Gelebte Kulinarik mit deutsch-französischer Küche verspricht das Clemens in Ammeloe. Die hohen Erwartungen wurden nur zum Teil erfüllt. Denn nicht nur das Essen zählt bei diesem Blind Date.
Das Hotel-Restaurant Am Kring in Ammeloe beherbergt zwei Restaurants. In Büschker’s Stuben werden münsterländische Köstlichkeiten geboten, im Clemens verspricht man „ein kulinarisches Erlebnis auf hohem Niveau“. Nachdem mein Kollege sehr begeistert von Büschker’s Stuben berichtet hat, und es für dieses Restaurant sogar die Eintragung im „Michelin Bib Gourmand“ gibt, will ich das Clemens ausprobieren. Die Erwartungen sind entsprechend hoch.
Der größte Unterschied: Im Clemens gibt es keine Karte. Bei der Tischreservierung erfahre ich, dass ich zwischen einem Fünf- und einem Sechsgang-Menü entscheiden könne. Und das möglichst schon im Voraus. Die anderen Gäste an diesem Abend hätten das Fünf-Gang-Menü gewählt, dazu kämen noch ein Gruß aus der Küche und ein Sorbet. Wir schließen uns an.

Das Hotel-Restaurant Am Kring in Ammeloe © Markus Gehring
Ein Blind Date mit der Spitzenküche – das gefällt uns. Allergien und Unverträglichkeiten haben wir nicht, also können wir entspannt gespannt sein, was bei unserem Überraschungsmenü aufgetischt wird. Denn auch vor Ort gibt es keine Menükarte. Es wird schmecken, das sei schon mal vorab verraten. Aber es gibt andere Gründe, warum wir den Abend dann in guter, aber nicht in allerbester Erinnerung haben werden.
Doch erst einmal hinein ins Clemens. Durch die große gläserne und modern anmutende Tür geht es in den Speiseraum, in dem die Tische schön eingedeckt sind. Der Kellner schiebt ab und an ein Scheit Holz in den Kaminofen. Antike Anrichten – auf einer steht eine große Auswahl an Flaschen für einen Digestif – und große Lüster sind die Hingucker. Zwei Tische sind in der Nähe des Eingangs etwas abgetrennt. Warum hier Gäste platziert wurden, obwohl im großen Speiseraum die meisten Tische leer blieben, ist eine erste Frage, die wir uns stellen. Wir haben in einem Restaurant gerne Gesellschaft.

Brot mit Salzbutter und Bärlauchdip zum Auftakt © Ronny von Wangenheim
Zur Begrüßung gibt es erst einmal verschiedene Brote mit Salzbutter oder einem Bärlauchdip. Dazu blättern wir in der Weinkarte. Da wir als Weinliebhaber aber die wenigsten Weine kennen – vom Namen nach sogar einen italienischen Spitzenwein, der für weit über 200 Euro die Flasche angeboten wird – entscheiden wir uns für die Weinbegleitung. Zwei bis drei Weine werden serviert, so der Kellner. Und trocken, wie von uns gewünscht, seien die meisten Weine sowieso.
Gruß aus der Küche
Weil es ein besonderer Abend werden soll, gönnen wir uns zum Auftakt ein Gläschen Prosecco, mit dem wir dann auch den Gruß aus der Küche begrüßen: Steinbutt mit Bärlauchgraupen. Da die Menge naturgemäß klein ist, stört uns auch nicht, dass der Fisch eine Spur zu trocken ist.

Gruß aus der Küche: Steinbutt mit Bärlauchgraupen © Ronny von Wangenheim
Dann beginnt das Warten. Seit wir Platz genommen haben bis zum ersten Gang und damit der Vorspeise dauert es gut 50 Minuten. Zu lange finden wir, zumal ja unser Menü der Küche bekannt war und sie bestens vorbereitet sein müsste. Später, als weitere Gäste eintreffen, glauben wir den Grund zu erkennen. An den anderen beiden Tischen geht es flott, sodass wir bald fast im Gleichklang unsere Gänge serviert bekommen. Für die Küche praktisch, für uns zumindest zu Beginn des Abends ein Ärgernis.
Später erfahren wir, dass wir so ziemlich am stressigsten Tag des Jahres ins Clemens gekommen sind. Morgens hat die Münsterland Zeitung zum Leserfrühstück 140 Leser eingeladen, der Muttertag führt außerdem besonders viele Gäste ins Kring. Auch das soll bei dieser Bewertung nicht unerwähnt bleiben. Da müssen wir wohl noch mal wiederkommen...
Die Vorspeise:
Doch zurück zu unserem ersten Gang: Jakobsmuscheln mit Zitronenseitlingen und Krustentierschaum. Die Jakobsmuscheln sind nicht mehr glasig, aber gut gebraten, die klein geschnittenen Pilze und der herbe Schaum passen sehr gut. Ein besonderes Geschmackserlebnis sind die eingelegten Radieschen, die diesen Gang hervorragend abrunden und zeigen, wie viel Wert auch auf kleine Details gelegt wird. Ein guter Auftakt des Fünf-Gänge-Menüs.

