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Abenteuer in der ganzen Welt und doch Heimweh nach dem Münsterland
Weltreise
Christina Schön und Recep Tutka reisen seit März 2021 um die Welt. Sie lieben diese Freiheit. Doch zu Weihnachten hat es sie in die Heimat gezogen. Die Familien wussten davon nichts.
Die Familien von Recep Tutka aus Vreden und Christina Schön aus Südlohn haben wohl das schönste Weihnachtsgeschenk bekommen, das man sich vorstellen kann. Die Weltreisenden sind kurz vor den Feiertagen nach Hause gekommen – nach neun Monaten und ohne dass irgendjemand etwas davon wusste.
„Mein Vater hat sich richtig erschrocken, der war total geschockt. Da hatten wir alle Tränen in den Augen“, erzählt Recep Tutka. Plötzlich stand der Sohn in der Küche, während der Vater ihn noch am anderen Ende der Welt vermutete. Die Familie von Christina Schön wurde an Heiligabend überrascht, indem das Paar beim traditionellen Brunch auftauchte.

Während ihrer Weltreise sind Christina Schön und Recep Tutka als Paar noch enger zusammengewachsen. © Privat
„Wir haben unsere Familien und Freunde einfach so vermisst. Das ist der größte Preis, den man für die Freiheit zahlt“, sagt Recep Tutka und seine Freundin nickt zustimmend. Sie war es, die seinem Traum am Anfang skeptisch gegenüber stand. Jetzt hätte sie sogar auf den Abstecher nach Deutschland verzichtet, um sich in sechs Wochen nicht noch einmal von allen verabschieden zu müssen. „Der erste Schritt ist der allerschwerste“, sagt sie.
Jobs gekündigt, Möbel und Autos verkauft
Die 28- und der 30-Jährige sind seit zehn Jahren ein Paar. 2019 haben sie beschlossen, den Traum einer Weltreise Wirklichkeit werden zu lassen. Wegen der Corona-Pandemie haben sie die Pläne um ein Jahr verschoben. „Im März 2021 war zwar immer noch kein Ende der Pandemie in Sicht, aber es gibt keinen idealen Zeitpunkt“, sagt Christina Schön.
Sie kündigte ihren Job als Friseurin und Visagisten, er seinen als Produktmanager. „Wir waren durchaus glücklich in unseren Berufen, mit unseren Freunden und Familie und unserer Wohnung in Oeding. Wir hatten ein gutes Leben. Aber wir wollten die Welt sehen und was erleben“, sagt Recep Tutka.
Die beiden verkauften fast alles, was sie besaßen: Möbel, Autos, Fernseher, Kleidung. Was sie brauchten, packten sie in zwei Rucksacke zu jeweils 22 Kilo, dann machten sie sich auf den Weg. Die Reise begann in der Türkei, danach ging es nach Mexiko, Costa Rica, Kolumbien und Peru.

Viel mehr als das, was sie bei ihren Reisen in den Rucksäcken transportieren, besitzen Christina Schön und Recep Tutka nicht mehr. © Privat
Sie leben von dem Ersparten und dem Erlös aus dem Verkauf all ihrer Besitztümer. „Wir achten schon sehr auf das Geld. Aber nicht aus Geiz, sondern weil wir noch möglichst lange reisen und möglichst viel sehen wollen“, sagt Recep Tutka.
60 Euro pro Tag wollen sie nur ausgeben – für Essen, Unterkunft, Transport und Ausflüge. „Das klappt mal besser und mal schlechter. Einige Tickets sind etwas teurer, dafür übernachten wir oft in Hostels und kochen selber“, erzählt Christina schön.
Schießerei und Corona-Infektion in Mexiko
Neben wunderschönen Stränden, spannenden Begegnungen und einmaligen Aussichten haben sie auf ihrer Reise aber auch schon negative Erfahrungen gemacht.
Dramatisch wurde es in Tulum in Mexiko. Das Paar saß in einem Restaurant und hatte gerade die Bestellung aufgegeben, als plötzlich Schüsse fielen. „Wir haben uns hinter der Theke versteckt. Da wurde wirklich am helllichten Tag keine 15 Meter von uns entfernt ein Mensch erschossen“, berichtet Christina Schön. Hintergrund war wohl ein Bandenkrieg.
Ebenfalls in Mexiko infizierten sich beide mit dem Coronavirus. Recep Tutka ging es so schlecht, dass er in einem Krankenhaus behandelt werden musste. „Die erste Klinik hat uns weggeschickt, weil sie keine Covid-Patienten behandelten. Bei der zweiten Klinik hieß es, dass es mir noch nicht schlecht genug gehe, man habe keinen Platz für mich“, erzählt der 30-Jährige.

Christina Schön liebt es, auf ihren Reisen mit den Einheimischen ins Gespräch zu kommen. © Privat
Erst über die Auslandskrankenversicherung bekam er schließlich ein Bett in einem Krankenhaus. „Ich durfte ihn nicht besuchen und saß tagelang ganz alleine und ohne Sprachkenntnisse in meiner Unterkunft. Das war schon heftig“, sagt Christina Schön.
„Aber wir haben zu keinem Zeitpunkt darüber nachgedacht, abzubrechen“, ergänzt Recep Tutka. Während der Infektion hätten sie eh nicht ausreisen dürfen und danach wollten beide die Zeit einfach noch mehr genießen. Der Genesenen-Status hat eine Impfung für das Paar bislang unmöglich gemacht. Das wollen sie jetzt in Deutschland nachholen.
Leere Touristen-Hotspots wegen der Pandemie
Die Pandemie hat aber aus Sicht der Weltreisenden auch Vorteile. Denn viele sonst völlig überlaufene Tourismus-Hotspots sind momentan quasi leer. „Als wir am Machu Picchu waren, waren da höchstens noch 30 andere Menschen – und ein paar Lamas“, sagt Recep Tutka lachend.

Wo es sie am Ende hin verschlägt wissen die Südlohnerin und der Vredener noch nicht. Sie können sich fast alles vorstellen. © Privat
Von ihren Erlebnissen berichten die Südlohnerin und der Vreden mit Videos und Fotos auf Instagram und Youtube unter dem Namen „ganzschoentutka“. „Natürlich wäre es total cool, damit während des Reisens Geld zu verdienen, aber im Moment ist es nur viel Arbeit und bringt kein Geld“, sagt Recep Tutka.
Wo das Paar auf Dauer bleiben wird und wie lange die Weltreise noch dauern soll, haben sie ganz bewusst noch nicht entschieden. Sie wollen weiter die Freiheit genießen.
Auch das Münsterland wäre auf Dauer eine Option. Bei ihren Reisen haben sie nämlich gemerkt, wie gut es ihnen in Deutschland eigentlich geht. Vermisst haben sie aber ganz einfache Sachen: gute Straßen, knuspriges Körnerbrot und die solide Bauweise der Gebäude.
Nach sechs Wochen Weihnachtsurlaub in Deutschland geht es für sie aber dennoch erst einmal nach Sri Lanka und dann nach Australien.
Als gebürtige Vredenerin habe ich mich aus Liebe zur Region ganz bewusst für den Job als Lokaljournalistin in meiner Heimat entschieden. Mein Herz schlägt für die Geschichten der Menschen vor Ort. Ich möchte informieren, unterhalten und überraschen.
