Tom Tenostendarp steht gerne beim Arbeiten am Computer und hat das papierlose Büro eingeführt.

© Victoria Garwer

100 Tage Bürgermeister: „Man ist ein bisschen fremdgesteuert“

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Tom Tenostendarp ist seit 100 Tagen Bürgermeister der Stadt Vreden. Seitdem hat er einiges im Rathaus geändert. Worüber er sich gewundert hat und worauf er stolz ist, verrät er im Interview.

Vreden

, 08.02.2021, 04:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wenn Tom Tenostendarp am 8. Februar ins Büro kommt, wird es sein 100. Tag als Bürgermeister sein. Im Interview spricht er über seine bislang wichtigsten Entscheidungen, über neue Gewohnheiten und Veränderungen im Bürgermeister-Büro.

100 Tage sind Sie schon im Amt – waren es auch 100 Arbeitstage?

(lacht) Nicht ganz. Zwischen den Feiertagen habe ich auch mal frei gemacht. Aber ansonsten ist es schon sehr zeitintensiv. Die Wochen sind sehr gut gefüllt mit Terminen, die zurzeit ja größtenteils digital stattfinden. Da bleibt keine Zeit, mich in Ruhe in Verwaltungsvorgänge einzulesen. Das mache ich dann am Wochenende.

Die 80-Stunden-Woche, die Sie am Anfang erwartet haben, ist also Realität geworden?

Ja, so ziemlich. Mit der Lesezeit am Wochenende komme ich auf 80 Stunden. In der Woche bin ich von 8 bis 20 Uhr eigentlich immer im Büro. Leider nimmt auch die Corona-Pandemie viel Zeit in Anspruch.

Wie lange halten Sie das durch?

Das kann ich auf Dauer nicht durchhalten, das ist mir klar. Aber ich brauche diese Zeit jetzt am Anfang. Hier arbeiten 194 Personen und ich möchte alle mit Namen ansprechen können. Ich möchte wissen, worüber ich spreche, und es gibt so viele Dinge, in die ich mich noch einarbeiten muss. Einen Ausgleich versuche ich in etwas längeren Mittagspausen beim Spazieren zu finden.

In den sozialen Netzwerken ist es seit dem Wahlkampf auf Ihren Seiten ruhiger geworden. Warum?

Im Wahlkampf macht man sehr viel, das gehört einfach dazu. Da haben wir das für Wochen im Voraus geplant, da war ja auch ein Konzept dahinter. Jetzt ist es weniger geworden, weil einfach die Zeit fehlt. Auf meinem privaten Account poste ich aber ab und zu, welche Sitzungen stattgefunden haben, welche Entscheidungen wir getroffen haben oder mit welchen Themen ich mich gerade beschäftige. Das mache ich im Moment wirklich alles selbst. Wenn man das richtig machen möchte, ist das sehr zeitaufwendig.

Wie kommt das bei den Bürgern an?

Sehr gut. Ich habe mich ja im Wahlkampf für mehr Transparenz stark gemacht und Öffentlichkeitsarbeit gehört zum Amt dazu. Da sollte auch auf den Seiten der Stadt mehr passieren. Dort werden momentan nur die Pressemitteilungen online gestellt, weil es personell nicht anders möglich ist. Deswegen soll das nun eine neue Vollzeitstelle übernehmen, die wir in den Haushaltsplan einstellen wollen.

Was war bisher Ihre wichtigste Entscheidung als Bürgermeister?

Oh, schwierige Frage. Die Stelle für Öffentlichkeitsarbeit ist mir wichtig. Auch die Entscheidung, weiter Präsenzsitzungen im Rat und in den Ausschüssen durchzuführen, halte ich für wichtig und richtig. Wert gelegt habe ich auch darauf, dass der Rat jetzt bei wichtigen Personalentscheidungen mitreden kann. Die Arbeit der Verwaltung hängt viel an Personen, die diese ausführen, und ich finde es gut, wenn der Rat mit seinen gewählten Vertreterinnen und Vertretern aus allen Ortsteilen da mitentscheiden kann.

Gibt es etwas, das so ganz anders ist, als Sie es sich vorgestellt haben?

Man ist ein bisschen fremdgesteuert. Viele Termine sind vorgegeben. Außerdem mache ich meine Termine nicht selbst, daran musste ich mich wirklich gewöhnen. Ich habe deswegen auch schnell eingeführt, dass der Erste Beigeordnete, meine beiden Kolleginnen aus dem Bürgermeisterbüro und ich uns montags zusammensetzen und die Woche besprechen.

Und Sie haben das papierlose Büro eingeführt, richtig?

Richtig. Kein Papier. (Zeigt lachend auf den leeren Schreibtisch.) Ein Ordner von Christoph Holtwisch ist noch da. Da sind einige Dinge zum Nachlesen drin. Ansonsten lasse ich mir nichts mehr ausdrucken. Einiges geht allerdings nicht ohne Papier, Verträge zum Beispiel müssen ausgedruckt werden.

Für die Mitarbeiter war das erst einmal eine Umstellung, dass sie mir Unterlagen über das Dokumenten-Management schicken sollen, statt sie auszudrucken. Aber es klappt immer besser. Ich erwarte auch gar nicht, dass von heute auf morgen hier alles digital ist. Es ist ein langer Prozess. Aber den riesigen Drucker in meinem Büro habe ich als erstes rausgeschmissen.

Was haben Sie sonst im Büro verändert?

Die Lampe über dem Schreibtisch habe ich abbauen lassen. Ich stehe gerne beim Arbeiten, weil ich sowieso schon sehr viel sitze. Im Moment stehe ich an einem Pult, weil der Schreibtisch nicht höhenverstellbar ist. Deswegen wird der bald ausgetauscht. Außerdem habe ich ein Bild aufgehängt, das mein Onkel gemalt hat.

Noch etwas fällt bei Ihnen auf: Sie kommen zu jedem Termin mit dem Fahrrad – selbst bei Regen.

Stimmt, außer wenn ich dann doch zum Beispiel mal nach Borken ins Kreishaus muss. Aber die Bewegung und die frische Luft auf dem Fahrrad tun mir gut. Mit dem Fahrrad bin ich flexibler und manchmal sogar schneller. Vom Rathaus bis zum Schulzentrum zum Beispiel muss man doch wirklich nicht mit dem Auto fahren.

Sie kennen als Vredener viele Leute. Kommen Sie da nicht manchmal in einen Interessenskonflikt? Fragen Freunde nicht mal: Kannst du das für uns regeln?

Freunde nicht. Bei Bekannten kommt das schonmal vor. Aber ich gebe denen nicht mehr oder andere Informationen als anderen. Ich möchte alle gleich behandeln. Aus bestimmten Dingen halte ich mich raus, wenn ich merke, dass ich zu nah dran bin. Eine enge Verbindung zu den Bürgern ist gut, aber dadurch soll keiner einen Vorteil haben.

Gibt es eigentlich irgendetwas, das Sie bisher falsch eingeschätzt haben? Wo Sie einen Fehler gemacht oder eine falsche Entscheidung getroffen haben?

Mh... (kurzes Schweigen) Nein, da fällt mir gerade nichts ein.

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