Vorspeise: Jakobsmuscheln mit Zitronensaitlingen und Krustentierschaum © Ronny von Wangenheim
Erster Zwischengang:
Es folgt der erste Zwischengang: Diesmal Fleisch. Ein Stück Kalbsbäckchen mit einem warmen Bauernsalat, wie der Kellner vermerkt. Warm ist er nicht, auch die Möhrenstifte scheinen unbehandelt zu sein, so wirklich passt der Salat nicht zu dem Kalbsbäckchen. Das allerdings schmeckt sehr, sehr gut. Das Fleisch ist wunderbar zart geschmort und wird von einer dunklen, sehr schmackhaften und kräftigen Sauce begleitet. Das Kartoffelpüree passt da viel besser, doch die beiden kleinen Kleckse sind allzu schnell verzehrt.

Zwischengang: Kalbsbäckchen mit warmen Bauernsalat © Ronny von Wangenheim
Spätestens hier ist die richtige Gelegenheit über die Weinbegleitung zu sprechen. Wir haben einen Weißwein zu Beginn bekommen. Ein Weißburgunder. Eigentlich einer unserer liebsten Weinsorten. Doch dieser Weißburgunder ist eher harmlos. Meinem Mann schmeckt er gar nicht. Später, zu spät, entdecken wir eine offene Flasche Cà dei Frati auf der Theke, ein Lugana, mit dem man nie etwas falsch macht. Der sei bereits vergeben, informiert der Kellner, bringt aber dann doch netterweise ein Glas für uns.
Zum Kalbsbäckchen hätte auch gut ein Rotwein oder ein schwererer Weißwein gepasst. Aber da danach noch einmal Fisch serviert wird, bleibt es beim Weißburgunder.
Erst zum Hauptgang kommt dann der Rote. Ein Chianti, der uns leider aber auch nicht überzeugen kann.
Zudem haben es die Weine schwer in den Einheitsgläsern, in denen sie sich nicht richtig entfalten können. Denn das richtige Glas, das haben wir mit Freunden zuhause mit einem Wein und vielen verschiedenen Gläsern ausprobiert, kann den Wein gut zur Geltung bringen. Ich weiß, das ist jetzt Meckern auf hohem Niveau. Aber genau dieses hohe Niveau beansprucht das Clemens für sich. Für uns gehört der Wein zum Essen dazu und hat einen ähnlich hohen Stellenwert. Von einer Weinbegleitung hätten wir uns deutlich mehr versprochen.
Zweiter Zwischengang
Also zurück zum Essen und zum zweiten Zwischengang. Der ist bis dahin unser Highlight. Lachs mit Trüffelkäse auf einem Spargelragout, oben drauf salziges Salicorn, auch als Meeresspargel bekannt. Kräftig, süß, salzig, knackig – diese Eigenschaften des Drumherums treffen auf den toll zubereiteten Lachs. Wir sind begeistert.

Zwischengang: Lachs mit Trüffelkäse auf einem Spargelragout, oben drauf Salicorn © Ronny von Wangenheim

Zitronensorbet mit Wodka vor dem Hauptgang © Ronny von Wangenheim
Das Hauptgericht:
Jetzt wird uns im Glas ein Zitronensorbet mit Wodka serviert. Das klärt wunderbar den Gaumen, bevor es mit dem Hauptgericht weitergeht. Hier wird Rehrücken von hervorragender Qualität kredenzt, der unserer Ansicht nach lange sanft gegart wurde. Er ist gleichmäßig rosa und sehr zart und geschmackvoll. Dazu passen hervorragend die Schalottenjus, sehr dunkel und sämig einreduziert, und das Kartoffelgratin. Da hätte es gerne einen Nachschlag geben können.

Im Clemens im Hotel-Restaurant Am Kring wird Wert auf Qualität gelegt. © Ronny von Wangenheim
Der Nachtisch:
Doch natürlich sind wir nach den vielen Gerichten, auch wenn jedes nicht sehr groß ist, angenehm gesättigt. Aber Platz für den Nachtisch ist auf jeden Fall noch... Dreierlei ist schön auf dem Teller angerichtet: eine Art Küchlein mit Himbeeren, Nüssen und Schokolade, ein Portweineis und eine Quark-Creme mit Joghurt-Topping. Ein gelungener süßer Abschluss. Ein Menü mit vielen Gängen so abzustimmen, dass der Gast am Ende des Abends satt ist, aber nicht mit schwerem Magen nach Hause geht, ist bestimmt keine leichte Kunst, hier aber absolut gelungen.

