Hof Niekerk: Wechselvolle Geschichte von Kirche zum Biolandbau

Grenzfest geplant

"Die Menschen an der Grenze haben immer wie Pech und Schwefel zusammengehalten", erzählen die beiden Schwestern Franzis Michaelis und Renate Fingas. Der Hof "Niekerk" von Georg und Franzis Michaelis befindet sich weit hinten in Wennewick, direkt an der deutsch-niederländischen Grenze. Genau dort soll am Sonntag, 18. September, das Grenzfest steigen.

VREDEN

, 08.09.2016, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Idee, ein Fest zu veranstalten, entstand beim Auftakt der Feierlichkeiten anlässlich des 250. Jahrestages der Burloer Konvention, zu dem das Ehepaar eingeladen war. "Direkt hier am Grenzstein, an unserem Hof, wurden am 20. September 1766 die Originalakten zwischen den Beteiligten ausgetauscht", erzählt Georg Michaelis.

Mit der Unterzeichnung der Burloer Konvention endete 1765 ein Kongress, der die deutsch-niederländische Grenzfrage im Bereich des Westmünsterlandes und des Achterhoeks zwischen Vreden und Eibergen im Norden sowie Dinxperlo im Süden zum Gegenstand hatte. Ein Jahr später trat sie in Kraft. Es war also schon ein historisches Ereignis, das sich in Wennewick abgespielt hat.

Kleine Kirche

Die Grenze am Hof Niekerk zählt damit zu den ältesten in Europa. Der zweite Grenzstein mit der "Nr. 1" wurde sieben Jahre später gesetzt. Franzis Michaelis und ihre Schwester Renate wissen, dass der Hof seinen Namen bekommen hat, als 1699 die Niederländer direkt hinter ihrer Grenze eine kleine Kirche errichtet hatten, die "Niekerk" genannt wurde.

Die Haaksbergener Katholiken kamen einige Jahre zum Gottesdienst dorthin. Nachdem die Grenzkirche aufgegeben wurde, blieb der Küster dort und machte aus der Kirche eine Herberge. Später entstand der Hof, da weitab der Stadt eine Selbstversorgung mit Vieh, Gemüse- und Getreideanbau erforderlich war.

Beliebter "Dubbeltjesdans"

Nach und nach wuchs der Bauernhof, der Hofname "Niekerk" blieb bestehen. "Unser Hof war zu jeder Zeit ein ganz besonderer Ort. Wir haben gehört, dass hier sogar Gefangenenaustausche stattfanden", berichtet Franzis Michaelis. Bis 1964 hatte Familie Temminghoff auf dem Hof Niekerk sogar eine Schankerlaubnis. Die Niederländer von nah und fern sind heute wie früher gern gesehene Gäste auf dem Hof.

Bis in die 60er-Jahre hinein gab es sonntags im alten Kuhstall "Dans up de Däl". Dieser fröhliche Tanznachmittag mit deutschen und niederländischen Gästen wurde von den holländischen Besuchern "Dubbeltjesdans" genannt: Das heißt, ein Musikant spielte zum Tanz auf und immer, wenn er ein paar Groschen oder Cent bekam, musizierte er weiter. "Wir haben gehört, dass hier sonntags viel los war. Auch die Wennewicker Erntedankfeste wurden bei uns gefeiert", blicken die beiden Schwestern zurück. Die Zöllner hätten sich immer gerne daran beteiligt.

Schmuggelhäuschen

Währenddessen wurde von den Grenznachbarn "geschmuggelt". Dafür gab es auf dem Hof das rund 150 Jahre alte "Schmuggelhäuschen", in dem Niederländer und Deutsche ihre Waren hinterlegten und austauschten. Heute trägt es die Hausnummer 2 - die niederländische Postadresse von Michaelis. Vor dem Zweiten Weltkrieg besaß Familie Temminghoff neun Hektar Grund auf der niederländischen Seite, dieser wurde aber nach Kriegsende enteignet. "Ein Onkel, der in den Niederlanden lebte, hat für uns später einige Hektar zurückgekauft. Deshalb erhielt unsere Familie vom Zoll einen Ausweis für den kleinen Grenzverkehr", sagt Franzis Michaelis.

Damit konnten die Eltern und Kinder problemlos die Grenze an ihrem Hof übertreten und pflegten zudem einen sehr engen Kontakt mit den Grenzbeamten. Die Zöllner gingen bei ihnen ein und aus, halfen sogar manchmal beim Füttern der Kühe. "Wir haben früher nur mit den niederländischen Nachbarkindern gespielt. Die Wennewicker wohnten zu weit weg. Außerdem war unser Hof der Totenbauer für die Niederländer, da wir ein Pferd und einen Wagen hatten, mit dem der Sarg abgeholt wurde", erinnern sich die Schwestern an ihre Kindheit.

Gute Verbindungen

Sieben holländische Nachbarn und zehn Nachbarn aus Wennewick hat das Ehepaar Michaelis. Zur Silberhochzeit freuten sie sich daher über gleich zwei Kränze. Seit dem Schengener Abkommen aus den 80er-Jahren ist für Familie Michaelis im Alltag an der Grenze vieles einfacher geworden. Die gute Verbindung zu den Niederländern besteht natürlich nach wie vor. Franzis und Georg sind Mitglieder in holländischen Vereinen und haben oft Niederländer als Gäste auf ihrem Hof, die fragen: "Ist hier noch Holland oder schon Deutschland?"

Das ist für Familie Michaelis ein weiterer Grund, am 18. September die alte Tradition des grenzüberschreitenden Feiern mit dem großen Grenzfest unter dem Motto "Checkpoint Niekerk" aufleben zu lassen: "Wir würden uns freuen, wenn möglichst viele Deutsche und Niederländer an diesem historischen Ort gemeinsam feiern".

Großes Grenzfest

Das „Grenzfest“ findet am 18. September von 11 Uhr bis 17 Uhr auf dem Biolandhof Niekerk von Franzis und Georg Michaelis, Wennewick 19, statt. Den musikalischen Auftakt machen die Jagdhornbläser um 11 Uhr. Um 12 Uhr begrüßen Vredens Bürgermeister Dr. Christoph Holtwisch und der Bürgermeister Joost van Oostrum aus Berkelland die Besucher. Um 13 Uhr geht es weiter mit Volkstänzen der Tanzgruppen aus Wennewick-Oldenkott und den „Plaggemeijers“ aus Rekken.

Alte niederländische Trachten und Schmuggelkleidung zeigt Ineke van der Werf ab 14 Uhr. Der Clown „Canipo“ tritt um 15 Uhr auf. Livemusik gibt den ganzen Tag über: „Die Kleine Blasmusik“ und „Dubbeltjesdans“ mit Klara am Akkordeon spielen. Der Oldtimer Treckertreff präsentiert seine alten Trecker und landwirtschaftlichen Geräte am Hof Niekerk. Eine Hüpfburg und eine Schminkecke gibt es. Zur Stärkung zwischendurch werden Getränke und ein Imbiss aus der Bioland-Küche serviert.

 

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