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Hochwassereinsatz der Feuerwehr: „Wie in einem Katastrophenfilm“
Hochwasser
Drei Mitglieder der Legdener Feuerwehr waren unweit der Steinbachtalsperre im Einsatz. Sie berichten von surrealen Bildern, brenzligen Situationen und einer plötzlichen Evakuierung.
Natürlich hatten alle die Berichte und Bilder von der Hochwasser-Katastrophe im Fernsehen gesehen. Schon oft haben sie in Einsätzen Keller ausgepumpt und waren zur überörtlichen Hilfe in anderen Orten gewesen, wenn dort Starkregen für Überschwemmungen gesorgt hatte. Aber das, was sie an der Eisatzstelle in der Eifel erwartete, das hatte noch niemand zuvor gesehen oder erlebt. Das schreibt die Feuerwehr in ihrem Einsatzbericht.
Bereits auf der Anfahrt wurde klar, dass die Situation extrem ist. Am Donnerstagmorgen um 10 Uhr wurde der Einsatzleitwagen der Feuerwehr Legden telefonisch alarmiert. Kurze Zeit später machten sich Christoph Blanke, Julian Sprey und Simone Schulze Beikel gemeinsam mit weiteren Kräften aus dem Kreis Borken auf den Weg Richtung Eifel, nachdem sie sich mit den wichtigsten Dingen wie Wathosen, Gummistiefeln und Ersatzkleidung eingedeckt hatten.
Anfahrt mit Hindernissen
Unterwegs hörten sie über Funk, welche Einsatzsituationen die Kameraden vor Ort gerade abarbeiteten. Von verschütteten Personen in Kellern und von einem von der Außenwelt abgeschnittenen Altenwohnheim war die Rede. Alle Einsatzkräfte bereiteten sich auf das Schlimmste vor und merkten schnell, dass die Situation wirklich brenzlig ist.
Die Adresse, die der Feuerwehr als Anlaufpunkt genannt wurde, konnte nicht erreicht werden. Sämtliche Brücken und Zuwegungen waren überschwemmt oder zerstört. Der Verband, bestehend aus neun Feuerwehrfahrzeugen, musste in kleinen Dörfern oder auf überschwemmten Straßen wenden, was mit den großen Fahrzeugen nicht immer leicht ist.
„In einem Dorf rettete eine Search-and-Rescue-Einheit der Bundeswehr mit einem Hubschrauber Menschen, die sich in die oberen Etagen oder auf die Dächer ihrer Häuser gerettet hatten, aber keine Möglichkeit hatten, von dort weg zu kommen“, erzählt Simone Schulze Beikel von den ersten Eindrücken vor Ort.
Über die gesperrte A61 wurde das Ziel dann angefahren. Mitten auf der Autobahn fand die Übergabe mit den Einsatzkräften statt, die seit Mittwochabend im Einsatz waren. Gemeinsam mit Kollegen der Feuerwehr Bottrop wurde der Ort Odendorf erreicht.
Am Nachmittag begannen die Feuerwehrleute aus dem Kreis Borken in einem Straßenzug mit dem Auspumpen von Kellern. Die Straßen waren noch voller Schlamm und Unrat, Möbeln und Haushaltgegenständen, die von der Flutwelle des eigentlich beschaubaren Baches Orbach durch das ganze Dorf gespült worden waren.
Völlig surreale Bilder
Überall standen Autos an den Straßenrändern oder hingen an Brückengeländern oder in der Böschung fest, deren Fahrer von der Flut überrascht wurden. Die Bahnlinie, die mitten durch den Ort führt, war an einigen Stellen unterspült.
„Das sieht aus wie eine Filmkulisse für einen Katastrophenfilm“, resümiert Julian Sprey das Gesehene.
An einigen Häusern konnte der ursprüngliche Wasserstand abgelesen werden. Auch in den Gebäuden war Schlamm teilweise bis in die Schränke gespült worden. Außerdem kaputte Türen, die von den Wassermassen aufgedrückt wurden und vollgelaufene Keller. Ganze Straßenzüge waren gesperrt, weil die Gebäude links und rechts der Straße einsturzgefährdet waren.
Das ganze Dorf war stromlos. Die Bewohner hatten in ihren Häusern kein fließendes Wasser und auch das Handynetz war zusammengebrochen. Die örtlichen Kräfte der Feuerwehr waren seit über 36 Stunden im Einsatz und mehr als dankbar, dass Hilfe kam.
Drohender Dammbruch
Gegen 23 Uhr änderte sich die Situation. Der Damm der nur wenige Kilometer entfernten Steinbachtalsperre drohte zu brechen. Odendorf ist geografisch das am tiefsten gelegenen Dorf hinter der Talsperre. Es musste evakuiert werden. Die Evakuierung wurde durch den Einsatzleitwagen der Legdener Feuerwehr organsiert. Alle Bewohner des Ortes wurden über die Situation informiert und aufgeklärt, wo sie sich aufhalten können, wenn sie nicht zu Freunden oder Verwandten in der Umgebung fahren können.
Auch die Menschen, die immobil waren, wurden von der Feuerwehr zum Sammelplatz gebracht, von wo aus Busse zu den Notunterkünften gefahren sind.
Am frühen Freitagmorgen waren alle Personen in Sicherheit gebracht, die Einsatzstelle wurde an die Bundewehr übergeben, die mit Räumpanzern angerückt war. Alle Einsatzkräfte machten sich müde aber unversehrt und mit Eindrücken, die noch Tage präsent sein werden, auf den Heimweg.