
© Stephan Teine
Revolutionäres Projekt: Neuer Pfarrsaal soll mitten in der Jakobuskirche gebaut werden
Planung für 2020
Die katholische Kirchengemeinde geht in Oeding revolutionäre Wege: Sie will ihren neuen Pfarrsaal mitten in die Kirche bauen. Doch das gefiel nicht jedem.
Der Pfarrsaal in Oeding soll in Zukunft in den Kirchenraum integriert werden. Außerdem plant die Gemeinde direkt neben der Kirche einen Neubau für weitere Gemeinderäume. Pläne, die am Dienstagabend in Oeding auf breite Zustimmung aber auch einige Kritik stießen.
In der Kirche entsteht ein 140 Quadratmeter großer Pfarrsaal
Geplant ist, dass direkt hinter dem Hauptportal der Kirche ein rund 140 Quadratmeter großer Bereich als Pfarrsaal mit großen Glasflächen abgetrennt wird. Dieser reicht dann bis zur ersten Säulenreihe, dem ersten Joch, hinter dem Hauptportal. Die Trennwände können zwar für Hochämter, besonders große Messen oder Hochzeiten geöffnet werden, sollen im Alltag aber geschlossen bleiben. „Wir bekommen praktisch einen Raum im Raum“, erklärte Pfarrer Stefan Scho. Etwa für Hochzeiten sei es dann aber in Zukunft noch möglich, von hinten durch das Hauptportal in die Kirche einzuziehen. Dafür sollen dann die gläsernen Trennwände einfach an die Seite geschoben werden.
Akustische Trennung durch Glaswände und Spanndecke
Damit der neue Raum auch akustisch vom Kirchenraum getrennt ist, soll eine Spanndecke eingebaut werden. „Die dient dafür, im Pfarrsaal den Schall zu schlucken, damit es nicht hallt, wenn man sich dort unterhält“, erklärte Architektin Monika Göddeker, die der Gemeinde am Dienstagabend die Pläne vorstellte. Es handele sich nicht um eine komplette Schallisolierung. Die sei aber auch nicht notwendig, weil die gleichzeitige Nutzung von Kirche und Pfarrsaal sowieso nicht vorgesehen sei, ergänzte Pfarrer Stefan Scho.

So soll der neue Pfarrsaal in der Jakobuskirche einmal aussehen. Durch große Glaswände ist er vom Rest des Kirchenschiffs abgetrennt. Bei großen Messen oder Hochzeiten können die Trennwände beiseite geschoben werden, um das ganze Kirchenschiff nutzen zu können. © Architekturbüro Hülsmann
Ausdrücklich soll der neue Pfarrsaal nicht durch massive Wände sondern durch Glas vom Rest der Kirche abgeteilt werden. „Sonst würde die Kirche innen aussehen, wie abgeschnitten“, so Monika Göddeker weiter.
Optische Trennung soll möglich sein, aber Ausnahme bleiben
Um dennoch den Raum optisch komplett abteilen zu können, sollen Vorhänge oder spezielle Lamellen in den Scheiben eingebaut werden. Beispielsweise für die Theateraufführung der KFD könnten so blickdichte Wände zum Kirchenschiff geschaffen werden.
Zusätzlich soll auf dem Vorplatz an der nordwestlichen Ecke der Kirche ein Neubau errichtet werden. Dort entsteht dann Platz für zwei kleinere Gemeinderäume, eine große Küche, Toilettenanlagen und einen kleinen Bürotrakt. Kirche und Neubau werden sich einen gemeinsamen – und barrierefreien – Eingang teilen. Insgesamt entstehen so rund 300 Quadratmeter neue Gemeinderäume. Das Pfarrheim an der Pfarrer-Becker-Straße soll dann wegfallen.
Gemeinde muss sich zukunftssicher aufstellen
„Die Zahl der Gottesdienstbesucher zwingt uns ja nicht gerade dazu, anzubauen“, sagte Pastor Stefan Scho zu Beginn. Schon seit 2005 gebe es deswegen Überlegungen, wie man einen Gottesdienstraum in Oeding langfristig gestalten und erhalten kann. Die Konzentration auf einen Standort sei dabei der wichtigste Punkt.

Ein erster Entwurf des neuen Pfarrsaals an der Westseite des Kirchenschiffs von St. Jakobus. Details stehen aktuell noch nicht fest und sollen jetzt nach und nach erarbeitet werden. Im März 2020 soll der Bewilligungsausschuss vom Bistum Münster über das Projekt beraten. © Architekturbüro Hülsmann
Daher steht die Gemeinde zusammen mit dem Bistum Münster seit 2015 in engen Gesprächen. Seit 2017 gibt es grobe Planungen. „Die mussten aber erst mit vielen Gremien abgestimmt werden“, erklärte Monika Göddeker.
