Die Bagger, die momentan im Zwillbrocker Venn unterwegs sind, holen Schlamm aus dem Gewässer. Für mehr Wasser wird das aber wohl nicht sorgen.

© Hubert Stroetmann

Flamingos auf dem Trockenen: Bagger bringen Wasser nicht ins Venn zurück

rnZwillbrocker Venn

Momentan sind Bagger im Zwillbrocker Venn unterwegs. Sie holen Schlamm aus dem ausgetrockneten See. Dadurch kommt das Wasser aber nicht zurück. Die Lage ist komplizierter als gedacht.

Zwillbrock

, 03.12.2020, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Viele Vredener haben es sich so einfach vorgestellt. Man könnte den See im Zwillbrocker Venn doch einfach ein bisschen tiefer buddeln, dann hätte man dort auch wieder Wasser. So hört man es immer wieder in Gesprächen. Schließlich hat so eine Maßnahme in den 70er-Jahren ja tatsächlich zum Erfolg geführt.

„Auch wir haben so gedacht, aber wir wurden eines Besseren belehrt“, sagt Dr. Dietmar Ikemeyer, Leiter der Biologischen Station. Denn jetzt steht fest: Diese vermeintlich einfache Lösung würde wohl nicht zum Erfolg führen. Die Bagger, die im Moment im Venn unterwegs sind, holen lediglich Schlamm aus dem Gelände. Eine normale Unterhaltunsmaßnahme, die wohl kaum neues Wasser bringen wird.

Auch 1,50 Meter unter der Oberfläche ist kein Wasser

Drei Jahre in Folge ist der See im Zwillbrocker Venn jetzt schon trocken gefallen. Im vergangenen Winter hat die Biologische Station einen Graben um die Flamingoinsel anlegen lassen. Die Idee: Wenn der See trockenfällt, bleibt an dieser tieferen Stelle trotzdem Wasser. Dadurch wären zumindest die brütenden Flamingos, Möwen und Enten geschützt.

Der Graben um die Insel sollte eigentlich Wasser führen, doch er ist komplett ausgetrocknet.

Der Graben um die Insel sollte eigentlich Wasser führen, doch er ist komplett ausgetrocknet. © Hubert Stroetmann

„Aber auch der Graben war komplett trocken. Das heißt, dass selbst in 1,50 Metern Tiefe das Wasser weg war“, sagt Dietmar Ikemeyer. Das Grundwasserreservoir ist in den trockenen Jahren also noch deutlich mehr geschrumpft als bisher angenommen. Deswegen würde es eben auch nichts bringen, die oberen Schichten abzuschieben. Denn auch darunter ist kein Wasser.

Gutachten soll im besten Fall in einem Jahr vorliegen

Diese Idee ist also vom Tisch. Das macht auch Dietmar Ikemeyer im Moment ein bisschen ratlos, denn einen Masterplan für eine solche Situation hat er nicht in der Tasche. Der nächste Schritt ist nun ein hydrogeologisches Gutachten. Die Experten sollen untersuchen, wo der See im Venn Wasser verliert.

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„Wir glauben, dass im Untergrund seitlich Wasser verloren geht. Unsere Hoffnung ist, dass uns das Gutachten sagt, wo genau wir Wasser verlieren“, sagt Dietmar Ikemeyer. Mit diesen Erkenntnissen könne man dann über Maßnahmen diskutieren. Wie die aussehen könnten, kann er heute noch nicht sagen. Auch einen Zeitplan gibt es nicht. „Wir sind froh, wenn wir in einem Jahr Klarheit über das Problem haben“, so Dietmar Ikemeyer. Eine Lösung wird es aber auch dann noch nicht geben.

Wasserknappheit zeigt sich an allen Stellen in der Natur

Der See im Zwillbrocker Venn war in den 50er- und den 70er Jahren jeweils für ein Jahr ausgetrocknet. „Aber danach gab es eine ganz andere Wetterlage“, sagt der Leiter der Biologischen Station. Nun aber bleibt der Regen seit Wochen, Monaten und Jahren quasi aus. „Es müsste mindestens acht Wochen durchregnen, ohne Punkt und Komma. Da fehlen immense Kubikmeter Wasser“, sagt Dietmar Ikemeyer.

Das Problem ist nicht nur im Zwillbrocker Venn zu sehen. Die Biologische Station ist für 3200 Hektar Schutzgebiete im Kreis Borken zuständig. Ein Drittel davon sind Moore, zwei Drittel Feuchtwiesen. Ein Beispiel: die Heubachwiesen in Reken. Dort hat die Biologische Station 30 Kleingewässer anlegen lassen. Jedes einzelne davon war im Sommer ausgetrocknet.

Flamingo-Kolonie wächst im Moment sogar

„Das Problem haben wir also überall, aber im Zwillbrocker Venn ist der gesellschaftpolitische Druck am höchsten“, sagt Dietmar Ikemeyer. „Schließlich ist der Flamingo zu einer Marke geworden. Es geht um den Wirtschaftsfaktor Tourismus.“ In Sachen Flamingo kann er übrigens Hoffnung machen. Sie seien Traditionstiere und kommen jedes Jahr zurück zur selben Stelle.

Er geht davon aus, dass der See im Frühjahr wieder Wasser führt. Sobald das Wasser aber weg ist, sind auch die Flamingos weg – zumindest bis zum nächsten Frühjahr. „Sie sind biologisch darauf ausgelegt, dass sie nicht jedes Jahr einen Bruterfolg brauchen“, erklärt Dietmar Ikemeyer. Flamingos werden bis zu 30 Jahre alt.

Dass die Kolonie ausstirbt, liege also noch in weiter Ferne. Im Gegenteil: Im Moment wächst die Kolonie sogar. Die Mitarbeiter der Biologischen Station haben Vögel beobachtet, die keinen Ring tragen. Sie stammen also weder aus einem Zoo noch sind sie im Venn geboren. Vermutlich kommen sie aus Südeuropa, wo es noch deutlich trockener ist.

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