsts Flug am 13. März. „Der nächste Flug sollte am 27. März gehen, aber auch der wurde drei Tage nach der Buchung storniert.“
An diesem Tag ist auch das Visum des Werners abgelaufen. Ohne das, sagte ihm die Deutsche Botschaft in Moskau, könne er das Land nicht verlassen. Das Problem: Die russische Behörde, bei der er das Visum beantragen müsste, hat mittlerweile geschlossen.
Immerhin habe er sich noch registrieren können, um nachzuweisen, dass er rechtmäßig im Land ist. Als er seinen Reisepass vorzeigte, fragten ihn die Beamten, ob er den auch auf Russisch besitze. „Ich glaube, die waren auch überfordert“, so Sandro Brehorst. Seine Anrufe wegen seines Visums bleiben seither unbeantwortet.
Glücklicherweise wohnt Brehorst bei der Familie seiner Verlobten in Moskau. Von dort dokumentiert der 21-Jährige auf Anraten der Botschaft, welche Behörde er wann und wie oft kontaktiert hat, um im Zweifel nachweisen zu können, dass er alle ihm möglichen Schritte unternommen hat, um an ein gültiges Visum zu kommen.
In Russland stiegen die Fälle von Corona-Infizierungen nach offiziellen Zahlen seit dem 12. März an. Um das Virus einzudämmen, wurden die Schulen und Unis geschlossen und am vergangenen Montag eine Ausgangssperre verhängt. Nur noch Supermärkte, Ärzte und Apotheken seien geöffnet, sagt Brehorst.
Anfangs hätten die Menschen in Russland vereinzelt Masken getragen. Nun seien die Leute ein wenig nervöser, aber von Panik sei keine Spur. Seit der Ausgangssperre sei er selbst nur einmal zum Einkaufen vor der Tür gewesen, sagt der Werner. Wer sich draußen aufhält und durch sein fahrlässiges Verhalten einen anderen Menschen mit dem Coronavirus infiziert und derjenige stirbt, kann bis zu sieben Jahre in Haft kommen.
Corona-Krise in Russland: „Keiner weiß, was los ist“
Sandro Brehorst muss nun von Tag zu Tag schauen, wie sich die Lage entwickelt. „Es ist ein Dilemma. Keiner weiß genau, was los ist.“ Selbst die Deutsche Botschaft habe ihm am Anfang noch gut zugeredet, dass er das Land bald verlassen könne. Aber dann kam alles anders. Brehorst nächste Chance: ein Flugzeug, das am 3. April europäische Fluggäste ausfliegen soll. Einige Plätze in dem Flieger seien noch für Deutsche frei. Vorrang haben dabei Menschen mit medizinischen Problemen vor Studenten und Touristen.
„Ich warte jetzt auf die Nachricht von der Botschaft“, sagt der Werner. „Wenn ich den Flug bekomme, werde ich alle Unterlagen mitnehmen, um nachzuweisen, dass ich mich bemüht habe, ein Visum zu bekommen. Wenn ich dann eine Strafe zahlen muss, dann muss ich die halt zahlen“, sagt er. Auch für seine Mutter Tanja ist die Situation schwer zu ertragen. Am Telefon kämpft sie mit den Tränen. „Hauptsache, mein Kind ist wieder da.“
Doch bei aller Ungewissheit kann der Werner ein deutsches Corona-Phänomen nicht nachvollziehen: Den Ansturm der Deutschen auf das Klopapier. „Ich saß hier im Wohnzimmer und habe Videos gesehen, wie sich die Menschen in Deutschland ums Klopapier gekloppt haben“, sagt er leicht fassungslos. „Sowas kann man wirklich nicht nachvollziehen.“
Gebürtige Münsterländerin, seit April 2018 Redakteurin bei den Ruhr Nachrichten, von 2016 bis 2018 Volontärin bei Lensing Media. Studierte Sprachwissenschaften, Politik und Journalistik an der TU Dortmund und Entwicklungspolitik an der Philipps-Universität Marburg. Zuletzt arbeitete sie beim Online-Magazin Digital Development Debates.
