Leonie Böhmer, Claudia Mersmann, Jutta Nyssen (v.l.) und Lisa Effing (nicht auf dem Foto, weil gerade im Einsatz), setzen sich für junge Familien ein und helfen ihnen bei Problemen.

Leonie Böhmer, Claudia Mersmann, Jutta Nyssen (v.l.) und Lisa Effing (nicht auf dem Foto, weil gerade im Einsatz), setzen sich für junge Familien ein und helfen ihnen bei Problemen. © Carina Strauss

„Arbeiten nicht nach Schema F“ – Frauen betreuen junge Familien in Vreden

rnBeratung für Familien

Ein Kind kann das Familienglück perfekt machen. Doch was passiert, wenn eben nicht alles perfekt läuft? In Vreden gibt es dafür seit dem vergangenen Jahr eine neue Anlaufstelle.

Vreden

, 25.12.2022, 12:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wer an eine Schwangerschaft denkt und das Dasein als Eltern, hat wohl eher die Vorfreude und das Glück im Kopf, das ein Kind mit sich bringt. Vielleicht sind da noch die Gedanken an Schwangerschaftsübelkeit und schreiende Kinder. Doch was ist, wenn gerade solche vermeintlichen Kleinigkeiten zum Problem werden? Was ist, wenn statt der Vorfreude plötzlich eine große Angst aufkommt?

Der Sozialdienst katholischer Frauen Ahaus-Vreden will Familien helfen, die in genau solche Situationen geraten. Er hilft Familien in belastenden Situationen. Dabei ist es vollkommen individuell, was als belastend empfunden wird. „Was für die eine Familie belastend ist, ist für die andere in Ordnung“, erklärt Claudia Mersmann, Fachbereichsleiterin bei der „Frühen Hilfe“ des SKF. Jede Familie, die sich belastet oder gestresst fühlt, kann die Hilfe der Frauen seit dem vergangenen Dezember auch in Vreden in Anspruch nehmen – komplett kostenlos, niederschwellig, vertraulich, konfessionsunabhängig.

Viel Erfahrung und ein gutes Netzwerk

Dabei ist die Hilfe, die die Frauen leisten, genauso individuell wie die Probleme der Familien. Jutta Nyssen ist Familienkinderkrankenschwester, Leonie Böhmer arbeitet als Familienhebamme und Lisa Effing ist Sozialpädagogin. Ein breites Feld also, das schon diese drei abdecken.

„Wenn es mal Problemfelder gibt, die vielleicht unsere Arbeit nicht betreffen, kennen wir aber Leute, die wir anrufen können, damit die Familie schnelle Hilfe bekommt“, so Mersmann. Auch das gehört zu ihren Aufgaben: im Dschungel der Hilfsmöglichkeiten das passende Angebot herauszufiltern.

„Ziel ist es, dass Kinder gesund und in einem gesunden Umfeld aufwachsen. Dass Eltern in ihre Elternrolle finden“, erklärt Jutta Nyssen. Denn das ist nicht immer so selbstverständlich möglich, wie es sich anhört. Das kann schon bei den kleinen Dingen anfangen.

Papierkram sollte vor der Entbindung erledigt sein

Sucht eine Frau etwa schon während der Schwangerschaft die Hilfe der Frauen, geht es oft darum, was das Kind benötigt, was besorgt werden muss, die Anmeldung im Krankenhaus, das Packen der Tasche, bei Alleinerziehenden der Kontakt zum Jugendamt, Anträge zum Kinder- oder Elterngeld. „So, dass alles schon vorbereitet ist und nach der Entbindung möglichst wenig Papierkram anfällt“, so Nyssen.

Nach der Geburt gehe es oft darum, was ein Neugeborenes braucht, wie man wickelt, wie badet, die Ernährung des Kindes, ob Stillen oder Flasche. Für all das kann das Team Ansprechpartner sein.

Hinzu kommen Situationen, in denen sich junge Mütter fragen, wie sie den Spagat zwischen Schule oder Ausbildung und Mutter sein schaffen. „Da ist es unsere Aufgabe, die junge Frau in ihre Rolle als Mutter zu bringen und wir sind ihre Ansprechpartner in schwierigen Situationen“, so Nyssen.

Auch Krankheiten spielen oft eine Rolle

Und auch Erkrankungen spielen nicht selten eine Rolle. Die Krankheit eines Kindes genauso wie zum Beispiel eine Wochenbettdepression. „Da ist die normale Frau, verheiratet, 30 Jahre alt und bekommt ihr erstes Kind. Und plötzlich merkt sie, das Gefüge passt nicht, sie freut sich gar nicht auf ihr Neugeborenes“, gibt Leonie Böhmer ein fiktives Beispiel. Genauso gut könne es auch Mütter treffen, die bereits ihr drittes Kind bekommen und auf einmal ist nichts mehr so, wie es war.

„Es liegt nicht an der Frau als Person, dahinter steckt eine Krankheit und eine Diagnose. Die Frau kann nichts dafür, sie macht das nicht bewusst.“ Hier sei eine vorübergehende Hilfe notwendig, auch die Anbindung an einen Neurologen gehört dazu. „Wir müssen schauen, wie ist die Unterstützung zu Hause. Wir machen das Familiensystem sensibel für diese Erkrankung. Wir sind oft ein Notanker, der zu der Frau nach Hause kommt.“

„Die Familien geben die Ziele und Wünsche vor“

Auch geflüchtete Frauen, die ihr Kind in Deutschland zur Welt bringen, finden Hilfe bei dem Sozialdienst. „Die kommen hier an, haben keinen Anschluss, kein Netzwerk, sie bekommen das Baby und wissen nicht, was sie tun müssen“, so Jutta Nyssen. Hier fange es schon bei den ganz grundlegenden Dingen an, wie der Erstausstattung und dem Besuch beim Kinderarzt. „Wir machen das mit denen zusammen, sodass sie am Ende gut in dem System zurechtkommen.“

Bei allen Hilfen ist den Frauen des SKF immer wichtig: „Die Familien geben die Ziele und Wünsche vor.“ Es werde den Familien nicht irgendeine Vorstellung übergestülpt. „Jede Familie sagt, das stört uns oder da sind wir uns unsicher. Dann arbeiten wir an den Bereichen, aber wir arbeiten nicht nach Schema F“, erklärt Jutta Nyssen.

„Frühe Hilfe“ des SKF

Wer Hilfe benötigt, kann sich unter der Telefonnummer (02564) 93280 an das Team der „Frühen Hilfe“ in Vreden wenden. Weitere Informationen gibt es auch unter www.skf-ahaus-vreden.de. Die Frauen der „Frühen Hilfe“ beraten und unterstützen Schwangere und Familien mit Kindern bis zum dritten Lebensjahr.