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Dichter mit Nazi-Hintergrund: Soll Wagenfeldstraße umbenannt werden?
Wagenfeldstraße
Münster hat die Wagenfeldstraße wegen des erwiesenen Nazi-Hintergrundes von Dichter Karl Wagenfeld umbenannt. Sollte Südlohn folgen? Die Wahl fiel auf eine andere Alternative. Wie in Ahaus.
Die Rolle des Dichters Karl Wagenfeld im Nationalsozialismus gilt als umstritten. Die SPD-Fraktion ist davon überzeugt, dass man diese nicht mehr nur als „umstritten“ bezeichnen kann. Es gebe schließlich konkrete Belege. Entsprechend möge die Verwaltung der Gemeinde Südlohn prüfen, ob der Name Wagenfeldstraße im Ortsteil Oeding „noch zeitgemäß ist oder gegebenenfalls umbenannt werden sollte“. Mit diesem Antrag beschäftigte sich der Rat am Mittwoch, letztlich wurde der Verwaltung ein alternativer Auftrag erteilt.
Auszüge aus dem „Lexikon Westfälischer Autorinnen und Autoren“ der Literaturkommission des LWL belegten die umstrittene Rolle Karl Wagenfelds. Dort charakterisierte der westfälische Autor und Publizist Rainer Schepper 1990 Wagenfelds Menschen- und Weltbild unter anderem als jenes, das „der Nationalsozialismus unter anderem zur Errichtung seiner Ideologie vom Herrenmenschen und Untermenschen benutzte“.
Münster benennt um, Ahaus bringt Hinweistafeln an
Die Stadt Münster habe 2012 die dortige Wagenfeldstraße in Robert-Blum-Straße umbenannt, im Wesentlichen mit der Begründung, „... dass Wagenfeld sich aus voller Überzeugung, nicht aus opportunistischen Gründen, dem NS-Regime angedient hat.“ Weitere Städte und Gemeinden zogen nach.
Keine Umbenennungen gab es hingegen zum Beispiel in Ahaus. Dort wurde beschlossen, aufklärende Ergänzungen zu den Straßenschildern anzubringen. In Emsdetten, Ibbenbüren und Laer wurde der Name beibehalten, allerdings nach Wilhelm Wagenfeld, dem berühmten Bauhaus-Designer. Das scheine der SPD-Fraktion nicht angemessen zu sein, da die bisherige Wagenfeldstraße im schon so benannten „Dichterviertel“ liegt und entsprechend mit Karl Wagenfeld in Verbindung gebracht werde.
Wichtig sei es vor allem, die Anwohner mit ins Boot zu nehmen, betonte Sabrina Späker zur Anregung einer möglichen Umbenennung. In der Beschlussvorlage hatte die Verwaltung bereits auf einen Abwägungsprozess verwiesen: Es liege zum einen im öffentlichen Interesse, „dass Menschen, die aktiv menschenverachtende Ideologien vertreten haben, posthum nicht noch durch entsprechende Straßenbenennungen geehrt werden“. Demgegenüber stehen aus Sicht der Verwaltung die Mühen und Kosten der Anlieger, die in Zusammenhang mit einer Umbenennung stünden. Zum Bespiel bei Änderungen im Fahrzeugschein.
WSO: Viele Namensgeber haben „gewisse Historie"
Für die WSO ergriff Maik van de Sand das Wort: „Wir sehen die Thematik sehr schwierig. Die Frage ist: Wo fangen wir an und wo hören wir auf?“ Letztlich müsse man alle Straßennamen auf dieser Grundlage prüfen. Namentlich wies er auf die Robert-Bosch-Straße mit „gewisser Historie“ des Namensgebers hin. Erklärende Hinweistafeln anzubringen, würde man bevorzugen. „Wir können die Historie nicht ändern, wir dürfen sie aber nicht vergessen“, erklärte er dazu. Und: Aus der Nachbarschaft selbst habe er noch keine Reaktion vernommen.
Dieter Valtwies (UWG) nahm den Faden auf. Er sehe einen Anlass nur geboten, wenn die Anfrage aktiv von den Anliegern komme: „Dann müssen wir uns damit beschäftigen.“ Für eine in der Beschlussempfehlung angedachte Anwohnerversammlung sehe er keinen Bedarf, erklärte Michael Schichel (CDU). Josef Eiting (FDP) erinnerte noch einmal an die Folgekosten, die bei Namensänderung auf die Anwohner zukommen könnten: „Änderungen darf es nur aus triftigem Grund geben.“
Bürgermeister nimmt Arbeitsauftrag mit
Letztlich übernahm Barbara Seidensticker-Beining noch einmal für die SPD: „Wenn alternativ eine erklärende Hinweistafel angebracht würden, dann bräuchte es keine Namensänderung.“ Dann könne der Antrag entsprechend auch umformuliert werden. Diesen Arbeitsauftrag nahm Bürgermeister Werner Stödtke dann für die Verwaltung mit. Das wäre dann ein Anfang, andere Kommunen hätten es vorgemacht.
„Folgen weitere Anfragen, dann können wir uns damit nach und nach beschäftigen“, ergänzte Jörg Schlechter (FDP). Das wäre dann auch eine Aufgabe für den Kulturausschuss, sagte Thomas Rathmer (CDU).