
© Markus Gehring
Coronavirus schlug vor einem Jahr zu – die Sorgen sind noch immer da
Coronavirus
Gut ein Jahr ist es her, da berichteten wir über Familie Doods. Alle hatten den Coronavirus, Dieter Doods lag tagelang im Krankenhaus. Eine Zeit voller Sorge. Wie geht es den Südlohnern heute?
Im April vor einem Jahr war die Redaktion bei Familie Doods in Südlohn zu Besuch. Seinerzeit waren sie 5 von 26 Einwohnern der Gemeinde, die sich mit dem Coronavirus infiziert hatten. Es war der Anfang einer langen Pandemie-Zeit, viel war noch nicht bekannt über das tückische Virus. Um Dieter Doods Leben bangte die Familie damals tagelang, er musste im Krankenhaus mit Sauerstoff versorgt werden.
Es war eine Zeit voller Sorge. Jetzt, gut ein Jahr später, sind die Sorgen nicht gewichen. Dieter und Sandra Doods und auch die jüngste Tochter Katie sind alles andere als fit. Spätfolgen der Coronainfektion? Die Drei können es sich nicht anders erklären, und die Symptome sind auch typisch: Ihnen fehlt die Luft. Anstrengungen machen sich sofort mit Kurzatmigkeit bemerkbar.
Dieter Doods, der wegen eines Rückenleidens auf schwere Schmerzmedikamente angewiesen ist und sich nur schlecht bewegen kann, fragt sich bis heute, ob ihn der Virus damals wegen seiner Vorerkrankung so hart erwischt hat. Die Atemnot erwischte ihn heftig. Als er wieder zuhause war, war es kurz besser. Nur ein paar Tage nach dem Redaktionsbesuch aber musste er wieder ins Krankenhaus: „Verdacht auf Lungenembolie“, sagt der 54-Jährige und schüttelt leicht mit dem Kopf.
Weitere Wochen des Bangens und der Sorge
Wieder Wochen des Bangens und der Sorge für Dieter und Sandra Doods sowie ihre drei Töchter Pia, Emily und Katie. „Wir sind ja eigentlich ganz gut durchgekommen“, blickt Sandra Doods für sich und ihre Tochter auf die Zeit der Infektion zurück. Auch wenn sie selbst fünf und eine ihrer Töchter acht Wochen in Quarantäne waren – wegen andauernder positiver Tests. Aber sie hatten einen relativ leichten Krankheitsverlauf.
„Wochen später fing das dann an mit den Luftproblemen“, erinnert sich Sandra Doods. Beim Treppensteigen kamen auch die vier Frauen der Familie außer Atem. Bei Dieter Doods verschlechterte sich die Kondition auch wieder. Beim Besuch der Redaktion erinnern sich Sandra, Dieter und Katie Doods an einen Ausflug, bei dem ihnen ihr Zustand noch mal deutlich vor Augen geführt wurde.
„Wir sind einen Tag nach Holland ans Meer gefahren. Die Luft dort würde uns gut tun, haben wir gedacht“, erzählt Dieter Doods (54). Nach dem Strandspaziergang mussten sie dann die Steigung vom Strand hoch zum geparkten Auto. „Da kamen wir alle nicht mehr hoch“, erinnert sich Sandra Doods noch immer ungläubig. „Wir haben uns alle da hingesetzt oder gelegt. Die Leute haben sich gefragt, was wir da eigentlich machen.“
Katie war sportlich fit – und dann war eine Steigung zu viel
Katie erinnert sich: „Da musste ich fast hochkrabbeln. Und dann war das noch so weit bis zum Auto...“ Die heute Elfjährige war vor der Coronainfektion Leistungsturnerin beim SV Weseke, „sie konnte 100 Liegestütze machen“, betont ihre Mutter. Jetzt wird es langsam besser mit Katies Atemnot, auch wenn sie beim Schulsport schon zweimal aufgeben musste, weil es nicht mehr ging. Aber ihr Ziel ist: „Ich will wieder turnen.“ Der Sport hat ihr gegen ihr Asthma geholfen. Da will sie wieder hin.
Ausflüge sind aktuell überhaupt nicht denkbar bei Familie Doods. Spazieren gehen wäre schon schön. Dieter Doods versucht es manchmal, dann hat er ein Messgerät dabei, das den Sauerstoffgehalt misst, wenn er nicht mehr weiter kann. Manchmal nach 400 Metern. „Der Wert ist dann eigentlich ganz ok, aber ich fühle mich, als wenn ich vom Lkw überrollt wurde“, beschreibt er. „Das normale Leben findet nicht mehr statt“, fasst Sandra Doods zusammen.
Corona: Man sollte die Gefahr ernst nehmen
Dass es Leute gibt, die behaupten, es gebe kein Corona – die Drei schütteln nur mit dem Kopf. Man sollte die Gefahr ernst nehmen. Gleichzeitig erleben sie Reaktionen von Menschen, die glauben, dass sie Corona nicht ernst nehmen: Alle drei haben wegen ihrer Atemproblematik ärztliche Bescheinigungen, dass die keine FFP2-Masken tragen können. Das sorgt hier und da für Diskussionen. „Ich kriege keine Luft unter der Maske. Hier im Ort, wo sie mich kennen, geht das“, sagt Dieter Doods über die Reaktionen der Menschen.
Ein anderes Thema für ihn ist der Rehasport, der in NRW nicht angeboten werden darf. Den brauchte er wegen seines Rückenleidens dringend, Dieter Doods kann diese Corona-Regelung nicht so richtig nachvollziehen. Nun kann er Physiotherapie bekommen. Aber mit Maske?
Ab Treppenstufe drei „Beton an den Füßen“
Es klingelt, Sandra Doods geht kurz zur Tür und ist hörbar außer Atem, als sie wieder oben ist. Ab der dritten Treppenstufe, erzählt sie, fühle es sich an, als habe sie Beton an den Füßen. „Oma holt mit ihren 72 Jahren die Wäsche aus dem Keller“, sagt Dieter Doods. Oma Moni und Opa Peter, die Eltern von Sandra Doods, sind „der Fels in der Brandung. Wenn wir die nicht hätten“, sagt die Südlohnerin. Die Familie ist dankbar für die Unterstützung.
Die 49-Jährige kann jetzt wieder als Erzieherin arbeiten. 375 Tage hatte sie der Betriebsarzt „außer Gefecht gesetzt“ wegen ihres Asthmas und Corona. „Jetzt kann ich auch wieder ans Kind“, sagt sie lächelnd. Vorher war nur Büroarbeit möglich. Als Erzieherin hat die Südlohnerin die Impfung hinter sich, ihr Mann wartet noch drauf. „Wenn ich Glück habe, bald“, sagt er. Beide müssen nur einmal geimpft werden, weil sie den Virus hatten.
Ob sie dann als Geimpfte mehr Freiheiten haben? Sandra Doods winkt ab. „Wir sind viel zu Hause. Das normale Leben findet für uns nicht mehr statt“, sagt sie mit Blick auf die gesundheitlichen Einschränkungen ihres Mannes. Alles, was für andere selbstverständlich ist, geht sowieso nicht. Die Corona-Spätfolgen für sie selbst kommen dazu. „Wir sind müde“, fasst Sandra Doods zusammen.