
© Victoria Garwer
Gertrud Welper diskutiert über Naturschutz und nachhaltige Bildung
Kommunalwahl
Im Wahlkampf um das Bürgermeisteramt hat Gertrud Welper bei einer Radtour Halt an der Biologischen Station Zwillbrock gemacht. In der Diskussion ging es nicht nur um das Venn und Flamingos.
Es ist heiß an diesem Nachmittag, das Thermometer zeigt 34 Grad an. Gertrud Welper und ihre Parteikollegen vom Bündnis 90/Die Grünen haben schon 25 Kilometer auf dem Fahrrad hinter sich. Doch die Stimmung ist gut, als die Vredener Bürgermeisterkandidatin, der Landtagsabgeordnete Matthi Bolte-Richter und sechs weitere Parteimitglieder auf den Hof der Biologischen Station in Zwillbrock rollen.
Es ist die vierte Station auf einer Radtour, die zu diesem Zeitpunkt bereits vier Stunden dauert. Dr. Dietmar Ikemeyer, Leiter der Biologischen Station, empfängt die Gruppe. „Wir wollen aber nicht über die Flamingos reden“, macht Gertrud Welper direkt deutlich.
Flamingos sorgen für guten Tourismus nicht nur in Zwillbrock
Natürlich führt dann aber doch kein Weg an diesem Thema vorbei. Denn schließlich hängt auch der Tourismus und das Thema Bildung mit den pinken Vögeln zusammen. „Sie sind naturschutzfachlich völlig irrelevant, aber betrieblich unbezahlbar“, sagt Dietmar Ikemeyer. Die Flamingos helfen der ganzen Region, weit über Zwillbrock hinaus.
Und so stellt Getrud Welper auch die Frage, die sich viele Vredener derzeit stellen: „Die letzten drei Jahre waren sehr trocken. Was kann Ihre Arbeit da ausrichten?“ Tatsächlich ist das Zwillbrocker Venn im Moment wieder komplett ausgetrocknet. Die Flamingo-Küken haben nicht überlebt, weil kein Wasser sie vor Fressfeinden geschützt hat. Zahlreiche Kleinlebewesen sind gestorben, die Vögel finden keine Nahrung mehr.
„Wenn das Wetter noch fünf bis zehn Jahre so bleibt, dann wird sich die Landschaft komplett verändern“, prognostiziert Dietmar Ikemeyer. Wie genau das aussehen wird, kann er aber nicht vorhersehen. „Die Moore trocknen aus, wir verlieren Arten. Und dem sind wir im Moment ohnmächtig ausgeliefert.“
Bildungswerk mit Angeboten für Kinder und Erwachsene
Eigentlich soll es an diesem Nachmittag aber um ein ganz anderes Steckenpferd der Biologischen Station gehen: nachhaltige Bildung. Der Einrichtung ist nämlich ein Bildungswerk angegliedert, das sowohl Angebote für Schulklassen als auch für Erwachsene macht. Das reicht von Exkursionen im Venn oder in regionalen Naturschutzgebieten über eine Pilgerreise auf dem Jakobsweg bis hin zum Radfahren in Irland.
Gerade baut die Biologische Station die ehemalige Dorfschule zu einer Art Hostel um, um den Teilnehmern solcher Angebote vor Ort auch eine Übernachtungsmöglichkeit bieten zu können. Sogar Klassenfahrten über mehrere Tage sind dann möglich.
Teilnehmer werden nicht automatisch zu Naturschützern
„Wir haben wöchentlich zahlreiche Schulklassen hier und ganz viele Erwachsene. Da müsste man ja meinen, dass wir uns vor nachhaltigen und naturschutzbewussten Menschen nicht retten können“, macht Dietmar Ikemeyer einen Widerspruch deutlich. Denn 99 Prozent der Menschen nehmen die Angebote wahr, weil sie sich unterhalten lassen wollen. Bis sie tatsächlich ihr Verhalten im Alltag ändern, sei aber eine Menge Arbeit nötig.
„Wir wissen ja, wie langsam sich die Gesellschaft ändert“, sagt Gertrud Welper seufzend. Sie stellt in der Runde immer wieder Fragen, greift aber auch moderierend ein, wenn die Diskussion in die falsche Richtung zu laufen droht. Sie stellt sich aber bewusst nicht in den Vordergrund, lässt auch die anderen Parteimitglieder zu Wort kommen.
Dietmar Ikemeyer wünscht sich deutlich weniger Bürokratie
Zum Abschluss will sie wissen, was die Politik tun könnte, um die Arbeit der Biologischen Station einfacher zu machen. Dietmar Ikemeyer findet sehr deutliche Worte: „Weg mit dieser scheiß Bürokratie. Das macht inzwischen mindestens zehn Prozent unserer Arbeit aus. Das Maß passt nicht mehr.“ Mit der Zusammenarbeit mit der Stadt sei er aber sehr zufrieden.
Für die Parteimitglieder geht es nach zwei Stunden Diskussion wieder aufs Fahrrad. Nächste Station: Gaxel.
Als gebürtige Vredenerin habe ich mich aus Liebe zur Region ganz bewusst für den Job als Lokaljournalistin in meiner Heimat entschieden. Mein Herz schlägt für die Geschichten der Menschen vor Ort. Ich möchte informieren, unterhalten und überraschen.
