
© Tengowski
Befreit von der Maskenpflicht: Die Angst vor fiesen Blicken und blöden Sprüchen
Coronavirus in Werne
Seit Montag gilt in NRW die Maskenpflicht. Einkaufen, Arztbesuche, Busfahren - ohne Mundschutz ist all dies nicht mehr möglich. Für manche ist das nicht nur ärgerlich, sondern extrem belastend.
An der sogenannten „Maskenpflicht“ scheiden sich bisweilen die Geister. Die einen nehmen sie zähneknirschend hin, andere sind erleichtert, weil sie sich nun sicherer fühlen - und dann gibt es noch diejenigen, die die Mund-Nase-Bedeckungen verteufeln und für eine völlig übertriebene Maßnahme halten.
Für manche Menschen stellt sich mit Blick auf die Gesichtsbedeckungen allerdings nicht primär die Frage nach deren Ästhetik oder Wirksamkeit. Für sie ist die Maske eine besondere Belastung, weil mit dem Tragen gesundheitliche Einschränkungen einhergehen - und das obwohl besagte Masken ja eigentlich dazu da sind, um Menschen zu schützen.
Maskenpflicht ist für Erkrankte nicht unproblematisch
Mathias Tengowski seufzt am Telefon. „Natürlich ist so eine Maskenpflicht sinnvoll. Ich bin ja auch dafür. Aber ganz unproblematisch ist sie eben auch nicht“, sagt der Werner. Das Problem: Als Asthmatiker - und das ist der 39-Jährige - lässt es sich mit einem Stofftuch vor Mund und Nase nicht besonders gut aushalten.
„Das ist ein beengendes, beklemmendes, beängstigendes Gefühl. Das klingt vielleicht komisch, aber ein bisschen erinnert es mich schon an einen Asthma-Anfall“, sagt Tengowski. Beim Einkaufen habe er kürzlich die Maske einmal abnehmen müssen, weil ihm schwarz vor Augen geworden sei. Und dadurch fiel ihm zwar das Atmen wieder etwas leichter - aber die Blicke der Mitmenschen waren alles andere als freundlich.
„Die Leute sind verständlicherweise in der jetzigen Situation angespannt. Da denkt dann auch nicht jeder sofort daran, dass es einen besonderen Grund haben könnte, warum man plötzlich die Maske abnimmt“, erklärt Tengowski. Es sei ja schließlich nicht so, dass er mit einem Schild um den Hals herumlaufe, auf dem steht, dass er Asthmatiker ist.
Tatsächlich kann eine solche Vorerkrankung ein Grund für die Befreiung von der Maskenpflicht sein. Auch wenn die Formulierung der Landesregierung in diesem Punkt ziemlich allgemein ist. Denn dort heißt es lediglich: „Ausnahmen gelten für (...) Personen, die aus medizinischen Gründen keine Mund-Nase-Bedeckung tragen können.“
Stadt fordert bei Kontrollen nicht zwangsläufig Nachweise
Wie genau man eine entsprechende Erkrankung nachweisen muss - etwa in Form eines ärztlichen Attests -, ist allerdings nicht festgelegt. Die Bundesländer und Kommunen gehen zudem unterschiedlich mit der Reglung um. In Schleswig-Holstein genügt beispielsweise ein Schwerbehinderten- oder Allergikerausweis, sofern die betroffene Person glaubhaft machen kann, dass ihr das Tragen einer Maske aus medizinischen Gründen nicht möglich ist.
Bei der Stadt Werne geht man im Zuge der Kontrollen ähnlich vor, wie Krisenstabsleiter Frank Gründken auf Anfrage unserer Redaktion erklärt: „Wenn jemand eine Maske aus medizinischen Gründen nicht tragen kann, dann muss er uns das plausibel darlegen.“ Ein Nachweis in Form eines ärztlichen Attests sei dazu nicht unbedingt erforderlich.
Zu den möglichen Gründen für eine Befreiung zählen laut Gründken unter anderem Atemwegserkrankungen, aber auch Gesichtsverletzungen: „In diesen Fällen sieht man es der betroffenen Person ja auch direkt an. Da wäre ein Attest völlig überflüssig.“ Anders sei das jedoch in Fällen, die weniger offensichtlich sind und die den Kontrolleuren zweifelhaft erscheinen. „Dann kann es durchaus sein, dass wir einen Nachweis fordern. Den muss aber niemand mitführen. Es reicht, wenn er ihn uns im Nachhinein vorlegt“, so Gründken.
Mathias Tengowski, der wegen seiner Erkrankung ohnehin zur Risikogruppe gehört, geht schon seit Wochen nur noch vor die Tür, wenn es unbedingt nötig ist, wie er betont. Das beschränke sich auf Arztbesuche, Einkäufe und gelegentlich einen Spaziergang. Die Maske will er weiter tragen, solange es geht - auch, um keine fiesen Blicke und blöden Sprüche zu ernten.
Geboren 1984 in Dortmund, studierte Soziologie und Germanistik in Bochum und ist seit 2018 Redakteur bei Lensing Media.
