
© Markus Gehring
Harry Engbers (57) interpretiert im Restaurant Oldenkott die deutsche Küche neu
Restaurant-Check
Das Restaurant im Haus Oldenkott ist einer jahrhundertealten Tradition verpflichtet. Geschäftsführer Harry Engbers und Ruth Derking hauchen dem alten Gemäuer neues Leben ein - mit Erfolg.
Das gesamte Gasthaus atmet Geschichte. Gleich hinter dem Biergarten des Restaurants Oldenkott zieht sich die Grenzlinie zu den Niederlanden entlang. Als wir an diesem frostigen Samstagabend das historische Gasthaus erreichen, flackert einladender Feuerschein jenseits der hohen Sprossenfenster.
Am Giebel steht die Jahreszahl 1834. In Wahrheit ist das Haus aber schon viel älter. Bereits im Mittelalter wurde hier der Grundstein für das Dorf Wennewick-Oldenkott gelegt. 1749 wurde aus dem einfachen Kotten ein großes Gasthaus mit Fremdenzimmern, das Durchreisende und Einheimische gleichermaßen zum Verweilen nutzten. Inzwischen steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Zugegeben, es ist recht weit draußen, dieses Kleinod. Aber der weite Weg, wie ich schon bald erfahren soll, lohnt sich.

Das Restaurant Oldenkott ist in einem denkmalgeschützten Haus untergebracht. © Markus Gehring
Unsere Begleitung war vor über 40 Jahren zum letzten Mal hier und staunt, als wir durch einen langen Flur das Café betreten. Das Haus Oldenkott scheint sich in all den Jahren kein bisschen verändert zu haben. Der Bosen über dem offenen Herdfeuer, die uralte Theke mit dem antiken Büffetschrank und die Rietstühle davor – es ist, als sei hier die Zeit stehengeblieben.
Ein ausgestopfter Fuchs blickt auf die Gäste hinab, die sich am Kamin wärmen. Nur die Caféhaus-Gardinen vor den Fenstern, von denen ein Bekannter vor fast einem halben Jahrhundert aus einer Bierlaune heraus eine abgenommen und eingesteckt hatte, sind inzwischen verschwunden.

Stilvoll und modern wirkt das Interieur des Restaurants Oldenkott. © Markus Gehring
Durch eine Zwischentür betreten wir eine völlig andere Welt. Vom Charme vergangener Zeiten ist im Restaurant selbst nichts mehr zu spüren. Statt ausgestopften Tieren blickt uns der niederländische Barockkünstler Rembrandt von einigen großen Kunstdrucken aus an. Die Farbtöne Schwarz, Mocca und Creme domineren den Gastraum. Weiter hinten schillert der blaue Stoffbezug einer Sitzbank wie bunte Fischschuppen.
Alles hier ist schick und modern eingerichtet, wirkt dabei aber doch gemütlich. Wie es scheint, wurde beim Design des Gastraums nichts dem Zufall überlassen und sogar das Lichtkonzept ist auf den Punkt durchdacht. Meine Begleitung staunt, was für eine Schönheit aus der alten Bauernkneipe, die sie damals kannte, geworden ist. Wir haben im Voraus einen Tisch für zwei reserviert.

Cremetöne und dunkle Farben dominieren im Restaurantinneren. © Markus Gehring
Erst seit etwa eineinhalb Jahren betreiben Geschäftsführer Harry Engbers und Ruth Derking das Lokal als Restaurant, Bar und Grill. Steaks gibt es zwar immer noch auf der Karte, aber seine Vergangenheit als Steakhouse ist für das „Oldenkott“ passé. Eine freundliche Kellnerin kommt auf uns zu und führt uns zu einem Tisch direkt vor der Theke gegenüber eines modernen Gaskamins.
Wie funktioniert der Restaurant-Check?
Wir gehen ohne Vorankündigung in die jeweiligen Restaurants – als ganz normale, zahlende Gäste. Wir sind keine Gastro-Experten, sondern einfach Menschen, die gerne an schönen Orten essen. Wir beschreiben die Läden so, wie wir über sie auch mit Freunden und Bekannten sprechen würden. Mit ihren Schwächen, mit ihren Stärken. Ehrlich.Neben der Theke können wir Harry Engbers an einer modernen Kochstation bei der Arbeit zuschauen. Gerade trifft er die letzten Vorbereitungen für den Abend und bespricht mit seinem Team auf Niederländisch noch einige Kleinigkeiten. Hinter den Kulissen arbeiten derweil bereits drei Köche dem Servicepersonal zu. Noch herrscht die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm, aber das wird sich im Laufe des Abends ändern.
Die Kellnerin nimmt unsere Getränkebestellung auf und plaudert ein wenig mit uns. Sie ist Niederländerin, spricht aber fließend Deutsch. Dass das Serviceteam zweisprachig ist, ist eine gute Idee, so nahe an der Grenze. Nur wenige Minuten später kehrt sie mit den Getränken und einem Gruß aus der Küche zurück: Ein Teller mit warmen Nachos, garniert mit verschiedenen Soßen. Die kleine Überraschung erfreut den Gaumen und meine Begleitung probiert zum ersten Mal in ihrem Leben Guacamole, das ist ein Avocado-Dip aus der mexikanischen Küche.

