Der Ölbach staubtrocken: Das Foto wurde Ende Mai 2020 hinter der Reithalle in Doemern aufgenommen.

© Josef Wissing

Vredener Politiker sauer auf SGW: „Es wird gepumpt auf Deibel komm raus“

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Skepsis, Enttäuschung und Wut: Die Grundwasserförderung der SGW in Doemern stand am Montagabend im Bau- und Planungsausschuss im Kreuzfeuer der Kritik. Auslöser war der Wassermangel im Ölbach.

Vreden

, 14.09.2021, 18:02 Uhr / Lesedauer: 3 min

Er ist knapp 19 Kilometer lang, entspringt in Stadtlohn, fließt durch Ottenstein und mündet bereits hinter Vreden in die Berkel. Der Ölbach, dessen Name vor rund 400 Jahren von einer Ölmühle geprägt wurde. Längst aber ist dem Ölbach die Kraft ausgegangen, ein Mühlrad anzutreiben. Mehrfach ist er in den den Dürreperioden der vergangenen Jahre im Bereich Doemern abschnittsweise komplett ausgetrocknet.

„Anderthalbmal die Menge der Möhnetalsperre abgepumpt“

Ursache war nicht nur der Klimawandel. Nach Einschätzung der Unteren Wasserbehörde des Kreises Borken ist der Trockenfall des Bachlaufs auch auf die Wasserförderung der Salzgewinnungsgesellschaft (SGW) in Doemern zurückzuführen. Norbert Vöcker (CDU) veranschaulichte am Montagabend das Ausmaß der Wasserförderung in einem einprägsamen Bild: „Seit 45 Jahren fördert die SGW jährlich sechs Millionen Kubikmeter Wasser. Das ist anderthalbmal die Wassermenge der Möhnetalsperre.“

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Seit 2019 sind der Kreis Borken, die Bezirksregierung Arnsberg und die SGW auf der Suche nach einer Lösung für den Ölbach. Favorisiert wurde zunächst die Lösung, den Bachlauf streckenweise im Sohlenbereich mit Folie und Ton abzudichten, um eine Versickerung des Wassers zu verhindern. Am Montag aber erklärte Bergrat Jürgen Kugel von der Bezirksregierung Arnsberg: „Gegen eine Abdichtung sprechen erhebliche rechtliche Bedenken.“ Der Grund: Der ökologische Wert des Gewässers würde gemindert.

Ölbach soll mit Brunnenwasser künstlich gespeist werden

Stattdessen soll nun eine künstliche Wassereinspeisung den Ölbach im Fluss halten. Das Wasser soll aus zwei Brunnen der SGW in Doemern in den Bach eingespeist werden. Das eingespeiste Wasser wird auf die limitierte Fördermenge der SGW angerechnet. Das heißt: für die Einspeisung in den Bachlauf darf die SGW nicht zusätzlich Wasser fördern.

Auch wenn der Ölbach wieder Wasser führt, sind die Folgen der Trockenzeiten am Bewuchs zu erkennen.

Auch wenn der Ölbach wieder Wasser führt, sind die Folgen der Trockenzeiten am Bewuchs zu erkennen. © Markus Gehring

Die Einspeisung war vor zwei Jahren noch verworfen worden, weil das Grundwasser zu kalt und zu eisenhaltig für das Fließgewässer sei. Jetzt soll das Wasser vor der Einleitung aufbereitet werden. Jürgen Kugel erklärte, dass möglichst bald ein Probebetrieb für zwei oder drei Tage stattfinden solle.

