Oedinger Bauunternehmer Hubert Epping (58) war als „Hoffnungsbauer“ in Kenia

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Oedinger Bauunternehmer Hubert Epping (58) war als „Hoffnungsbauer“ in Kenia

rnHilfseinsatz für „Habitat for Humanity“

Harte Arbeit und überwältigende Eindrücke: Der Oedinger Bauunternehmer Hubert Epping war für die Hilfsorganisation „Habitat for Humanity“ als „Hoffnungsbauer“ am Äquator.

Südlohn

, 12.10.2019, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Er weiß gar nicht wo er anfangen soll zu erzählen. Bei der schweißtreibenden Arbeit, bei den Kindern mit den großen Augen, bei den Gesängen der Menschen, ihrer Dankbarkeit, ihrem Lächeln, ihrer Empathie.

Die Eindrücke, die Hubert Epping aus acht Tagen in Kenia mitgebracht hat, sind so nachhaltig, so groß, so überwältigend, dass ihm mitunter die Augen feucht werden. „In Kenia habe ich viel geweint“, gesteht er ein. Und er hat viel gelernt. „Asanteni“, zum Beispiel: „Danke“ in der Landessprache Suaheli.

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Der Südlohner Bauunternehmer war mit einem 24-köpfigen Team der Hilfsorganisation „Habitat for Humanity“ in dem kleinen Dorf Nanyuki am Äquator, wo gemeinsam ein Haus für eine Frau mit mehreren Kindern gebaut wurde.

Mit Steinen aus Lehm, ohne Maschinen und ohne Hilfsfahrzeuge, nur mit dem Werkzeug, dass die Helfer im Gepäck hatten und ihren bloßen Händen.

„Die Hoffnungsbauer“

„Wir waren abends total kaputt, aber auch glücklich“, erzählt der 58-Jährige. „Ich habe Maurer gelernt“, sagt er. „Darum weiß ich ja, wie es geht.“ Dennoch sei es körperlich eine riesige Herausforderung gewesen. „Die Hoffnungsbauer“ nennt sich die Initiative, der Epping sich anschloss, um die Hilfsorganisation zu unterstützen.

Fachleute aus der Bau- und Immobilienbranche haben sich dort zusammengetan, um mit dem Bau von Häusern und Brunnen in einer Region die Not zu lindern, die mit klimatischen Extremen wie Dürre und Regenzeit, aber auch mit den Auswirkungen der HIV-Epidemie zu kämpfen hat.

Hubert Epping denkt schon weiter. Kaum zurück, hat er eine Gießform für Betonsteine gebaut, die den Aufbau der Dachkonstruktion bei den vom Helferteam gebauten Häusern erleichtern soll.

Hubert Epping denkt schon weiter. Kaum zurück, hat er eine Gießform für Betonsteine gebaut, die den Aufbau der Dachkonstruktion bei den vom Helferteam gebauten Häusern erleichtern soll. © Christiane Nitsche

„In der Regenzeit steht da alles unter Wasser“, erklärt Hubert Epping, während er Fotos von notdürftig zusammengezimmerten Wellblechhütten zeigt. „Da müssen die Frauen nachts die Kinder hochhalten.“

Brunnen und Häuser

Neben einem Brunnen hat die Initiative nun zwei feste Häuser aus Stein in Nanyuki fertiggestellt, eins für eine 71-Jährige, eines für eine 26-jährige Frau.

„Beide haben Kinder, aber auch Waisenkinder, um die sie sich kümmern müssen“, so Epping. An männlicher Unterstützung mangelt es nicht nur aufgrund kultureller Probleme, sondern auch durch die Nachwehen der HIV-Krise.

Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt in Kenia laut Deutschem Ärzteblatt bei 46 Jahren. „Ohne Aids läge sie bei 65“, stellen die Mediziner fest.

Epping: „Da ist eine ganze Generation von 25 bis 50 Jahren weggestorben.“ Hieraus erklärt sich auch eines der Prinzipien der Hilfsorganisation: Die neuen Häuser werden grundsätzlich auf den Namen der Frau eingetragen.

Demut lernen

Die Frauen in Nanyuki haben Hubert Epping extrem beeindruckt mit ihrer Leidensfähigkeit und ihrem Durchhaltevermögen. „Man weiß gar nicht, was die da alles leisten.“ Und sie haben ihn Demut gelehrt.

Gute Stimmung herrschte bei den „Hoffnungsbauern“.

Gute Stimmung herrschte bei den „Hoffnungsbauern“. © privat

„Da macht man sich auch Gedanken, wie viel Privilegien man hat“, sagt er, „allein dadurch, dass man hier geboren wurde“. Er könne nur jedem jungen Menschen empfehlen, einen solchen freiwilligen Einsatz zu machen.

