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Lüntener vertreibt durch aggressives Verhalten Familie aus dem Dorf
Familienstreitigkeiten
Ständige Beleidigungen und körperliche Angriffe: Die Verhandlung gegen einen Lüntener vor dem Ahauser Amtsgericht dauerte über vier Stunden. Dennoch wurden nicht alle Fragen geklärt.
Wer sagt die Wahrheit und wer beschönigt oder dramatisiert? Bei der Verhandlung vor dem Ahauser Amtsgericht gegen einen 41-Jährigen aus Lünten war diese vor Gericht bekannte Frage für Außenstehende nur schwierig zu beurteilen. Mehrere Beleidigungen, mehrfaches Fahren ohne Führerschein, Körperverletzung und fahrlässige Körperverletzung – die Anklageschrift war lang.
Der Angeklagte führte mit einer Frau über mehrere Monate eine On-Off-Beziehung. Sie war 2019 mit ihrem Mann nach Lünten gezogen, hatte sich aber kurz danach von ihm getrennt. „Es gab ein Hin und Her, ein stetiges Heckmeck“, blickt der Angeklagte auf die gemeinsame Zeit zurück.
Familie flieht vor Beleidigungen und Handgreiflichkeiten
Im vergangenen Sommer zog die Ex-Freundin des Angeklagten dann mit ihren Kindern nach Norddeutschland. Der Grund dafür sollen permanente Beleidigungen und mehrfache Handgreiflichkeiten des Lünteners gewesen sein, der eine Trennung nicht akzeptieren könne. „Du hast das Leben meiner ganzen Familie kaputt gemacht“, warf die Frau ihrem ehemaligen Geliebten vor Gericht vor.
Die zur Anzeige gebrachten Vergehen seien nur die Spitze des Eisbergs. Im März hatte er in einer Gaststätte in Lünten die Frau und ihre damals 15 Jahre alte Tochter beleidigt. „Schlampe, Hure, das war bei ihm normaler Umgangston“, berichtete die Mutter.
Angeklagter fährt mit Auto auf Mutter und Tochter zu
Der Angeklagte gab dazu an, das sei ihm unter Alkoholeinfluss „irgendwie rausgesprudelt“. Das Wort „Schlampe“ habe er nicht so schlimm gefunden. „Ich habe das mehrfach gegoogelt, das ist wohl eine Beleidigung“, gab er zu.
In der Nähe der Straße Breekamp fuhr er laut Anklage wenige Tage später mit dem Auto gezielt auf die Mutter und ihre Tochter zu. Beim Ausweichen stürzte seine damalige Lebensgefährtin und prellte sich den Oberschenkel. Der genaue Tathergang konnte angesichts widersprüchlicher Zeugenaussagen nicht final geklärt werden.
Ehemann mehrfach als „Fette Sau“ bezeichnet
Bei einem anderen Vorfall zog er die Frau an den Haaren, sodass diese Schmerzen erlitt. Den Noch-Ehemann, der in einer anderen Wohnung im gleichen Haus wohnte, habe er mehrfach als „fette Sau“ bezeichnet.
Im Juli, nach der letzten von mehreren Trennungen, gab es im Außenbereich einer Bäckerei eine verbale Auseinandersetzung. In deren Folge kam es zu einem Handgemenge zwischen dem Angeklagten, seiner Ex-Freundin und deren Freundin.
Ein Motorradfahrer, der zufällig vorbeikam, musste sie trennen. „Der hat richtig reingehauen, als wenn er gar nicht richtig bei Sinnen wäre“, sagte der Schlichter aus. Wer angefangen hatte, konnte er aber nicht beurteilen.
Angeklagter unterbricht Ex-Freundin ständig
Aus Sicht des Angeklagten habe ihn seine ehemalige Partnerin ständig verfolgt. Immer wieder habe sie den Kontakt gesucht, obwohl sie zuvor ein Annäherungsverbot beantragt hatte. Zudem habe sie sein Handy mutwillig zerstört und ihn selbst mehrfach körperlich angegangen.
„Versuchen Sie nicht, die Verantwortung für alle Ihre Taten auf ihre Ex-Freundin abzuwälzen“, warnte ihn der Richter. Gerade das Fahren ohne Führerschein sei aus seiner Sicht angesichts von drei Vorstrafen in diesem Bereich für ihn nicht nachvollziehbar. „Nach dieser Vorgeschichte erwarte ich, dass Sie mit dem Fahren ohne Führerschein aufhören“, stellte er klar.
Bei der Vernehmung der Ex-Freundin als Zeugin versuchte der Angeklagte ständig, sie zu unterbrechen und ihre Aussagen zu berichtigen.
Einige offene Fragen bleiben
Bei der Verhandlung, die über vier Stunden dauerte, blieben einige Fragen offen. Warum zog es die Frau immer wieder zurück zum Angeklagten, obwohl sie permanenten Beleidigungen und Übergriffen angesetzt war? „Ich glaube an das Gute im Menschen“, erwiderte sie darauf nur.
Warum arbeiteten der Angeklagte und der Mann seiner Ex-Freundin noch gemeinsam im Garten? Warum gab der Ehemann erst jetzt an, der Angeklagte habe ihm gegenüber zugegeben: „Ich wollte deine Frau umfahren“?
Der Richter verurteilte den Angeklagten schließlich zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung. Er stellte in seiner Urteilsbegründung klar, dass sowohl den Aussagen des Angeklagten als auch denen von Mutter, Tochter und Freundin der Mutter nicht uneingeschränkt zu glauben sei.
Richter sieht „problematische Persönlichkeitsstruktur“
„Nach meinem persönlichen Eindruck bin ich mir sicher, dass es nicht bei einzelnen Beleidigungen geblieben ist. Sie müssen sich klarmachen, dass Sie eine ganz problematische Persönlichkeitsstruktur haben. Das müssen Sie ändern, bevor Sie wieder eine Beziehung eingehen“, gab er dem Angeklagten mit auf den Weg.
Außerdem habe dieser mit seinem Verhalten dafür gesorgt, dass die Familie aus Lünten weggezogen sei. Die gute Freundin seiner Ex-Freundin sagte nach dem Urteil: „Das ist ein Witz!“ und beleidigte den Angeklagten mehrfach, der ankündigte, Anzeige zu erstatten.
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