E-Center-Ablehnung: Wenn der Kunde das größte Problem ist

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E-Center-Ablehnung: Wenn der Kunde das größte Problem ist

rnKommentar

Der Vredener Rat hat in geheimer Abstimmung den Bau eines E-Centers auf dem Bierbaum-Gelände abgelehnt. Dazu ein Kommentar von unserem Redakteur Christian Bödding

Vreden

, 16.12.2019, 19:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ob das E-Center der Vredener Innenstadt tatsächlich den Todesstoß versetzt hätte? Je nach Gutachten sicherlich – oder auch nicht.

Immer wieder ist die Rede davon, dass solche Einkaufscenter „Frequenzbringer“ sind und die Kunden anziehen. Das mag vor allem dann der Fall sein, wenn in den Centern noch Begleitgeschäfte untergebracht sind.

Doch machen wir uns nichts vor, dass Lebensmittel im Internet gekauft werden, ist heute immer noch die absolute Ausnahme, denn die Regel. Die Probleme liegen tiefer.

Kritik an der Kaufmannschaft

Dass ein E-Center ohne Begleitgeschäfte für den „Herzstillstand“ der Vredener Innenstadt gesorgt hätte, glaube ich nicht. Etliche Ratsmitglieder haben am Freitag die Kaufmannschaft ordentlich ins Gebet genommen.

Die Kaufleute in der Innenstadt scheinen schon viel zu lange nicht zu reagieren, geschweige denn zu agieren.

Kundenströme, die ins Netz abwandern, sind nur ein Teil des Problems. Das größte Problem für Kaufleute sind die Kunden, die ganz einfach mit den Füßen abstimmen.

Sie kaufen zum Beispiel Lebensmittel gerne dort ein, wo es die größte Auswahl zu günstigen Preisen gibt. Wenn möglich noch in einem modernen Umfeld, in dem auch zwei Einkaufswagen in einem Gang nebeneinander passen.

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Vreden ist gesegnet mit Lebensmittelmärkten, entnahm ich der Diskussion. Und noch besser: sieben von acht Märkten wollen erweitern oder modernisieren.

Was aus diesen öffentlichen Ankündigungen wird, wird die nähere Zukunft zeigen. Es gibt ja Mitbewerber, die auf Zuruf fertige Pläne aus der Schublade ziehen, diese aber wieder verschwinden lassen, sobald der Konkurrent mit seinen Neuansiedlungsplänen gescheitert ist.

165 Wohnungen

Gescheitert sind auch die Pläne der Stadt, auf dem Bierbaumgelände Wohnraum schaffen zu lassen. Auf einen Schlag 165 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern mitten in der City – eine Hausnummer für Vredener Verhältnisse, das war mein erster Gedanke.

Dass diese geballte Form an Wohnraum den E-Center-Plänen nicht zuträglich war, hat öffentlich niemand im Rat geäußert. Komisch, dabei ist doch die typische Wohnform im Münsterland nun mal das Einfamilienhaus, machen wir uns da nichts vor.

Geheime Abstimmung

Es kommt nicht oft vor, dass Ratsmitglieder auf Antrag geheim abstimmen. Mal gehen die Meinungen innerhalb der Fraktion dermaßen weit auseinander, dass fast kein Weg daran vorbei führt, mal geht es um Entscheidungen von enormer Tragweite, mal spielt auch die Angst eine Rolle, öffentlich als Prügelknabe dazustehen.

Am Freitag waren gleich alle drei Anforderungen erfüllt. Ein Gutachten käme zu dem Schluss, dass das schlecht war fürs Projekt.

Das Unternehmen Stroetmann hatte die Pläne für das E-Center auf dem Bierbaum-Gelände überarbeitet.

Das Unternehmen Stroetmann hatte die Pläne für das E-Center auf dem Bierbaum-Gelände überarbeitet. © Stroetmann