
© Stefanie Willing
Homeschooling mit Video-Unterricht, individuellen Aufgaben, Erklär-Videos
Hamaland-Schule
Die Hamaland-Schule setzt im Distanzunterricht auf technische Unterstützung – gepaart mit ganz individuellen Lernplänen und kindgerechten Formaten. Das kommt bei den Grundschülern gut an.
Wenn Christof Niestegge momentan seinen Schülern die schriftliche Addition erklärt, schaut er nicht wie sonst in zahlreiche Kindergesichter, sondern auf einen Bildschirm mit Kamera. Der Klassenlehrer der 3b an der Hamaland-Schule nutzt für den Distanzunterricht einiges an Medien und Technik.
Einmal pro Woche hält er eine Unterrichtsstunde per Videokonferenz. Er steht also vor der Kamera im Klassenzimmer, die Schüler aus Lünten schalten sich per Video von zu Hause zu. „Da führe ich meist ein neues Thema ein. Die Kinder können sich melden, sie machen Aufgaben, halten die Lösungen in die Kamera und ich kann auf Nachfragen oder Schwierigkeiten direkt reagieren“, sagt Christof Niestegge.
Dafür teilt er Gruppen mit maximal sechs Kindern ein. Das hat zwei Gründe. Zum einen ist da die Technik. Die Internetverbindung auf dem Dorf ist nicht immer gut genug für so eine große Videokonferenz und das System ist sehr datenraubend. In kleinen Gruppen aber funktioniere es ganz gut. „Zum anderen bleiben die Kinder nicht immer ruhig. Sie quasseln oder zappeln auch mal. So ein Video-Unterricht ist anstrengend und in kleineren Gruppen kann ich die Kinder besser beobachten und auch aktiv einbinden“, sagt Christof Niestegge.
Frontalunterricht ist heute nicht mehr Standard
Jonas Willing ist einer seiner Schüler. „Es ist gut, dass man manche Sachen direkt vom Lehrer erklärt bekommt“, sagt der Drittklässler. Das findet auch seine Mutter Stefanie Willing. „Die Lehrer geben sich wirklich Mühe. Ich glaube, der Stoff kommt bei den Kindern auch gut an“, sagt sie.
Warum also gibt es so eine digitale Unterrichtsstunde nur einmal pro Woche? „Darüber haben wir im Kollegenkreis auch lange diskutiert“, sagt Christof Niestegge. Doch es gebe gute Gründe dafür, dieses Format nicht häufiger anzubieten. Da ist zum Beispiel der zeitliche Aspekt. Die Lehrer sind bis 11 Uhr in der Notbetreuung in der Schule eingebunden. Danach stellen sie Aufgaben zusammen, korrigieren sie, stehen für Fragen zur Verfügung und bereiten die nächsten Themen vor.

Lehrer Christof Niestegge bringt seinen Schülern vom Computer aus Mathe, Deutsch oder Englisch bei. © Privat
Doch es geht auch um den Inhalt. „Frontalunterricht, so wie man ihn von früher kennt, ist heute überhaupt nicht mehr an der Tagesordnung“, sagt der Grundschullehrer. Stations- und Gruppenarbeit oder selbstständige Arbeiten seien hingegen eher Standard. Nur zehn Minuten pro Tag und Fach seien noch Frontalunterricht.
Deswegen finde man zum Beispiel auch gar nicht genug Stoff, den man den Kindern in Video-Konferenzen erklären könnte. Das pädagogische Konzept in der Grundschule sei sowieso schon auf das selbstständige Erarbeiten der Themen ausgelegt – und das lange vor der Pandemie.
Wochenpläne sind individuell auf die Schüler abgestimmt
Die Kinder kennen also auch schon die Wochenpläne. Normalerweise arbeiten sie die in der Schule ab, jetzt eben die umfangreichere Version zu Hause. Gemeinsam mit den anderen Lehrern der Jahrgangsstufe stellt Christof Niestegge diese Pläne zusammen. Jedes Kind bekommt dabei individuelle Arbeitsblätter – je nach Stärken und Schwächen.
Immer freitags werden die Aufgaben getauscht. Die Eltern oder Kinder bringen die Ergebnisse der letzten Woche zurück, bekommen die Korrekturen der vergangenen Woche und die Aufgaben für die nächste Woche. „Manchmal bekommen wir perfekte Aufsätze. Da wissen wir, dass das nicht das Kind war, sondern dass die Eltern viel korrigiert haben“, sagt Christof Niestegge.
Dabei sei das ja gar nicht der Sinn der Sache. „Es gibt Fehler, die man in einem bestimmten Alter noch machen darf. Aber woher sollen die Eltern das auch wissen? Sie sind keine Lehrer, aber sie alle tun ihr Bestes“, macht der Lehrer deutlich. Ob der Stoff wirklich bei den Kindern angekommen ist, werde man wohl erst nach dem Lockdown merken.
Videos und Aktionen stärken die Klassengemeinschaft
Mit den Hausaufgaben hatte Jonas Willing bisher keine Probleme. „Aber es fehlt mir, in den Pausen mit meinen Freunden zu spielen“, sagt er. Das kann zwar auch Christof Niestegge im Moment nicht ändern, aber er legt Wert darauf, etwas für die Klassengemeinschaft zu tun. Auf der Internet-Plattform, die die Schule nutzt, sind deswegen auch lustige und unterhaltsame Beiträge zu finden.
Da fragt der Klassenlehrer zum Beispiel, wer am Wochenende einen Schneemann gebaut hat. Oder das Klassenmaskottchen lernt im Video mithilfe einer App sprechen. Die Deutsch-Aufgaben werden von einer frechen Handpuppe mitgeteilt, die dafür an einem Glücksrad dreht. Und weil die Kinder vor dem Lockdown in der Schule Pilze gezüchtet haben, gibt es einen Link zu einem Video, wie das auch zu Hause gelingt.
Aber auch den eigentlichen Unterrichtsinhalt bereiten die Lehrer der Hamaland-Schule in Videos auf. „Wir nehmen immer mal wieder Erklär-Videos auf. Das hilft den Kindern, aber auch den Eltern, wenn sie beim Erklären nicht weiterkommen“, sagt Christof Niestegge.
Die Lehrer bieten zudem regelmäßig Video-Sprechstunden an, zu denen sich die Schüler einloggen können, wenn sie Fragen haben. Einmal pro Woche öffnet Christof Niestegge auch einen Videochat, bei dem er selber dann gar nicht dabei ist. „Dann können sich die Schüler einfach mal wieder sehen und quatschen.“
Veränderungen im Vergleich zum ersten Lockdown
Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 war das noch ganz anders. Damals kamen Erklärungen noch in einem langen Text statt per Video. „Zu dem Zeitpunkt dachten wir ja auch, dass es nur für einen kurzen Zeitraum so sein wird“, sagt Christof Niestegge. Außerdem hatten nicht alle Schüler entsprechende Endgeräte zu Hause. Jetzt aber haben die Lehrer langfristige Konzepte für die Technik entwickelt und Schüler können von der Schule Leihgeräte bekommen.
Stefanie Willing findet, dass es „den Umständen entsprechend sehr gut läuft. Natürlich wäre es schön, wenn es anders wäre, aber wir machen gemeinsam das Beste aus der Situation.“
Als gebürtige Vredenerin habe ich mich aus Liebe zur Region ganz bewusst für den Job als Lokaljournalistin in meiner Heimat entschieden. Mein Herz schlägt für die Geschichten der Menschen vor Ort. Ich möchte informieren, unterhalten und überraschen.