Norbert Vöcker: „Wir glauben nicht daran, was die SGW misst“

„Ich bin ziemlich enttäuscht!“ So reagierte Gerd Welper (Grüne) auf den von der Bezirksregierung, der SGW und dem Kreis Borken vorgeschlagenen Lösungsweg. „Damit werden nur Symptome beseitigt, aber selbst das ist nicht sicher. Und das grundlegende Problem wird überdauern.“

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Das sieht auch Norbert Vöcker (CDU) so. „Es wird gepumpt auf ,Deibel komm raus‘. Und das soll so weitergehen? Das kann es doch nicht sein.“ Vöcker verwies auf weitere Schäden, die weit über den trockenen Ölbach hinausgingen. Bäume, Gebäude und Straßen seien betroffen. Ausgerechnet in den Trockenperioden seien die Fördermengen noch gesteigert worden. Norbert Vöcker äußerte auch tiefes Misstrauen gegen die SGW: „Wir glauben nicht daran, was die SGW misst.“

Hendrik Mulder: „Das muss grundsätzlich aufhören“

Hendrik Mulder (FDP) pflichtete seinen Vorrednern bei: „Die Maßnahme für den Ölbach dient nur der Aufrechterhaltung der Grundwasserentnahme. Aber das wollen wir Vredener nicht mehr. Das muss grundsätzlich aufhören.“ Schließlich, so Mulder, sagten Experten mittelfristig große Schäden an den Forsten und an den Gebäuden voraus. Elmar Kampshoff (UWG) nannte das vorgeschlagene Lösung „einfach nur absurd“. Kampshoff: „An den Ursachen wird nicht gearbeitet. So kommen wir einfach nicht weiter.“

SGW: „Die Nullvariante ist für uns keine Alternative“

Stefan Meyer von der Salzgewinnungsgesellschaft betonte, dass wirtschaftliche Tätigkeit immer einen Einfluss auf Natur und Landschaft ausübe. Die SGW stehe aber zu ihrer Verantwortung und habe „nennenswerte Beträge für Schäden gezahlt“. Das in Doemern abgepumpte Wasser wird zum Salzabbau in Graes und Epe genutzt und fließt dann durch Rohrleitungen in Richtung Niederrhein zu Chemie-Standorten, an denen über 13.000 Menschen arbeiten. Meyer: „Die Förderung einzustellen geht nicht. Die Nullvariante ist für uns keine Alternative.“

Die Salzgewinnungsgesellschaft Westfalen (SGW) steht wegen des Abpumpens großer Mengen von Grundwasser in Doemern in der Kritik. Das Foto zeigt eine SGW-Pumpstation im Bereich Epe/Graes.

Die Salzgewinnungsgesellschaft Westfalen (SGW) steht wegen des Abpumpens großer Mengen von Grundwasser in Doemern in der Kritik. Das Foto zeigt eine SGW-Pumpstation im Bereich Epe/Graes. © Stefan Grothues

Auf Vorschlag von CDU und FDP forderte der Ausschuss einstimmig mehr und unangekündigte Kontrollen der Fördermengen durch den Kreis, eine Drosselung der Förderung in Dürrezeiten, einen angemessenen Ausgleich für Entschädigungen, neue Messstellen und neue, digitale Messmethoden.

Bürgermeister teilt die Kritik aus den Fraktionen

Im gut besetzten Zuschauerraum gab es Beifall, als Bürgermeister Dr. Tom Tenostendarp erklärte, er und die Verwaltung teilten die im Ausschuss geäußerte Kritik. Er versprach: „Wir werden an dem Thema dranbleiben.“ Die Entscheidungsmöglichkeiten der Stadt Vreden seien in diesen berg- und wasserrechtlichen Fragen aber beschränkt. Er bat die Parteien, das Anliegen an die Politikerinnen und Politiker auf Landes- und Bundesebene weiterzutragen.

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In diesem Zusammenhang ist eine Randnotiz bei Wikipedia interessant: „Obwohl der Ölbach weniger als 20 Kilometer lang ist, wohnen mit Jens Spahn, Johannes Röring (beide CDU) und Ursula Schulte (SPD) drei Bundestagsabgeordnete wenige hundert Meter vom Ölbach entfernt beziehungsweise sind dort groß geworden.“

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