Die seit dem 1. März gültige Impfpflicht soll Kinder vor Masern schützen. Sie betrifft nicht nur Eltern, sondern auch pädagogische Einrichtungen – auch in Vreden. Verstöße werden bestraft.

Vreden

, 14.03.2020, 04:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Seit dem 1. März gilt das Masernschutzgesetz. Schul- und Kindergartenkinder sollen so wirksam vor Masern geschützt werden. Denn: Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten. Das Gesetz sieht vor, dass alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in die Schule oder den Kindergarten die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Masern-Impfungen vorweisen müssen.

Auch bei der Betreuung durch eine Kindertagespflegeperson muss in der Regel ein Nachweis über die Masernimpfung erfolgen. Damit einhergehend müssen auch Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen oder medizinischen Einrichtungen tätig sind wie Erzieher, Lehrer, Tagespflegepersonen und medizinisches Personal, diesen Impfschutz nachweisen. Gut vorbereitet zeigen sich die Einrichtungen in Vreden, wie eine Umfrage zeigt.

Frühzeitig mit dem Thema beschäftigt

Schon Mitte Februar hatte ein Aushang im Kinderhaus Rasselbande auf die anstehende Impfpflicht hingewiesen, berichtet zum Beispiel Erzieherin Alica Fleige: „So haben wir die Eltern schon einmal sensibilisiert. Die neue Impfpflicht ist auch Teil des Vertragsgespräches mit den Eltern.“ Auch bei den Mitarbeitern und Personen, die längerfristig im Kinderhaus tätig sind, erfolgt eine Dokumentation.

Schon zeitig vor Inkrafttreten des Gesetzes habe man das Thema Impfschutz im Blick gehabt, bestätigt Sylvia Wisseling, Leiterin der DRK-Kita „Der kleine Prinz“ – nun sei allein der Charakter verbindlicher: "Wir haben schon früh auf die Bescheinigungen von Impfberatungen geschaut." Seit Mitte 2015 ist die Impfberatung vor Erstaufnahmen in eine Kindergemeinschaftseinrichtung gesetzlich gar vorgeschrieben. Sylvia Wisseling geht davon aus, dass Eltern und Berufstätige entsprechend ausreichend aufgeklärt sind.

Eltern wurden rechtzeitig sensibilisiert

Ebenso unproblematisch sieht man den neuen Vorgang auch in der Hamaland-Schule. „Das vollzieht sich ganz unspektakulär“, berichtet Schulleiterin Christel Hörst. Bei den zum kommenden Schuljahr neu eingeschulten Kindern werde man das Thema im Rahmen einer Elterninfo ansprechen, bei Kindern, die schon in der Schule sind, werde man sich „die nötige Zeit geben“.

Für diese gilt – wie bei Kindergartenkindern auch – eine Übergangsfrist bis zum 31. Juli 2021. Mit dem Thema Impfverweigerer habe man sich noch nicht beschäftigen müssen. Es ist schließlich ein Konflikt zwischen Schul- und Impfpflicht denkbar. Der Durchimpfungsgrad in der Region sei sehr hoch: „Wir gehen davon aus, dass wir künftig Kinder mit vollständigem Impfschutz einschulen.“

Der Eintrag im Impfpass ist eine Möglichkeit des Nachweises.

Der Eintrag im Impfpass ist eine Möglichkeit des Nachweises. © picture alliance/dpa

Auf die neue Gesetzeslage einstellen musste man sich auch beim Tageseltern-Verein Vreden-Stadtlohn-Südlohn im Sozialdienst katholischer Frauen für die Dekanate Ahaus und Vreden. Die Tagesmütter sind für die Kontrolle des Impfschutzes des zu betreuenden Kindes verantwortlich. Auch bei den Tagesmüttern selbst erfolgt die Dokumentation. Entweder muss die vollständige Impfung nachgewiesen werden, es muss belegt werden, dass man einen Maserninfekt durchlaufen hat oder man muss die Kontra-Indikation nachweisen – sprich ein Impfverbot.

Ausnahmen gibt es für Personen, die vor 1970 geboren sind: „Seinerzeit hatte noch fast jeder die Masern durchlaufen und war entsprechend immun“, erklärt Fachbereichsleiterin Raphaela Südfeld. 1970 wurde der Impfstoff dann eingeführt. „Die Bereitschaft zur Impfung ist hier sehr groß“, erwartet auch Raphaela Südfeld keine größeren Probleme in der Umsetzung.