Die Paprika-Tomaten-Suppe mit Creme Fraiche und Käsespähnen © Anna-Lena Haget
Die Speisekarte, die die Kellnerin uns reicht, wirkt straff und nicht zu überladen. Es gibt zwei Suppen zu Auswahl, zwei Fischgerichte und zwei für Vegetarier. Dazu drei kalte und zwei warme Vorspeisen sowie elf Fleischgerichte von Entrecote über Schweinefilet bis hin zum 700 Gramm schweren T-Bone-Steak vom Grill. Sieben verschiedene Desserts komplettieren die Karte.
Die Vorspeise
Wir bestellen die Ochsenschwanz- (4,75 Euro) und die Tomaten-Paprika-Suppe (5,25 Euro), die eine Kollegin schon kurze Zeit später an den Tisch bringt. Die Tomaten-Paprika-Suppe ist schön sämig mit Parmesanspänen und einer Creme-Fraiche-Flocke. Nur in der klaren Ochsenschwanzsuppe ist für den Geschmack meiner Begleitung vielleicht etwas zu viel Madeira (Likörwein von der zu Portugal zählenden Insel Madeira). Ein Pluspunkt ist hingegen die reichliche Suppeneinlage mit Fleisch und Gemüse.

Die Champignonpfanne wird im Bauernbrot serviert. © Anna-Lena Haget
Die aufmerksame Kellnerin bringt wenig später den Zwischengang, eine Champignonpfanne (8,50 Euro). Die wird nicht etwa auf einem Teller, sondern in einem ausgehöhlten Bauernbrot serviert. Wir teilen uns die Riesenchampignons in Sahne-Weißwein-Soße, die mit knusprigen Speckwürfeln und Lauch gegart wurden.
Mit seinen feinen Kräutern und der nicht zu aufdringlichen Weißweinnote hat dieses Gericht auf Anhieb die Chance, mein Favorit zu werden. Und sogar das „Gefäß“, inzwischen innerlich durchtränkt von der würzigen Soße, aber außen noch knusprig, geht nicht wieder zurück in die Küche. Fast schon wünschte ich, dass das Brot ein wenig größer und die Champignons ganz für mich allein wären.
Chefin Ruth Derking tritt an unseren Tisch und erkundigt sich, ob es uns schmeckt. Ich bekomme mit einem Riesenchampignon im Mund kein Wort heraus. Deswegen versuche ich, mich mittels Körpersprache verständlich zu machen und recke beide Daumen in die Luft. Ruth Derking lächelt. Eigentlich hat sie an diesem Abend frei und empfängt vorne im Café einige Freunde, aber das Wohl der Gäste liegt ihr nun mal am Herzen.
Die Hauptspeise
Langsam füllt sich der Gastraum. Am Nebentisch bringen die Kellnerinnen einem Stammtisch gerade ein paar Platten voller gegrillter Spareribs. Die duften zwar verführerisch und schmecken den Männern sichtlich, aber als bekennender Sichtvegetarier entscheide ich mich doch lieber für die Gemüselasagne mit Beilagen als Hauptgericht.

