
© Victoria Thünte
Faktencheck mit Tagesmüttern: Qualifizierung, Kosten, Gefahrenquellen und Betreuungszeiten
Kindertagespflege
Tagesmütter sind wie Babysitter. Wenn Bärbel Richter sowas hört, wird sie richtig wütend. Die Tagesmütter in Vreden sind auf die Straße gegangen, um mit Vorurteilen wie diesem aufzuräumen.
Können Sie was mit dem Begriff Kindertagespflege anfangen?“ Diese Frage stellt Tagesmutter Bärbel Richter am Dienstagmorgen vielen Passanten in der Vredener Innenstadt. Die Antwort ist häufig dieselbe: „Gehört habe ich das schon mal.“ Aber so ganz konkret kann kaum jemand sagen, was Tageseltern denn nun eigentlich machen. Genau deswegen haben die Vredener Tagesmütter die Befragungsaktion im Rahmen der „Woche der Kindertagespflege“ organisiert. Sie wollen mit Klischees und Vorurteilen aufräumen.
Wir haben einige Behauptungen, die die Tageseltern häufig zu hören bekommen, auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft.
Behauptung: Tageseltern passen so nebenbei auf Kinder auf.
Tatsache: „Auf gar keinen Fall“, sagt Bärbel Richter. Häufig hat sie dieses Vorurteil schon gehört und jedes Mal wird sie regelrecht sauer. „Ich putze nicht, wenn die Kinder schlafen, und ich koche auch nicht nur einfach eine Kartoffel mehr. Das ist meine Arbeit, mein Beruf“, erklärt die Tagesmutter.
Tageseltern haben den gesetzlichen Auftrag zur Erziehung, Bildung und Förderung der Kinder. Wer als Tagesmutter oder -vater arbeiten möchte, muss einen Qualifizierungskurs mit 160 Unterrichtsstunden absolvieren. Inhalte sind zum Beispiel die Eingewöhnungsphase, die Gestalung des pädagogischen Alltags, die Zusammenarbeit mit den Eltern und rechtliche Bedingungen. Außerdem müssen die Tageseltern einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren und ein polizeiliches Führungszeugnis und ein Gesundheitszeugnis der kompletten Familie vorlegen. Erst dann stellt das Jugendamt eine Pflegeerlaubnis aus.
Tageseltern betreuen alleine viele Kinder.
„Wie viele Kinder dürft ihr denn gleichzeitig betreuen?“, fragt Veronika Eßeling (67) bei der Aktion in der Innenstadt. „Fünf“, antwortet Bärbel Richter. Die Pflegeerlaubnis des Jugendamtes kann für bis zu acht Kinder ausgestellt werden, die jedoch nicht alle gleichzeitig bei der Tagesmutter sind.
Diese kleine Gruppengröße findet Anneliese Riesewick richtig gut. „Wenn weniger Kinder in der Gruppe sind, kann das ja nur positiv sein“, versichert sie den Tagesmüttern in der Innenstadt.

Mit Anneliese Riesewick (r.) haben die Tagesmütter ein kurzes Gespräch geführt. © Victoria Thünte
In Vreden hat jede Tagesmutter eine Tandem-Tagesmutter. Sie treffen sich regelmäßig, tauschen sich aus und kennen auch die Tageskinder der jeweils anderen Frau gut. Dadurch gibt es zum Beispiel die Möglichkeit einer Vertretung, wenn die Tagesmutter krank wird oder Urlaub macht.
Grundsätzlich ist die Idee der Kindertagespflege aber schon, dass die Kinder eine Bezugsperson haben, die sie über einen längeren Zeitraum betreut. „Das finde ich super. Im Kindergarten wechselt das ja schon ziemlich häufig“, meint Jutta Bock. In einer Großtagespflege arbeiten mehrere Tageseltern, die dann auch mehr Kinder gleichzeitig betreuen.
Kinderbetreuung in privaten Wohnungen – ist das nicht gefährlich?
Bevor Kinder in den Wohnungen der Tageseltern betreut werden dürfen, schaut sich das Jugendamt die Räume an. „Da wird zum Beispiel überprüft, ob überall ein Steckdosenschutz angebracht ist und ob es Gitter vor den Treppen gibt“, erzählt Bärbel Richter.
Die Betreuung in der Kindertagespflege ist bestimmt teurer als im Kindergarten.
Nein, ist sie nicht. „Die Eltern zahlen für die Kindertagespflege genauso viel wie für die Kita“, erklärt Bärbel Richter. Der Elternbeitrag richtet sich nach dem Einkommen.

Acht Tagesmütter waren am Dienstag mit ihren Tageskindern in der Vredener Innenstadt unterwegs, um mit Vorurteilen zur Kindertagespflege aufzuräumen © Victoria Thünte
In der Kindertagespflege sind die Betreuungszeiten flexibler als in der Kindertagesstätte.
Richtig. Zumindest in den meisten Fällen. Ob eine Betreuung vor 7 Uhr, nach 18 Uhr, über Nacht oder an den Wochenende möglich ist, kann nämlich jede Tagesmutter selber entscheiden. Grundsätzlich sind Stundenkontingente von 15, 25, 35 oder 45 Stunden möglich.
Tageseltern arbeiten selbstständig und müssen sich selbst versichern.
Stimmt. „Ist das nicht ein großer Nachteil?“, wundert sich Veronika Eßeling. „Nicht unbedingt. Wir haben immer Rückendeckung vom SKF und vom Jugendamt und sind so gut abgesichert“, erklärt Bärbel Richter. Bezahlt werden die Tageseltern vom Jugendamt. Von dem Geld müssen sie alle Versicherungen selber bezahlen, weil sie offiziell selbstständig sind. „Reich wird man damit nicht. Das ist eine Arbeit, die man mit Herzblut machen muss“, meint Bärbel Richter.
Als gebürtige Vredenerin habe ich mich aus Liebe zur Region ganz bewusst für den Job als Lokaljournalistin in meiner Heimat entschieden. Mein Herz schlägt für die Geschichten der Menschen vor Ort. Ich möchte informieren, unterhalten und überraschen.
