Gleich zwei Straftaten haben viele Menschen in Vreden und Umgebung im vergangenen Jahr ganz besonders bewegt: Zum einen verschwanden im Oktober 2023 aus der Kapelle Maria Brunn 13 wertvolle Ölgemälde. Kurz darauf wurde in Ammeloe ein älterer Mann in seiner Wohnung überfallen.
Einer der beiden Täter hatte sich als Postbote ausgegeben. Die Täter samt Beute wurden schnell gefasst und mussten sich jetzt am 27. März vor Gericht verantworten. Angeklagt sind zwei Männer im Alter von 41 und 67 Jahren aus Stadtlohn und Vreden sowie eine 43-jährige Frau aus Vreden.
Im ersten Prozesstag kommen kuriose Details der Tat ans Licht und sogar weitere Tatbestände hinzu.
Zur konkreten Anklage: Den Ermittlungen der Polizei zufolge sollen die drei Angeklagten am 16. Oktober 2023 in Vreden in den gesicherten Teil der Kapelle Maria Brunn geklettert sein, indem sie über ein etwa drei Meter hohes Tor mit spitzen Enden gelangten. Dort sollen sie 13 Gemälde der Kreuzwegstationen im Wert von rund 8000 Euro gestohlen haben.
Um einen interessierten Besucher von der Kapelle fernzuhalten, hatten die Täter vorgegeben, dass dort gerade Reinigungsarbeiten stattfänden. Bei einer Durchsuchung der Wohnung der beiden männlichen Angeklagten in Vreden wurde die Beute schließlich gefunden und der Kirchengemeinde zurückgegeben.
Zudem soll der 41-jährige Angeklagte an diesem Tag ohne gültige Fahrerlaubnis und unter dem Einfluss von Drogen Auto gefahren sein und bei seiner Festnahme erheblichen Widerstand gegen zwei Polizeibeamte geleistet und sie verletzt haben.
Darüber hinaus sollen die beiden männlichen Angeklagten geplant haben, am 21. Oktober 2023 einen älteren Mann in seinem Haus zu überfallen und auszurauben. Einer der Angeklagten soll sich als Paketbote ausgegeben und den Geschädigten beim Öffnen der Haustür mit Reizgas besprüht haben.
Aufgrund der Hilfe des Sohnes des Opfers sollen die Angeklagten jedoch geflüchtet sein, nachdem sie auch versucht hatten, ihn anzugreifen um mit einer Machete Zutritt zu erzwingen.
Der 43-jährigen Frau, die sich ebenfalls vor Gericht verantworten musste, warf die Staatsanwaltschaft vor, bei der Ausführung der Taten geholfen zu haben. Grund für diesen Verdacht war das Fluchtauto der Täter, das auf die Vredenerin zugelassen ist.
Großes Geständnis zu Beginn
Der Prozess begann gleich mit einem Paukenschlag. Denn der 41-jährige Angeklagte ließ durch seine Anwältin mitteilen, dass er sich umfassend einlassen - also aussagen - möchte. Beginnen wollte er mit dem Diebstahl der Ölgemälde. „Die ganze Aktion war zur Beschaffung von Betäubungsmitteln gedacht“, erklärt seine Anwältin. „Ich war damals Konsument“, fügt ihr Mandant hinzu.
Seine Idee sei es jedoch nicht gewesen. Der Angeklagte betont, dass sein Mittäter ihm erst von den Gemälden erzählt hatte und sich sicher gewesen sei, diese gewinnbringend versetzen zu können. Dieser hat nach Angaben der Verteidigung viel Erfahrung mit sogenannter Beschaffungskriminalität und ebenfalls ein Drogenproblem zum Tatzeitpunkt gehabt.
Getarnt als Putzkolonne
Für das schnelle Geld fassten die beiden also einen simplen Plan. Vielleicht zu simpel, um zu funktionieren. „Gegen etwa 10 Uhr morgens radelte der ältere der beiden mit seinem Fahrrad zur Kapelle Maria Brunn“, schildert die Anwältin den Tathergang aus der Sicht ihres Mandanten.