Das Schnitzel „Oldenkott“ mit Bratkartoffeln als Belag © Anna-Lena Haget
Meine Begleitung wählt das Schweineschnitzel ‚Oldenkott‘ (19,50 Euro), das – groß wie ein kleiner Toilettendeckel – ihr schon fast ein wenig zu mächtig erscheint. Handwerklich ist es jedoch gut gemacht: Schön dünn mit einer krossen Panade, die nicht zu vollgesogen ist mit Fett. Dazu gibt es einen bunten Salat an einer klaren Vinaigrette mit süß-saurer Note. Meiner Begleitung entfährt ein angetanes: „Oh, lecker!“ und auch die Bratkartoffeln (auf dem Schnitzel drapiert, statt daneben), finden ihre volle Zustimmung.
Meine Gemüselasagne (11,50 Euro) muss ich bei der Vielfalt von Beilagentellern auf dem Tisch erst einmal suchen. Sie versteckt sich in einem höllisch heißen Pfännchen. Als einzelnes Gericht wäre mir die Lasagne vielleicht etwas zu wenig gewesen, aber im Menü mit all den Beigerichten ist die Menge durchaus okay. Der Käste ist knusprig und die Gemüseschichten, bestehend aus Champignons, Zucchini und Paprika, schmecken alles andere als nach Konserve.

Der Reis mit buntem Gemüse ist fein gewürzt. © Anna-Lena Haget
Der eigentliche Star dieses Gangs ist jedoch der Reis. Angerichtet mit gebratenen Champignons, Paprika, Erbsenschoten und grünem Spargel, genieße ich eine wahre Geschmacksexplosion. Und schmecke ich da etwa im Hintergrund eine fruchtige Note wie von Zitronen? Auch das Auge genießt mit, denn die rot gefärbten Körner und seine Duettpartner sind angerichtet wie ein kleines, modernes Gemälde.
Die Nachspeise
Inzwischen brummt im Restaurant Oldenkott der Bär. Das Serviceteam hat alle Hände voll zu tun, denn mittlerweile ist es Viertel vor acht und nahezu alle Tische sind besetzt. Das „Oldenkott“ ist längst kein Geheimtipp mehr. Und Fleischliebhaber, von denen es viele gibt, kommen hier voll auf ihre Kosten. Eine Kellnerin räumt unsere Teller ab und nimmt sich trotz des Betriebs einen kurzen Moment Zeit, um mit uns zu plauschen. Diese kleine Freundlichkeit kommt gut an und tröstet darüber hinweg, dass wir auf die Nachspeise ein wenig warten müssen.

„Rechtsanwalt Nussbaum“ heißt dieses Dessert. © Anna-Lena Haget
Jene trägt den respekteinflößenden Titel ‚Rechtsanwalt Nussbaum‘ (6,75 Euro) und landet nach einem akademischen Viertelstündchen schließlich auf unserem Tisch. Doch woher stammt der für ein Eis mit Sahne recht ungewöhnliche Name? Die Kellnerin klärt uns auf: ‚Advocaat‘ heißt im Niederländischen einerseits Rechtsanwalt, aber auch Eierlikör. Und den Zusatz ‚Nussbaum‘ erklärt das Walnusseis, das der Nachspeise auf einem Spiegel aus dem gelben Likör zugrunde liegt. Auf jeden Fall ist der kühle ‚Rechtsbeistand‘ der krönende Abschluss für unser Menü.
Die Preise
Das Preis-Leistungsverhältnis ist gut für die angebotenen Speisen. Für unser Vier-Gänge-Menü, zwei alkoholfreie Biere (je drei Euro) und zwei Apfelschorlen (je 2,50 Euro) stehen 74,50 Euro auf der Rechnung. Das Schnitzel mit 19,50 Euro und die Gemüselasagne mit 11,50 Euro sind preislich absolut in Ordnung.
Kinderfreundlichkeit
Eine Kinderkarte mit kleinen Portionen Spareribs, Burgern und Hähnchennuggets ergänzt das Angebot. Für die ganz kleinen Gäste werden auf Wunsch auch Hochstühle angeboten.
Barrierefreiheit
Das ganze Restaurant ist ebenerdig und es gibt seitlich am Restaurant einen rollstuhlgerechten Eingang. Auch die Toilettenanlagen und die Sonnenterrasse sind zu ebener Erde erreichbar.
Das sagt das Netz
Auf Google erreicht das Restaurant Oldenkott 4,4 von fünf möglichen Sternen. Auf Facebook bewerten die Gäste das Restaurant sogar mit 4,6 von fünf möglichen Sternen.
Restaurant-Infos
Restaurant Oldenkott Bar und Grill, Wennewick 1, Oldenkott. Tel. (02564) 3 95 18 57. Öffnungszeiten: Mo bis Fr ab 16 Uhr, Sa und So ab 11 Uhr. Reservierungen sind auch über die Webseite des Restaurants möglich.
www.oldenkottgastro.com