Nachspeise: Himbeertörtchen, Portweineis und Joghurt... © Ronny von Wangenheim
Unser Fazit:
Wer im Clemens essen geht, hat naturgemäß hohe Erwartungen. Das Essen hat uns insgesamt mit winzigen Abstrichen sehr gut gefallen. Aber wir merken im Laufe des Abends ganz deutlich, dass es viele Kleinigkeiten sind, die Spitzengastronomie aus- und einen langen Restaurantabend zum Genuss machen. Der Wein ist ein Beispiel, die Wartezeit genauso. Der Service ist an diesem Abend gut, hat aber nicht das gewisse Etwas, das den Unterschied ausmachen kann.
Und warum werden an den Nachbartischen Speisekarten gereicht und a la carte serviert – das wundert uns, die wir noch nie im Kring waren, anfangs sehr. Gibt es also doch eine Karte? Es sind also diese Kleinigkeiten, die am Ende aus dem Besuch im Clemens einen gelungenen, aber nicht den perfekten Abend machen.
Später erläutert der Kellner, dass es Gäste waren, die nebenan in Büschker’s Stuben keinen Platz mehr gefunden haben. Das erklärt noch etwas anderes. Denn um jetzt vollends snobistisch zu wirken, müssen wir anmerken, dass wir bei einem Restaurantbesuch der höheren Kategorie doch gerne von Gästen umgeben sind, für die ein kulinarischer Abend auch etwas Aufwand bei der Kleidung Wert ist, auch als Zeichen des Respekts gegenüber einer Küchenleistung.
Die Getränke:
Die Weinbegleitung wurde mit insgesamt 30 Euro berechnet, wobei mein Mann als Autofahrer zurückhaltend war. Dafür wurden es gleich drei Flaschen Wasser Fachinger zu je 6 Euro. Der Prosecco kostet 3,80 Euro, der doppelte Espresso 3,90 Euro.
Die Preise:
Das Menü hat 55 Euro pro Person gekostet. Mit der Weinbegleitung und den anderen Getränken bezahlen wir am Ende 169,50 Euro – das ist schon ein stolzer Preis für einen Restaurantbesuch, aber – auch im Vergleich zu anderen Häusern –durchaus gerechtfertigt.
Kinderfreundlichkeit:
Wer ein Fünf-Gang-Menü genießen will, wird Kinder nur dann mitnehmen, wenn sie auch Spaß an einem langem Restaurantbesuch und entsprechenden Speisen haben. Auch die Speisekarte nebenan in Büschker’s Stube enthält keine ausgewiesene Kinder-Karte. Es gibt aber Gerichte, die Kindern gut schmecken und die dann vom Servicepersonal angeboten werden.
Barrierefreiheit:
Am Kring gibt es zwei Eingänge mit Stufen. Von der Kirchenseite aus kommt man barrierefrei in das Restaurant. Und auch die Toiletten können von beiden Restaurants des Hauses ohne Hindernisse erreicht werden.
Michelin Bib Gourmand
Das Hotel Restaurant Kring hat es mit den Büschker’s Stuben in den Bib Gourmand geschafft. Es ist damit ein von den Inspektoren des Guide Michelin ausgezeichnetes Restaurant mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Damit ist eine dreigängige Mahlzeit ohne Getränke bis 37 Euro gemeint.
Anfahrt / Parkplatzsituation:
Wer mit dem Pkw in Ammeloe in Richtung Kirche fährt, stößt unweigerlich auf das Hotel Restaurant „Am Kring“. Direkt gegenüber dem Eingang hat das Haus einen eigenen Parkplatz, ein paar Stellplätze sind direkt vor der Tür.
Was sagt das Netz?
Bei Trip Advisor gibt es mit 5,0 die volle Punktzahl und 17 Bewertungen, die sich auf beide Restaurants beziehen. 14 davon sind „ausgezeichnet“. Ein Besucher schrieb: „Wir waren im Clemens essen und es war rundum perfekt. Schick gemacht setzt man sich hinein und wird stilvoll umsorgt. Wir konnten zwischen 2 Menüs mit jeweils ca. 7 Gängen wählen und auch Positionen verschieben.“ Ein anderer Besucher schrieb kürzlich: „Der Empfang war nett, aber die Bedienung hatte leider wenig Ahnung vom Wein, das Brot blieb auf dem Tisch, obwohl die Butter schon geschmolzen war. Die Qualität der Essens war gut - bis auf eine Hauptspeise...“.
Bei Facebook gibt es 4,8 von 5 Punkten. Die Bewertungen beziehen sich meist ganz allgemein auf das Hotel und die Restaurants.
Restaurant Infos:
Hotel Restaurant Am Kring
Kring 6-8 - 48691 Vreden/Ammeloe
Telefon (02564) 9308 0
Telefax (02564) 9308 16
Mail info@amkring.de