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Rekord-Benzinpreise: Hier ist es für die Autofahrer besonders schlimm
Ukraine-Krieg
Die Benzinpreise sind auf einem Rekordhoch – das gilt besonders für Vreden. Hier müssen Autofahrer schon seit Jahren tiefer in die Tasche greifen als anderswo in der Region.
Alois Wesseler geht es derzeit wie vielen anderen Menschen in der Region: Die hohen Spritpreise sind für ihn ein echtes Ärgernis. Der russische Angriff auf die Ukraine hat die Notierungen an den Tafeln der Tankstellen in kurzer Zeit in ungekannte Höhen getrieben. Und es ist nicht absehbar, wie sich die Preise weiter entwickeln werden.
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Was Alois Wesseler zusätzlich ärgert: Die Vredener werden – als ob die Preise nicht schon hoch genug wären – ganz besonders zur Kasse gebeten. „In Vreden ist Benzin teurer als anderswo“, beklagt er. Das sei aber schon seit über 20 Jahren der Fall.
Einen Ort weiter ist der Sprit günstiger
Der Ingenieur hat die Preise der vergangenen Wochen und Tage ganz genau unter die Lupe genommen. Das Internet macht es möglich, hier sind die Preise beispielsweise auf der Webseite der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe einsehbar. In einer Excel-Tabelle hat er fein säuberlich aufgelistet, was den Autofahrern in der Stadt den Hut hochgehen lässt. Unsere Redaktion hat eine ähnliche Erhebung stichprobenartig durchgeführt.
Aus den Aufzeichnungen von Alois Wesseler geht hervor, dass die Erzählung vom besonders teuren Benzin in Vreden augenscheinlich auf Tatsachen beruht. Zwei Beispiele:
- Am 19. Februar riefen die Tankstellen in Vreden um 19 Uhr 1,849 Euro (Westfalen und Avia) beziehungsweise 1,869 Euro je Liter Benzin der Sorte E10 auf. In der Umgebung war es hingegen günstiger: Bei den Westfalen-Tankstellen in Ahaus wurden 1,779 Euro, bei den Filialen in Stadtlohn 1,819 Euro, in Gescher 1,749 Euro und in Südlohn 1,719 Euro verlangt.
- Ein ähnliches Bild ergab sich am vergangenen Dienstag. Höchstpreise in Vreden (2,139 bei Westfalen und Avia, 2,129 Euro bei Start), während es im Umland deutlich günstiger war (beispielsweise Westfalen Gescher 2,079 Euro und in Südlohn 2,049 Euro).
Die mitunter deutlichen Unterschiede bei den Preisen – und diese Entwicklung zeigt sich auch an anderen Tagen zu anderen Zeiten – machen Alois Wesseler ratlos: „Aus rationaler Sicht ist das nicht erklärbar. Außer es gibt Absprachen, keinen Wettbewerb.“
Keine Konkurrenz in Vreden?
Tatsächlich fällt im Preisvergleich auf: Mit Westfalen und Avia bieten zwei der drei Vredener Tankstellen häufig exakt die gleichen Preise an. Star bleibt im Regelfall einen Cent unter der vermeintlichen Konkurrenz.
Auch in Hinblick auf die niederländischen Tanktouristen sieht Alois Wesseler hier keinen Erklärungsansatz. Die Nachbarn kommen schließlich auch nach Oeding und nach Alstätte zum Tanken, nur da sind die Preise ebenfalls unter dem Niveau von Vreden.
ADAC sieht zu wenig Wettbewerb
Der ADAC sieht in dem niedrigen Konkurrenzdruck vor Ort einen Erklärungsansatz: „Wenn die nächsten, eventuell günstigeren Tankstellen in einer Entfernung von zehn Kilometern oder mehr liegen, dann lohnt es sich nicht, diesen längeren Weg in Kauf zu nehmen, selbst wenn dort günstigere Preise zu erwarten sind“, sagt Tobias Scheffel vom Automobilclub. Hier müssten die Preisunterschiede deutlich mehr als einige Cent betragen, um die weitere Anfahrt zu einem „lohnenden Ausflug“ zu machen.
Dabei zeigt sich nach den Erfahrungen des ADAC, dass die Tankstellenketten sich bei der Preisfindung durchaus an die lokalen Verhältnissen anpassen, beispielsweise die Kaufkraft und die Konkurrenzsituation vor Ort. „Bundesweit zeigt sich dieses Phänomen immer wieder, mit großen regionalen Preisunterschieden – aber auch im lokalen Bereich ist das oft ein Faktor“, so Tobias Scheffel weiter.
Westfalen verweist auf Rohölpreise
Und wie sehen die Tankstellenbetreiber das? „Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir nicht die Situation an einzelnen Tankstellen tagesaktuell kommentieren können“, teilte die Westfalen AG auf Anfrage mit. „Die Schwankungen des Benzinpreises korrelieren wie üblich mit dem Rohölpreis.“ Die Frage, wie es sein könne, dass der Kraftstoff bei Westfalen in Vreden teurer ist als einige Kilometer weiter in Gescher, ließ die Pressestelle unbeantwortet.
Die Muttergesellschaften der Star- und der Avia-Tankstelle waren am Donnerstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Autofahrer müssen selbst tätig werden
Nur: Was können Autofahrer tun, um die Last der Benzinpreise zu mindern? Nicht morgens, sondern abends tanken, rät der ADAC mit Blick auf die dann günstigeren Notierungen. Auf die Sorte E10 umzusteigen ist auch eine Möglichkeit, denn da habe es bei der Einführung eine schlechte Kommunikation gegeben, heißt es weiter.
Alois Wesselers Hoffnung geht in eine ganz andere Richtung: „In anderen Städten sind die Preise niedriger, weil da der Wettbewerb funktioniert.“ Wenn der K+K an der Ottensteiner Straße eine Tankstelle eröffnen würde, könne das den Vredenern sicherlich helfen.