Dieser Ablauf traf nicht bei allen Anwesenden auf Zustimmung: „Warum bekommen wir nicht früher Mitspracherecht, sondern werden nach Jahren vor vollendete Pläne gestellt?“, wollte ein Mann wissen.
Beteiligung der Gemeinde war nicht schneller möglich
Die Beteiligung sei schlicht nicht schneller möglich gewesen. „Bis vor kurzem handelte es sich nur um Ideen. Um nichts Spruchreifes“, erklärte Monika Göddeker. Durch personelle Veränderungen beim Bistum Münster habe das ganze Projekt praktisch zwei Jahre auf Eis gelegen. „Wir haben bisher eigentlich nur gewartet und stehen mit der Planung noch ganz am Anfang“, sagte sie.
Deswegen könne sie auch noch nicht viel zu Details der Planung, zu Kosten- und Zeitrahmen sagen. Nur so viel: Im März wird das Bistum über die Planungen im Bewilligungsausschuss sprechen. Bekommt die Gemeinde dann grünes Licht für die Arbeiten, könnten sie in insgesamt etwa 15 Monaten abgeschlossen werden.
Kirchenvorstand verteidigt Ablauf der Planungen
Das betonte auch Helmut Tecker, Kirchenvorstandsmitglied aus Oeding. „Es war während der bisherigen Planung einfach nicht früher möglich, alle Gemeindemitglieder einzubinden.“ Für solche Entscheidungen sei aber ja auch schließlich der Kirchenvorstand da. Dafür bekam er Applaus von den etwa 50 Zuhörern.
Weiterer Kritikpunkt der Zuhörer: Der neue Pfarrsaal würde Kirchenbesucher in ihrer Ruhe stören. Klar ist, dass beide Räume – also Kirche und neuer Pfarrsaal – nicht gleichzeitig genutzt werden sollen. „Die Probe des Spielmannszugs und die Messe passen dann wohl doch nicht zusammen“, sagte Stefan Scho. Doch dafür sollen Lösungen gefunden werden.
Jeder Kirchenbesucher soll seine Ruhe finden
„Jeder, der in die Kirche geht, wird dort seine Ruhe finden“, erklärte Pfarrer Stefan Scho. Insgesamt müsse die neue Nutzung der Räume aber auch noch erarbeitet werden. Es gebe ja auch im Neubau noch einmal große Räume. „Für ein Kaffeetrinken unter Senioren ist das sicherlich der passendere Raum“, erklärte Stefan Scho. Dennoch soll auch der große Saal allen Vereinen und Verbänden der Kirche zur Verfügung stehen.
Die Architektin warb indes für das neue Konzept. Natürlich handele es sich um ein ungewöhnliches aber dennoch schon praktiziertes Konzept. Das sahen auch die Oedinger schließlich so. Die Vorfreude auf das Projekt war deutlich spürbar.
Gemeinde sollte sich Ausweichmöglichkeit für die Bauphase suchen
Wenn der Bau einmal beginnt, muss sich die Gemeinde überlegen, wie sie während der Bauphase ihre Gottesdienste feiern will. „Ich kann nur dafür werben, dass die Gemeinde über einen Ausweichraum für diese Zeit nachdenkt“, sagte die Architektin. Alles andere würde die Bauzeit und die Kosten in die Höhe treiben. „Da kann man sich besser für eine begrenzte Zeit eine Alternative überlegen“, sagte sie nach der Infoveranstaltung gegenüber unserer Redaktion. Für den Umbau im Kircheninneren rechnete sie unter günstigen Bedingungen mit rund sechs Monaten.
Bevor der Neu- und Umbau beginnt, muss aber erst noch die Sanierung der Außenhülle abgeschlossen werden. Die liegt etwas hinter dem ursprünglichen Zeitplan von rund sechs Monaten zurück. Am Dach seien noch letzte Feinarbeiten nötig, erst dann könne der Turm eingerüstet werden. Das wird aber erst Anfang Januar passieren, erklärte Monika Göddeker auf Nachfrage. Sie rechnet damit, dass die Sanierung im Frühjahr abgeschlossen werden kann.
Die Kirche soll offen bleiben
Ein Wort richtete Pastor Stefan Scho dann aber noch an seine Gemeinde: „Die Kirche bleibt offen!“ Sie soll auch nach dem Umbau jederzeit für Menschen offen stehen, die beten wollen.
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
