
Mit seiner Idee müsste fast kein Wasser mehr in Doemern abgepumpt werden, so Bernhard Wesseler aus Vreden. © Grothues/Füllgraf
Mögliche Lösung für das SGW-Problem in Doemern: Bernhard Wesselers Idee
Wasserförderung
Bernhard Wesseler lebte 30 Jahren in Doemern und war lange SGW-Geschädigter. Seine Idee einer „kommunizierenden Röhre“ könnte bald das Problem der Wasserförderung lösen - aber es wird teuer.
Als Bernhard Wesseler ans Mikrofon trat, horchten viele interessiert auf. Zwei Stunden war auf der Info-Veranstaltung am 29. August schon über die Zukunft der SGW-Wasserförderung in Doemern debattiert worden. Die Salzwassergewinnung Westfalen teilte mit, nach Alternativen zum Doemerner Wasser zu suchen.
Dann kam der Vredener Elektromeister Bernhard Wesseler aus dem Publikum und präsentierte eine mögliche Lösung. Seine Idee: eine „kommunizierende Röhre“. Wasser und Sole sollten in der bereits bestehenden Röhre in einem Kreislauf abwechselnd hin und her fließen. Die Skizzen dazu habe er zuhause am Küchentisch gezeichnet. „Und ich sage Ihnen: Es funktioniert“, so der 88-Jährige.
Bernhard Wesseler lebte selbst rund 30 Jahre in Doemern und war lange im Verein SGW-Geschädigter. „Ich habe damals in Doemern gebaut“, sagt er. Inzwischen wohnt er aber in Vreden. Anfang des Jahres habe er begonnen, über das Problem nachzudenken. Ab Mai wurde es intensiver. Seit Anfang Juli steht er mit der SGW in Kontakt. „Das Problem muss schnell angegangen werden“, sagt er.
Bis zu 7 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr abgepumpt
Aktuell läuft es noch ganz anders. Jährlich werden bis zu sieben Million Kubikmeter Wasser in Doemern und Hörsteloe abgepumpt und über eine lange Röhre nach Epe geschickt, wo die SGW seit etwa 50 Jahren Salz fördert. Am Tag sind das etwa 16.000 Kubikmeter. In Epe wird das Grundwasser dazu genutzt, tief unter der Erde mit großen Druck Salz aus festem Gestein zu spülen. So entstehen außerdem Kavernen, in denen Energieträger wie Gas oder Öl sicher gelagert werden können.

Auf seinem Küchentisch skizzierte Bernhard Wesseler die mögliche Lösung mit einer „kommunizierenden Röhre". © Luca Füllgraf
Die entstandene Sole - eine Mischung aus Wasser und Salz - wird dann von Epe über eine rund 70 Kilometer lange Leitung nach Rheinberg gepumpt. Dort wird der Salzsole das Salz entzogen und genutzt. So entstehen wichtige Bestandteile von PVC, Waschmitteln oder Glas. Anschließend wird das entsalzte Wasser in den Rhein geleitet. In Doemern wird also viel Wasser entnommen, das anschließend nicht zurückgeführt wird.
Wie groß der Ärger der Mensch in Doemern und ganz Vreden darüber ist, wurde auch auf der Info-Veranstaltung deutlich. Die große Wasserentnahme führe zu erheblichen Schäden an der Natur. Der Ölbach trocknete aus und Bäume, Gebäude und Straßen würden darunter leiden.
Die Bezirksregierung Arnsberg und die SGW sehen die Schuld hingegen nicht beim Abpumpen des Grundwassers. In einem sind sich aber alle drei Parteien einig. Wassermassen von bis zu 7 Millionen Kubikmetern pro Jahr können nicht mehr lange aus Doemern und Hörsteloe kommen.
Vorhandenes Wasser immer wieder nutzen
Bernhard Wesseler hatte bei der Info-Veranstaltung in der Doemerner Schützenhalle eigentlich extra so geparkt, dass er möglichst schnell wieder wegfahren kann. Er habe schon vorher gewusst, dass die Versammlung derart gut besucht werden würde. „Das Thema interessiert und berührt die Menschen in Vreden“.
Doch aus seiner schnellen Abreise wurde nichts. So viele Menschen hätten ihn anschließend angesprochen und nach der Idee gefragt, die er zu Hause am Küchentisch erdachte und skizzierte.
Zur einfachen Erklärung vergleicht er die „kommunizierende Röhre“ mit dem Zug, der früher zwischen Vreden und Stadtlohn auf einer eingleisigen Spur pendelte. Rinder und Kunstdünger wurden nach Stadtlohn transportiert, auf dem Rückweg fuhren Mehl und Kohle nach Vreden. Obwohl es nur ein Gleis gab, wanderten trotzdem Waren in beide Richtungen.
Das könne zwischen Epe und Rheinberg auch funktionieren. Wasser fließe von Rheinberg nach Epe und Sole in die andere Richtung. „Bei diesem System könnte ein fast geschlossener Kreislauf entstehen“, so Bernhard Wesseler. Das vorhandene Wasser könnte immer wieder genutzt werden.
„Alle Pumpen könnten stillgelegt werden“, sagt er. Stattdessen könnte der gesamte Durchmesser der Röhre von 70 Zentimeter endlich ausgenutzt werden. So könne auch die bisherige Fördermenge von 7 Millionen Kubikmetern pro Jahr aufrechterhalten werden.
Idee ist teuer und nicht einfach, aber machbar
„Damit das Ganze funktioniert, müssen am Anfang und Ende große Wassertanks montiert werden für die Zwischenlagerung von Sole und Wasser“, erklärt Bernhard Wesseler. Sowohl auf Rheinberger Seite als auch zwischen Epe und Vreden müssten vier oder fünf große Behälter gebaut werden, schätzt der Elektrotechniker.
Während das Solewasser in der Röhre von Epe nach Rheinberg gepumpt wird, muss das entsolte Wasser in den Tanks in Rheinsberg warten. Ist die Leitung frei, kann das Wasser nach Epe gepumpt und dort wieder fürs Ausspritzen der Kavernen genutzt werden. Währenddessen wird bereits Solewasser aus den Tanks in Epe nach Rheinberg gepumpt. So entsteht ein fortlaufendes geschlossenes System, in das kaum zusätzliches Wasser eingeführt werden muss.
Der entscheidende Satz des Info-Abends kam aber aus Bernhard Wesselers Sicht nicht von ihm. „Am Geld wird es nicht scheitern“, habe SGW-Geschäftsführer Martin Hart auf der Veranstaltung gesagt. Das sei eine wichtige Nachricht, denn das Projekt sei „teuer und nicht einfach, aber machbar“.
Dafür haben seine Ideen neben den positiven Folgen für die Umwelt in Doemern viele weitere Vorteile, so der Vredener. Die Röhre selbst bleibe unberührt und die notwendigen Veränderungen müssten nur auf dem Betriebsgelände durchgeführt werden. Außerdem könnte die SGW in Zukunft das Geld für Entschädigungen sparen.
„Ich habe aber auch kein Problem damit, wenn es eine andere gute Lösung wird“, sagt Bernhard Wesseler abschließend: „Hauptsache es passiert etwas“.
Seine Motivation sei ohnehin seine eigene Unruhe im Ruhestand. „Ich finde schade, wenn Wissen und Potential verloren geht“, sagt der 88-Jährige.
Neu in Ahaus, neu im Münsterland und neu in NRW. Aber ein frischer Blick auf die Dinge soll ja bekanntlich helfen, zumindest hofft er das. Pendelte beruflich bisher zwischen Lokal- und Sportjournalismus und kann sich nur schwer entscheiden.