Zwei Säulen des Gesundheitssystems: Hygiene und Impfung

Die neue Impfpflicht begrüßt ausdrücklich Dr. Rolf Gehlhaar. Als Schulmediziner impft der Kinderarzt gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO). „Unser gutes Gesundheitssystem fußt auf zwei wesentlichen Säulen: die Hygiene und die Impfung. Das erkläre ich auch den Eltern so“, berichtet Gehlhaar. Schon bei Eröffnung der Praxis habe er sich diese Haltung auf die Fahnen geschrieben – aufgrund persönlicher Erfahrungen: „Während meiner Zeit als Assistenzarzt habe ich zum Beispiel erlebt, wie zwei Kinder aufgrund einer subakuten sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE), eine Spätkomplikation einer Maserninfektion, gestorben sind.“

Impfkomplikationen seien extrem selten, meist individuell begründet. „Man muss auch bedenken: Mit dem konsequenten Impfen schützen wir nicht nur uns selbst, sondern auch die Schwächeren“, so Gehlhaar. Dass es aktuell gar zu Engpässen bei Impfstoffen kommen kann, sei auch ein positiver Hinweis: „Das heißt unter anderem auch, dass in anderen Ländern verstärkt geimpft wird.“

Eilanträge und Verfassungsbeschwerden

Ob die Impfpflicht womöglich doch noch kippen wird, das könnte sich bald entscheiden. Vertreter mehrerer Familien mit Kleinkindern haben beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Eilanträge und Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz zur Masern-Impfpflicht abgegeben. Sie wenden sich nicht gegen die Impfungen an sich, sondern gegen den Zwang, der eine selbstbestimmte Entscheidung auf Basis „sachgerechter, unabhängiger und neutraler Informationen" nicht mehr zulasse.

Hintergrund

  • Der Nachweis der Masernimpfung kann durch den Impfausweis, das gelbe Kinderuntersuchungsheft oder – insbesondere bei bereits erlittener Krankheit – ein ärztliches Attest erbracht werden. Der Nachweis ist in der Regel gegenüber der Leitung der Einrichtung zu erbringen.
  • Kinder, die schon jetzt im Kindergarten und in der Schule oder in anderen Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden, müssen den Nachweis bis zum 31. Juli 2021 erbringen. Ebenfalls möglich ist die Bestätigung einer zuvor besuchten Einrichtung, dass ein entsprechender Nachweis bereits dort vorgelegen hat.
  • Eltern, die ihre in Gemeinschaftseinrichtungen betreuten Kinder nicht impfen lassen, werden künftig eine Ordnungswidrigkeit begehen und müssen mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 2.500 Euro rechnen.
  • Die Geldbuße kann auch gegen die Leitungen von Kindertagesstätten verhängt werden, die nicht geimpfte Kinder zulassen. Ein Bußgeld kommt auch in Betracht gegen nicht geimpftes Personal in Gemeinschaftseinrichtungen, Gesundheitseinrichtungen und Asylbewerberunterkünften und gegen nicht geimpfte Bewohner solcher Unterkünfte.
  • Nichtgeimpfte Kinder können vom Besuch des Kindergartens ausgeschlossen werden. Nichtgeimpftes Personal darf in Gemeinschafts- oder Gesundheitseinrichtungen keine Tätigkeiten aufnehmen.
  • Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten. Europaweit wurden im Jahr 2019 13.207 Masernfälle gemeldet, 2019 in Deutschland bundesweit 514 Fälle registriert. In NRW waren es davon laut Robert-Koch-Institut (RKI) 135.
  • Masern bringen häufig Komplikationen und Folgeerkrankungen mit sich. Dazu gehört im schlimmsten Fall eine tödlich verlaufende Gehirnentzündung. Eine Masern-Infektion ist damit anders als vielfach angenommen keine „harmlose Kinder-Krankheit".
  • Den besten Schutz vor Masern bieten Impfungen. Sie sorgen für eine lebenslange Immunität.
  • Trotz aller Aufklärungskampagnen sind die Impflücken bei Masern in Deutschland aber weiterhin zu groß, wie aus neuen Auswertungen des RKI zu Impfquoten hervor geht. Zwar haben 97,1 Prozent der Schulanfänger die erste Impfung bekommen. Aber bei der entscheidenden zweiten Masernimpfung gibt es große regionale Unterschiede, so dass auf Bundesebene die gewünschte Impfquote von 95 Prozent noch immer nicht erreicht wird. Erst mit dieser Quote kann ein Gemeinschaftsschutz erreicht werden. Nach den neuen Daten des RKI sind gut 93 Prozent der Schulanfänger 2017 zweimal gegen Masern geimpft.
  • Lauf Weltgesundheitsorganisation (WHO) breitet sich diese hochansteckende Krankheit derzeit weltweit wieder aus.