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Geht von Kunstrasen eine Gesundheitsgefahr aus?
Kunstrasen
Geschredderte Autoreifen als Dämmungsgranulat im Kunstrasen ist die preiswertere Variante. Manche Inhaltsstoffe gelten als krebserregend. Verlässliche Studien gibt es zu dem Thema nicht.
Was heute einem Naturrasen zumindest äußerlich in nichts nachsteht, war einst ein grüner, harter Teppich. Wer hier grätschte, verbrannte sich die Haut oft aufs Übelste. Aktuell gibt es eine dritte Generation der Kunstrasen. Die erste Generation wurde noch komplett ohne Oberflächenfüllung angelegt, die zweite hatte ausschließlich eine Sandfüllung. Inzwischen ist eine Gummi-Granulat-Verfüllung zwischen den grünen Kunststofffasern die Regel – ein Trend, der nicht nur für positive Schlagzeilen sorgt. Der Grund: Das Granulat kann krebserregende Stoffe enthalten: die polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK).
Das Granulat besteht aus unterschiedlichen Materialien. Es gibt beispielsweise Granulate aus Kautschuk, Kunststoff, Sand oder Pkw- und Lkw-Altreifen, haben die Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags in einer Veröffentlichung zusammengefasst. Die Wissenschaftliche Dienste haben sich mit dem Thema beschäftigt, da die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Granulate aus recycelten Altreifen schön öfter im Fokus der Medien stand.
Die jüngste Generation der künstlichen Bodenbeläge bestehe aus nahezu grasartigen Polypropylen- oder Polyethylen-Fasern mit Sand-Gummi-Einstreugranulat, die auf einer Spezialunterlage befestigt sind, heißt es in der Veröffentlichung. Nach Schätzungen aber sollten 95 Prozent des Füllmaterials der weltweit verlegten Kunstrasen aus Pkw- und Lkw-Altreifen bestehen.
TV-Sendung in den Niederlanden sorgte für Spielausfälle
Im Jahr 2016 sorgte vor allem in den Niederlanden eine TV-Sendung darüber für Furore, dass viele Fußballplätze einen zu höheren Anteil von krebserregenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) enthalten würden als es der Grenzwert erlaubt. Viele Amateurkicker sagten ihre Spiele nach der Sendung ab. Danach wurde das niederländische Gesundheitsministerium aktiv, zog Proben von 100 Kunstrasenspielplätzen und gab Entwarnung. Die umstrittenen Substanzen, die ein Fußballspieler beim Atmen oder bei Berührung aufnehmen könnte, würden kaum freigesetzt. Es gebe keine Hinweise auf eine steigende Krebsgefahr, beruhigte das Ministerium. So berichtete der WDR.
Auch wenn es bislang keine verlässlichen Langzeitstudien gibt: Skeptiker aber bleiben dabei, dass zu hohe Konzentrationen in den Granulaten vorkommen und sich schädlich auf die Gesundheit auswirken könnten. Das deutsche Umweltbundesamt wird in der Dokumentation der Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags in Bezug auf neue Grenzwerte so zitiert, dass „Erzeugnisse mit einem Gehalt von mehr als 1 mg/kg eines der acht krebserregenden PAK ab dem 27.12.2015 verboten“ sind. Die Beschränkung gelte auch für Importartikel.
Stoffe können auch beim Grillen entstehen
Die polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), von denen einige als krebserregend, erbgutverändernd und/oder fortpflanzungsgefährdend eingestuft sind, sind langlebig und reichern sich in Organismen an. Sie sind Nebenprodukte bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material. Das sind Stoffe wie Holz, Kohle oder Erdöl. Auch beim starken Erhitzen unter Luftausschluss entsteht bei diesen Materialien PAK. Beim häuslichen Grillen und beim Tabakrauchen können ebenfalls diese Stoffe entstehen.
Lebensmittel, in die durch eine belastete Umwelt, durch Stoffumwandlungsvorgänge oder durch ihre Zubereitungsart PAK gelangen, sind eine sehr große Belastung für den Menschen. Zu diesen Lebensmitteln gehören Getreideerzeugnisse, geräuchertes oder gegrilltes Fleisch oder Fisch, pflanzliche Öle oder Fette und Tee sowie Kaffee.