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Krisen schweißen zusammen – Laurence Tenk: „Das gibt es so nur auf dem Land“
Glücksserie
Erst waren es OPs, dann die Flutwelle: Hinter der Mutter von Laurence Tenk liegen zwei schwere Jahre. Warum der erste Lockdown für die Familie ein Segen war, das erzählt die Südlohnerin.
Die Versicherung zahlt. Endlich. Stück für Stück erkennt auch Laurence Tenk Hoffnungsschimmer am Horizont. Seit der Flutkatastrophe im Juli tut die gebürtige Rheinländerin vor Ort in Metternich ihr Bestes, um das Leben ihrer Mutter wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Wie bei ihrem Bruder war auch das Haus der 75-Jährigen unbewohnbar geworden (wir berichteten).
Nun soll das Haus bald verkauft werden, eine Wohnung ist in der Nähe gefunden. Nach zwei sehr schweren Jahren zeigen sich nun mehr und mehr die berühmten Lichter am Ende des sehr langen Tunnels. Dabei spielte auch Corona eine große Rolle, in vielerlei Hinsicht.
Laurence Tenk blickt ins Jahr 2020 zurück. Nach Operationen stand für ihre Mutter eine lange Phase der Rehabilitation zuhause an. Ein erstes Mal war die Südlohnerin gefragt, zu organisieren. „Mein Vater konnte sie nicht mehr betreuen, mein Bruder war ja selbst berufstätig“, erklärt Laurence Tenk. Sie selbst arbeitet im Rheinland, konnte erst nachmittags übernehmen.
Enkelkinder übernehmen die Betreuung
„Da war der erste Lockdown für uns ein Segen“, blickt die Südlohnerin zurück. Eine Aussage, die auf den ersten Blick verblüfft, auf den zweiten aber verständlich wird. Ihre beiden Kinder übernahmen fortan lange einen großen Teil der Betreuung, das Homeschooling machte dies möglich. „Jeder übernahm eine Woche, am Wochenende wurde getauscht“, erinnert sich Laurence Tenk.
Den Unterricht stellte das Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung in Ahaus sicher. „Als die von der Geschichte erfahren haben, waren sie richtig begeistert. Und haben super mitgespielt“, so Laurence Tenk. Im Januar 2021 verstarb dann ihr Vater. Und auf die zweite Corona-Welle folgte die Flutwelle, die auch die Bürger in und um Weilerswist überraschte.

Ergebnis aus unserer „Glücksumfrage" zum Thema wie Corona das persönliche Leben der Südlohner belastet. Die Umfrageergebnisse sind nicht (!) repräsentativ. © MLZ
Ein erstes Mal meinte es das Schicksal dann gut, sofern man in diesen dramatischen Stunden überhaupt davon sprechen konnte. „Zum Glück war meine Schwester vor Ort. So konnte sie meine Mutter in Sicherheit bringen“, berichtete Laurence Tenk im Juli. Reflexartig sei sie dann „runter gefahren“, um Mutter und Schwester nach Südlohn zu holen.
In Metternich kämpfte ihr Bruder mit Familie gleichzeitig gegen die Folgen der Katastrophe am eigenen Haus. Später konnte die Südlohnerin ihre Mutter bei einer Freundin in der Heimat unterbringen. Ein wichtiger Schritt.
Unterstützung gibt es bis heute
Dass auch Corona und die Lockdowns die Menschen enger haben zusammenrücken lassen, das kann Laurence Tenk nur bestätigen. Unterstützung – ob aus Norddeutschland, aus der Heimat oder auch im Dorf selbst – wurde rasch und unbürokratisch organisiert. Gerade in den ersten Tagen habe sie eine enorme Energie gespürt, so Tenk.
Noch heute denkt sie daran zurück, wie das Team des Salons von Anna Eismann aus Stadtlohn Estrich stemmte, an das Team von Elektro Sparwel oder an den Südlohner Stammtisch, der das Heft selbst in die Hand nahm. Zuhause organisierte die Jugendfeuerwehr erste Hilfstransporte für die Region, ihr Arbeitgeber hielt ihr den Rücken frei.
Sie selbst kämpfte fortan auch mit den bürokratischen Hürden – daran verzweifelt ist sie bis heute nicht. Auch nicht, als das lange Warten auf Antworten der Versicherung anstand. So geht es vielen in der Region – bis heute. Und ohne Antworten und Freigaben der Versicherungen gibt es keinen Baufortschritt. Bei vielen lägen die Nerven blank, berichtete die Südlohnerin im Dezember noch.

Ergebnis aus unserer „Glücksumfrage" zum Thema wie Corona das persönliche Leben der Südlohner belastet. Die Umfrageergebnisse sind nicht (!) repräsentativ. © MLZ
Nun aber hat man eine Einigung mit der Versicherung getroffen. Und das schafft Perspektiven. Das Haus wird nun verkauft, „es ist einfach auch zu groß für meine Mutter“, betont Laurence Tenk. In Metternich eine Wohnung zu finden, sei aber ausgeschlossen aktuell.
Neue Wohnung schafft neue Perspektiven
Und so meinte es das Schicksal noch ein weiteres Mal gut mir den Tenks. Über Kontakte eines Bekannten der Mutter fanden sie nun eine passende Bleibe in Zülpich. Damit hat sich ihre Mutter arrangieren können. „Sie hat mit dem Haus abgeschlossen, will nun auch wieder ihr eigenes Leben führen“, berichtet die Südlohnerin.
Und wieder kann sie auf Hilfe aus der Heimat bauen. Denn: Neben Wohnungen sind auch Handwerker in der Region derzeit kaum zu bekommen. Am Freitagmorgen verlegte zum Beispiel der Südlohner Andreas Bone in der künftigen Wohnung Laminat. „Das alles geht ohne Freunde nicht“, hat Laurence Tenk diese in der schweren Zeit noch einmal mehr schätzen gelernt.
Und sie schiebt nach: „Das gibt es so nur auf dem Land.“ Dabei wirft sie den Blick auch immer wieder auf die Dorf-Whatsapp-Gruppe, die weiter Bestand hat und die Menschen zusammenhält. Die Nachbarschaftshilfe lebt auf.

Ergebnis aus unserer „Glücksumfrage" zum Thema wie Corona das persönliche Leben der Südlohner belastet. Die Umfrageergebnisse sind nicht (!) repräsentativ. © MLZ
Für ihre Mutter hätte nun eine Kur angestanden, doch diese musste wegen eines Corona-Falls auf März verschoben werden. „Dann haben wir ein wenig Zeit, gemeinsam die Wohnung einzurichten“, sagt Laurence Tenk, die bald auch „Untermieterin“ unter der Woche werden wird. Dass diese mitten in der Stadt liege und barrierefrei ist, sei „einfach klasse“.
Gemeinsamer Jahreswechsel hat gutgetan
Nach den zwei schweren Jahren konnte die Familie zwischen den Jahren einmal durchatmen. 2020 hatten sich die drei Kinder der Mutter coronabedingt auf die drei Weihnachtsfeiertage aufgeteilt. „Im vergangenen Dezember haben wir sie zu uns nach Südlohn geholt“, sagt Tenk. So wie in den ersten Tagen nach der Flutkatastrophe. Ihr Bruder habe ja auch sein Haus verloren, ihre Schwester wohne zu weit weg.
Weihnachten und Silvester wurde zusammen gefeiert, dann ging es noch in den Skiurlaub. „Da ist sie richtig aufgeblüht.“ Auch Laurence Tenk ist anzumerken, dass die kommenden Schritte leichter werden als die in den vergangenen zwei Jahren.