In der Krise hätten sich eine enorme Solidarität und ein großer Zusammenhalt entwickelt, weiß Laurence Tenk (r.) zu berichten.

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Laurence Tenk zur Flutkatastrophe: „Bei vielen liegen die Nerven blank“

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Fast exakt fünf Monate ist die Flutkatastrophe im Rheinland nun her. Die Südlohnerin Laurence Tenk erlebt die Schicksale in Metternich hautnah mit und kennt die Probleme beim Wiederaufbau.

Südlohn

, 26.12.2021, 07:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

„Bei vielen liegen die Nerven blank.“ Auch gut fünf Monate nach der Flutkatastrophe ist für Laurence Tenk noch kein echtes Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Noch lange nicht. Im Juli war die Südlohnerin umgehend vor Ort, um ihre Mutter und ihren Bruder in Metternich (Weilerswist) zu unterstützen (wir berichteten). Zurück in ihre stark beschädigten Häuser können beide bis heute nicht – und auch ist noch nicht absehbar, wann dieser Zeitpunkt kommen wird. Dafür gibt es viele Gründe – und einen besonderen.

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„Vieles hängt an den Versicherungen“, so Laurence Tenk. Diejenigen, die nicht versichert gewesen seien, hätten gar Hab und Gut verkaufen müssen. „Das Ganze belastet körperlich und seelisch, viele sind immer noch traumatisiert“, weiß die geborene Rheinländerin zu berichten.

Der Blick in den Garten des Hauses des Bruders von Laurence Tenk zeigte im Juli die Dimensionen der Flutkatastrophe in Weilerswist-Metternich. An eine Rückkehr in die Häuser sei noch lange nicht zu denken.

Der Blick in den Garten des Hauses des Bruders von Laurence Tenk zeigte im Juli die Dimensionen der Flutkatastrophe in Weilerswist-Metternich. An eine Rückkehr in die Häuser sei noch lange nicht zu denken. © privat

Zwei Monate war Laurence Tenk nach der Katastrophe ständig vor Ort in Metternich. „Vier Wochen wurde alles ausgeräumt“, spricht Laurence Tenk für an die 300 Hausbesitzer, egal wie viel Wasser aus dem Swistbach in Keller oder Erdgeschoss gestanden habe. Dann wurden Estrich und Putz gestemmt. „Ich höre heute noch die Hämmer“, sagt sie. Alles erst mal Grobarbeiten.

Viele warten auf Antworten der Versicherungen

Viel habe sich seitdem nicht getan. Viele warteten auf Antworten der Versicherungen, vorher könnten sie nicht vorankommen. „Solange diese die Angebote und Gewerke nicht freigeben, sind einem die Hände gebunden.“ Die Handwerker stünden in der Warteschleife und würden dann natürlich auch mal andere Aufträge vorziehen. „So verschiebt sich alles nach hinten.“ Die Anstrengung ist Laurence Tenk im Telefonat anzumerken, ein „Nervenspiel“.

Gerade in den ersten Wochen konnten Laurence Tenk (6.v.l.) und Familie auf große Unterstützung bauen, wie hier vom Team Trendwände aus Großefehn in Ostfriesland.

Gerade in den ersten Wochen konnten Laurence Tenk (6.v.l.) und Familie auf große Unterstützung bauen, wie hier vom Team Trendwände aus Großefehn in Ostfriesland. © privat

Ihre Mutter hat eine vorübergehende Bleibe bei einer Freundin in Metternich gefunden, im Oberdorf, das weitgehend verschont geblieben ist von der Flut. „Das klappt sehr gut, aber die Freundin ist auch schon 80“, berichtet die Südlohnerin. Sie selbst sei bei einem Freund in Stotzheim im Kreis Euskirchen untergekommen.

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Von dort pendelt sie nach Bonn zur Arbeitsstelle und zur Mutter, zum Beispiel für Arztbesuche. Ein ständiger Rhythmus. „Im Januar schauen wir mal, wie es weitergehen kann. Ob meine Mutter eine eigene Wohnung bezieht oder wir uns etwas zusammen suchen“, blickt Laurence Tenk voraus.

Überörtliche Hilfe nach und nach ab

Wie ist es um die Unterstützung bestellt? „In den ersten zwei Wochen war sie ja omnipräsent“, berichtet die Südlohnerin. Dann sei die Hilfe – gerade die überörtliche – rapide zurückgegangen. Sie selbst hätten noch auf große Unterstützung aus der Heimat in Südlohn bauen können, bis Ende Juli auch noch auf ein „tolles Team“ aus Ostfriesland. Ebenso in Metternich geholfen habe das Team von Anna Eismann aus Stadtlohn. „Sonst hätten wir es nicht geschafft, dafür sind wir so dankbar.“

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Laurence Tenk erinnert sich an eines von vielen Problemen: Da im Keller des Hauses der Mutter erst noch Öl abgepumpt werden musste, konnte der Schutt erst nach einer Woche abtransportiert werden. „Alle anderen bekamen das zunächst kostenlos, meine Mutter musste später dafür zahlen“, so Tenk. Insgesamt sei viel aus dem Ahrtal berichtet worden, doch an Swist und Erft seien die Schicksale ähnlich groß gewesen. „Wenn ich nur an die Kreisstadt Euskirchen denke“, betont Laurence Tenk.

Aus Stadtlohn war das Team von Anna Eismann nach Metternich gereist, um zu helfen.

Aus Stadtlohn war das Team von Anna Eismann nach Metternich gereist, um zu helfen. © privat

Abgerissen werden mussten alle beschädigten Fertighäuser, allen anderen sei gesagt worden, dass sie irgendwann in ihre Häuser zurück könnten. Doch das hänge nun vor allem an den Antworten und Angeboten der Versicherungen. Und dies mit Blick auf die Situation am Bau und auf die explodierenden Baukosten. „Einfach anstrengend.“

Abschalten an den Feiertagen und ein Besuch in der Heimat

Über Weihnachten feiert Laurence Tenk mit ihrer Mutter gemeinsam mit der Familie in Südlohn, dann geht es in den Skiurlaub. „Dorthin, wo sie Papa damals kennengelernt hat“, sagt Laurence Tenk erfreut. Einige Freunde von damals seien noch dort vor Ort.

Das Haus der Mutter von Laurence Tenk ist bis heute nicht bewohnbar.

Das Haus der Mutter von Laurence Tenk ist bis heute nicht bewohnbar. © privat

Wie in jeder Krise habe auch diese etwas Gutes gebracht – wenn man bei den großen Schicksalsschlägen einzelner davon überhaupt sprechen könne: „Diesen Zusammenhalt in der Nachbarschaft, den gab es so vorher nicht.“ Über eine Whatsapp-Gruppe werde auch heute noch schnelle Hilfe geleistet, auch gebe es sogar eine Dorf-Gruppe.

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Vor zwei Wochen sei in der Nachbarschaft gar eine kleine Weihnachtsfeier organisiert worden, „mit Glühwein und Suppe und allem, was dazugehört“, erzählt Laurence Tenk. Die kommenden Feiertage und der Urlaub würden ihrer Mutter guttun, ist die Südlohnerin überzeugt. Dann werde gemeinsam weitergekämpft …