„Gekleidet war er dabei in einen Overall und im Gepäck hatte er einen Eimer, Putzlappen, einen Wischer und eine Leiter.“ Denn ausgeben wollten die beiden Männer sich als Reinigungsservice, der sich um die Kapelle kümmert.
Der jüngere der beiden sei mit dem Auto zu einem Parkplatz in der Nähe der Kapelle gefahren. Ein Auto, das auf seine derzeitige Lebenspartnerin zugelassen ist, die ebenfalls vor Gericht steht. In dem Auto sollte das Diebesgut möglichst schnell vom Tatort weggeschafft werden.
Vor Ort versuchten die beiden Täter nach eigenen Angaben mithilfe der mitgebrachten Leiter über das drei Meter hohe Gitter an die Bilder zu gelangen. Doch dabei seien sie gestört worden.
Einem Passanten kam es verdächtig vor, dass die sonst stets geöffnete Tür der Kapelle geschlossen war. Als dieser die Holztür zur Kapelle öffnen wollte, drückte der 41-jährige Angeklagte die Tür von innen zu und behauptete, dass die Kapelle wegen der Reinigungsarbeiten nicht betreten werden könne.
„Das habe ich dann auch geglaubt und bin erstmal weitergegangen“, sagte der Passant als Zeuge vor dem Landgericht aus.
Fast auf frischer Tat ertappt
Von da an sollen sich die beiden Täter besonders beeilt haben. Sie reichten sich gegenseitig die Gemälde durch die Gitter, verpackten sie in Beutel und brachten sie mit dem Fluchtbeutel in die Wohnung der 43-jährigen Angeklagten. Dort fand die Polizei die Gemälde kurz darauf auf dem Dachboden und in einem Schrank versteckt.
„Dann stellte sich allerdings heraus, dass der Angeklagte die Bilder nicht so schnell und so einfach loswerden konnte, wie angenommen“, erklärt die Verteidigerin des 41-Jährigen. Um aber trotzdem an schnelles Geld zu kommen, stand gleich die nächste Straftat auf dem Plan. Sie guckten sich das Haus eines älteren Mannes aus, von dem sie vermuteten, dass er viel Bargeld besitze und alleine lebe. Weit gefehlt.
Raubüberfall in Ammeloe
Als falsche Paketboten - samt Warnweste und falschem DHL-Paket - klingelten die beiden an die Tür ihres Opfers und versuchten so in die Wohnung zu gelangen. „Als beim ersten Mal Klingeln keiner kam, wollte ich eigentlich schon wieder gehen“, berichtete der jüngere der beiden Täter, der nach eigenen Angaben nicht besonders überzeugt von ihrem gemeinsamen Vorhaben war.
Als dann jedoch der Geschädigte die Tür öffnete, besprühten die beiden ihn mit Reizgas. Erst durch der Hilfe seines Sohnes konnte das Opfer die Täter in die Flucht schlagen, nachdem sie auch versucht hatten, sich mit einer Machete Zutritt zu erzwingen.
„Wie haben Sie sich das vorgestellt?“, fragte der Vorsitzende Richter den Angeklagten. „Dachten Sie, er würde Ihnen das Geld einfach aushändigen? Allein die Machete und das Pfefferspray zeigen doch schon, dass Sie von Anfang an bereit waren, Gewalt anzuwenden.“ Dazu wollte sich keiner der beiden Angeklagten äußern.
Nächste Sitzung am 2. April
Ein Urteil wurde trotz der ausführlichen Einlassung in dieser ersten Sitzung noch nicht gefällt. Die 43-jährige Vredenerin und der 67-jährige Angeklagte haben sich bisher gar nicht zu den Vorwürfen äußern wollen. Wie die Frau genau in das Verbrechen verwickelt ist, welche Rolle das Auto von ihr spielt und wie mehrere Brandstiftungsfälle in Vreden ebenfalls in dieses äußerst kuriose Gesamtbild passen, wird sich womöglich in der nächsten Sitzung des Prozesses am 2. April um 9 Uhr aufklären.

Gestohlene Ölgemälde wieder aufgetaucht: Diebe waren auch am versuchten Raub beteiligt