Das St.-Marien-Hospital in Vreden wird geschlossen. Die Pläne wurden bereits 2020 im Aufsichtsrat diskutiert.

© Markus Gehring

Krankenhaus-Schließungen: Pläne sind schon mindestens eineinhalb Jahre alt

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„Wir stehen zum Standort Vreden.“ Das haben zwei Klinikum-Geschäftsführer noch im Juni 2020 gesagt. Jetzt wird klar: Schon zu diesem Zeitpunkt gab es Pläne für die Schließung.

Vreden, Stadtlohn

, 21.10.2021, 17:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Es gibt konkrete Baupläne samt Zeichnungen für drei Standorte. Info-Broschüren wurden ausgearbeitet und gedruckt, Fördergelder beantragt und bewilligt. All das weist darauf hin, dass das Klinikum Westmünsterland schon sehr lange an den Neustrukturierungen und den damit verbundenen Krankenhaus-Schließungen in Vreden und Stadtlohn arbeitet.

Das geben die Verantwortlichen am Mittwochabend bei Infoveranstaltungen in den beiden Städten auch unumwunden zu. Schon im September 2019 hat das Gesundheitsministerium NRW ein Gutachten zur Krankenhausplanung veröffentlicht. Daraus war ersichtlich, dass es politisch gewollt ist, die Zahl der Krankenhäuser zu reduzieren.

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„2020 haben wir im Kuratorium zum ersten Mal darüber gesprochen“, sagt Helmut Könning, der Stadtlohn in diesem Gremium vertritt. Zu diesem Zeitpunkt seien die Pläne allerdings noch unkonkret gewesen. Auch Tim Slaba, der für Vreden im Aufsichtsrat des Klinikums sitzt, nennt das Jahr 2020. „Natürlich war der Plan da noch nicht fix, aber die Idee war da.“

Entscheidungsträger erlaubten keine öffentliche Diskussion

Eine öffentliche Diskussion sei zu diesem Zeitpunkt aber schlicht nicht möglich gewesen, sagt Geschäftsführer Ludger Hellmann. „Wir durften nicht darüber reden. Das Verfahren lief mit den Regeln der Entscheidungsträger.“

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Denn letztendlich kann das Klinikum Westmünsterland nicht alleine entscheiden, wie es mit den Krankenhäusern weitergeht. Das Gesundheitsministerium muss zustimmen, die Krankenkassen müssen die Finanzierung übernehmen und werden deswegen ebenfalls eingebunden.

Die Geschäftsführer Holger Winter (l.) und Ludger Hellmann (M.) beantworten bei der Infoveranstaltung die Fragen der Vredener und des Moderators Lennart Thies (r.).

Die Geschäftsführer Holger Winter (l.) und Ludger Hellmann (M.) beantworten bei der Infoveranstaltung die Fragen der Vredener und des Moderators Lennart Thies (r.). © Victoria Garwer

„Wir haben bei den zuständigen Stellen gedrängt, dass wir endlich reden wollen“, sagt Ludger Hellmann. Doch erst nach Zusage der Fördergelder in Höhe von 62 Millionen Euro habe man die Erlaubnis bekommen, das Ganze öffentlich zu machen. Das sei dann auch innerhalb weniger Tage passiert.

Außerdem seien von diesen Entwicklungen rund 5000 Mitarbeiter betroffen. „Wenn wir alles mit ihnen diskutiert hätten, ohne zu wissen, was am Ende passiert, hätte das zu großer Verunsicherung geführt“, sagt Ludger Hellmann.

Im Vredener Rat stellten Geschäftsführer die Situation anders dar

Noch im Juni 2020 allerdings haben die Geschäftsführer Ludger Hellmann und Holger Winter im Vredener Rat mehrfach betont, dass das Klinikum Westmünsterland zum Standort Vreden stehe. Jetzt ist klar, dass es schon zu diesem Zeitpunkt grobe Pläne zu Umstrukturierungen und Krankenhaus-Schließungen gab.

Die Vredener Politiker hatten damals genau diese Sorge. Der Notarzt wurde Anfang 2020 aus Vreden abgezogen, Mitte 2020 folgte die Schließung der Krankenhaus-Küche und damit das Ende von Essen auf Rädern. Die Vredener hatten schon da den Eindruck, dass das Krankenhaus nach und nach zurückgebaut wird.

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Doch auf die konkreten Fragen der Politiker antworteten die Verantwortlichen nur mehrmals: „Wir stehen zum Standort Vreden.“ Für alles weitere müsse man auf die neue Krankenhausplanung des Landes warten. Die gibt es übrigens noch immer nicht, das Klinikum Westmünsterland möchte dieser mit den aktuellen Plänen vorgreifen.

Mit dieser Präsentation waren die Geschäftsführer des Klinikums Westmünsterland im Juni 2020 im Vredener Rat. Heute argumentieren sie, dass damals nicht der Krankenhaus-Standort gemeint war.

Mit dieser Präsentation waren die Geschäftsführer des Klinikums Westmünsterland im Juni 2020 im Vredener Rat. Heute argumentieren sie, dass damals nicht der Krankenhaus-Standort gemeint war. © Garwer, Victoria

Tim Slaba vom Aufsichtsrat saß damals in dieser Sitzung im Publikum. Er kannte da bereits die Umstrukturierungspläne, wie er bei der Infoveranstaltung erzählte. „Aber da stand ‚Wir stehen zum Standort Vreden‘, nicht Krankenhaus-Standort.“

Genau so argumentiert das Klinikum auf Nachfrage. Das Konzept zur Nachnutzung der Gebäude in Vreden erfülle die Aussage zur Sicherung des Standortes. Schließlich wird eine Rehaklinik gebaut und sowohl Pflegeheim als auch Gesundheitszentrum bleiben in Vreden.

Viele Investitionen ins Stadtlohner Krankenhaus

In Stadtlohn wurde noch vor Kurzem viel Geld investiert. 2013 wurde ein neuer OP-Saal gebaut, erst am 1. Oktober 2019 ist die neue Pneumologie (Lungenheilkunde) gestartet. Ein Jahr vorher wurde beschlossen, dass das Stadtlohner Krankenhaus seinen Kreißsaal, die Gastroenterologie und die Orthopädie verliert. Allerdings wurden auch einige Abteilungen aus Ahaus nach Stadtlohn verlegt.

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Das sorgt nun bei vielen Stadtlohner für Unverständnis. „Die meisten Großinvestitionen wurden vor dem Beitritt ins Klinikum Westmünsterland getätigt“, sagt dazu Holger Winter. „Wir haben keine Millionen verbrannt, es wurde nur da investiert, wo es dringend notwendig war.“

Helmut Könning macht abschließend klar, dass der Schritt zur Schließung nicht schon 2018 bei Eintritt in den Klinikverbund angedacht war. „Damals waren wir überzeugt davon, dass wir damit den Krankenhaus-Standort Stadtlohn sichern.“