
© Michael Schley
Mit Video: Vier Lkw-Ladungen mit Hilfsgütern: Jugendfeuerwehr ist überwältigt
Flutopferhilfe
Spontan organisierte die Jugendfeuerwehr Südlohn eine Spendenaktion für die Betroffenen der Flutkatastrophe. Mit überwältigender Resonanz. Hilfsgüter gab es nicht nur aus Südlohn und Oeding.
Gegen 13 Uhr muss Jugendfeuerwehrwart Günter Sparwel am Samstag „Plan B“ aus der Tasche ziehen: Es gilt, kurzfristig einen weiteren Sattelzug zu organisieren. Insgesamt ist es der vierte Lkw, der die Hilfsgüter in Richtung der von den Überschwemmungen schwer getroffenen Krisengebiete bringen sollte. Erst am Freitag hatte die Jugendfeuerwehr Südlohn zu dieser Hilfsaktion aufgerufen – der Erfolg war trotz der Kurzfristigkeit auf dem überfüllten Kirmesplatz zu sehen.
„Unglaublich, was hier passiert.“ Günter Sparwel ist die Freude anzumerken. Schon um 10 Uhr, als man mit der Aktion starten wollte, hätte der Platz schon vollgestanden. In Oeding das gleiche Bild. An ein offizielles Ende gegen Mittag war nicht zu denken.

Tobias Lensker und Amelie Schibelius von der Jugendfeuerwehr waren begeistert über so viel Unterstützung von den Bürgerinnen und Bürgern. © Michael Schley
Mitten in der Fülle an Kartons, Koffern und Säcken packen Christiane Rogalla-Volmer und Paula Volmer mit an. Seit Stunden bereits. Die Ware wird sortiert, geordnet, beschriftet. Mutter und Tochter waren extra aus Gronau angereist. Dort hätten keine Spenden mehr angenommen werden können, per Facebook habe man von der Aktion in Südlohn erfahren. „Ich habe selbst Bekannte im Raum Köln/Aachen, konnte noch keinen Kontakt herstellen. Da fühlst du dich ohnmächtig“, berichtete Christiane Rogalla-Volmer.
Viele Bürger bringen und Hilfsgüter und packen gleich mit an
Dass sich gerade junge Menschen für diese gute Sache einsetzten, sei „einfach klasse“: „Das muss man unterstützen.“ Tochter Paula erzählt, dass sie gerade einen ganzen Karton mit Lebensmitteln von einer Frau entgegengenommen habe. Und Windeln. Rebecca Zanada von der Jugendfeuerwehr nimmt die Kartons entgegen und ist „überwältigt“ von der Resonanz.

Renate Hisker (r.) aus Stadtlohn packte mit Tochter Ann-Kathrin Hisker und Enkel Milan Joel Hisker einen ganzen Pkw voll mit Hilfsgütern. © Michael Schley
Waren für alle anderen Altersklassen türmen sich auf dem Platz. Vom Kinderwagen über Bettzeug und Matratzen bis zum Rollator, dazu haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel, sogar Stromaggregate, die Firmen unter anderem zur Verfügung stellen – es ist alles dabei, was gerade dringend benötigt wird.
Dass die überwältigende Resonanz vor allem den Sozialen Medien zuzurechnen ist, das bestätigen nahezu alle Unterstützer der Aktion. Mit einem kompletten Koffer voller Herrenkleidung unter dem Arm hat auch Norbert Macionga aus Stadtlohn davon erfahren: „Eine super Aktion.“ Er wolle bald Bekannten in Ahrweiler vor Ort helfen: „Wir müssen nun zusammenhalten.“

Simon van der Beck pflegt über den Motorsport eine persönliche Verbindung zum Nürburgring. Er sammelte spontan in Vreden und brachte die Waren dann nach Südlohn. © Michael Schley
Ebenso aus der Nachbarstadt ist Renate Hisker mit Tochter Ann-Kathrin Hisker und Enkel Milan Joel angereist, das Auto vollgepackt bis unters Dach: „Wir hätten gar noch mehr gehabt“, erklärt die Stadtlohnerin. Im Kopf habe sie die Bilder der Menschen, die alles verloren hätten.
Südlohner Feuerwehrkameraden schildern persönliche Eindrücke
Und diese Bilder hat Heiko Temminghoff von der Feuerwehr Südlohn im Einsatz mit der Kreisbereitschaft Mitte live erlebt, nach 22 Stunden Dienst war die Neun-Mann-Gruppe der Feuerwehr Südlohn am Freitagabend aus Eschweiler/Weisweiler zurückgekehrt. Völlig „platt“, „aber dafür sind wir da“: „Man sieht im Fernsehen und auf Bildern nur Ausschnitte, vor Ort ist das Ausmaß noch einmal ein ganz anderes.“

Insgesamt vier Lkw beluden die Mitglieder der Jugendfeuerwehr mit reichlich Unterstützung in Südlohn und Oeding. © Michael Schley
Mittlerweile hat Günter Sparwel die Info erhalten, dass man in Oeding die Annahme stoppen hat müssen – auch in Südlohn ist man an der Grenze angelangt. Da biegt Simon van der Beck mit seinem Transporter um die Ecke, komplett voll. Auch beim Vredener sind es die Beziehungen in die Krisenregion, die ihn auch aktiv haben werden lassen. „Ich bin fast wöchentlich am Nürburgring, nach der Corona-Pause geht dort nun wieder nichts“, berichtet der Motorsportler.
Eigentlich habe er selbst ins Krisengebiet reisen wollen, doch vor Ort sei die Lage enorm unübersichtlich, vor allem was die Annahmestationen angeht. „Deshalb habe ich die Chance über Südlohn gesehen“, so van der Beck, so sei alles gut geordnet. Seinem Facebook-Aufruf waren viele Freunde, Verwandte und Bekannte gefolgt. Ein wenig Geduld bringt er auf – und wird belohnt.
Speditionen und weitere Unternehmen unterstützen unbürokratisch
Denn: Günter Sparwel hat mittlerweile einen weiteren Sattelzug organisieren können – und einen Fahrer. Insgesamt stellen die Speditionen Bruns und Hoeper sowie das Unternehmen Gebrüder Robers ganz unbürokratisch drei Sattelzüge und einen 12,5 Tonner, die vollgepackt Richtung Rheinland fahren sollen. Doch wohin? Günter Sparwel lässt weiter die Drähte glühen, wohl wissend, dass die Kollegen in den Krisengebieten aktuell „ganz andere Sorgen“ haben: „Wenn die Verbindung nach Rheinbach klappt, dann werden wir noch heute aufsitzen.“ Sonst solle es am Sonntag losgehen.

Das Bild des Kirmesplatzes gegen Mittag: Mit diesen Mengen an Hilfsgütern hatte die Jugendfeuerwehr Südlohn nicht gerechnet. © Michael Schley
Auf die Nachwuchskräfte von der Jugendfeuerwehr warten unterdessen Erfrischung, Eis und Sandwiches – völlig verdient. Ein Passant hält an und übergibt einen Schein als Obolus: „Für eure Kasse.“ Nicht der einzige, wie man hört. 31 Mitglieder zählt die Abteilung aktuell – und wer nicht im Urlaub weilt, der packt am Samstag mit an. Mariola Elisabeth Kormann, Lindsay Kate Schibelius, Zoe Temminghoff und Rebecca Zanada sprechen noch kurz eine Dankesbotschaft in die Kamera und schon geht es weiter: Lkw zwei allein für Südlohn rollt an.