„Dann sieht man die Welt ein bisschen anders.“ Allein die Eindrücke von der Einweihung des jüngst fertiggestellten Brunnens wirken emotional stark nach.

„Das können Sie sich nicht vorstellen“, sagt er: „Kinder, die zum ersten Mal in ihrem Leben fließend Wasser sehen.“ Wieder bekommt er feuchte Augen.

Mit Schippe und Schiebkarre

Damit ist er nicht allein. Im Chat-Kontakt der Reisegruppe werde sich immer noch rege ausgetauscht. „Die Teilnehmer leben alle noch nach“, nennt er das. In seinem Team seien Führungskräfte von großen Unternehmen gewesen, erzählt Hubert Epping.

„Alle haben mitgezogen, auch die Einheimischen.“ Unterstützt und angeleitet von lokalen Vorarbeitern schaufelten, hackten, schleppten und mauerten die Frauen und Männer, „alles mit Schippe und Schiebkarre“.

Selbst die Steine, die vor Ort aus Lehm gepresst und luftgetrocknet werden, mussten von Hand zu Hand weitergegeben werden, um sie an Ort und Stelle zu bringen. Im Nut-und Feder-System wurden sie dann im Trockenbauverfahren verarbeitet.

Machete und Handfeger

Obwohl der Baustoff optimal ist für die Klimaverhältnisse vor Ort, machen die Steine doch auch Probleme. Geschnitten werden sie mit der Machete, wobei immer wieder Steine kaputt gehen.

Außerdem sind sie mit zehn bis elf Kilo pro Stück nicht nur sehr schwer, sie sind auch sehr porös, weshalb sie bei der Verarbeitung immer wieder abgebürstet werden müssen, um Unebenheiten zu vermeiden.

Bei der Pause gab es ein kühles Getränk für Hubert Epping.

Bei der Pause gab es ein kühles Getränk für Hubert Epping. © privat

An Handfeger habe er indes nicht gedacht, als er seine beiden Koffer mit persönlichem Werkzeug und Kleidungsspenden für die Einheimischen vollgepackt habe, erzählt Epping kopfschüttelnd.

Im Geiste arbeitet Epping schon an der Liste für nächstes Mal - „wenn man sich diese Reisigbesen anguckt, mit denen die das machen müssen“. Wieder Kopfschütteln.

Ein Koffer in Kenia

Sein Werkzeug, die Kleidung und einen Koffer hat Hubert Epping dagelassen. Wohl auch ein Stück seines Herzens. Denn für ihn steht fest, dass er wieder hin will, um weiterzubauen.

Den zweiten Koffer brauchte er noch: Lachend schlägt Epping mit der flachen Hand auf den Stein, der auf dem Tisch vor ihm liegt. „Der musste mit, das war mir wichtig.“

Und noch etwas ist ihm wichtig: Weiterdenken. „So ein Haus kostet 10.000 Euro“, erklärt er. „Wir sollten denen die Möglichkeit geben, die noch etwas günstiger zu machen.“

So hat er - kaum zuhause - eine Gießform gebaut, um aus Beton U-Steine zu fertigen, die die komplizierte Konstruktion, die bislang zur Montage der Dachkonstruktion dient, ersetzen sollen. „Die können die dann vor Ort aus Beton gießen“, erklärt er.

Schweiß und Glück

Seine Frau habe ihm grünes Licht gegeben, lacht er. Er werde seine Urlaubsaktivitäten im nächsten Jahr runterfahren, stattdessen gehe es nach Kenia.

„Ich habe da jede Menge Schweiß reingebracht, aber es hat so viel Spaß gemacht“, sagt Hubert Epping. „So viel Glück kann man gar nicht beschreiben.“

„Habitat for Humanity“

  • Habitat for Humanity wurde 1976 in Americus im US-Bundesstaat Georgia aus einer persönlichen Initiative eines sehr wohlhabenden Ehepaars heraus gegründet: Der Rechtsanwalt Millard Fuller und seine Frau Linda waren mit 29 Jahren bereits mehrfache Millionäre, als sie eine radikale Lebenswende vollzogen.
  • Denn während sie finanziell immer reicher wurden, litten die Gesundheit, das Sozialleben und auch ihre Ehe. Auf der Suche nach einer sinnvollen Lebensaufgabe entschieden sich dazu, ihren gesamten Besitz zu verkaufen und Geld an bedürftige Menschen zu spenden.
  • Schließlich stießen sie auf die „Koinonia Farm“, eine Gemeinschaft in der Nähe von Americus, die auf verschiedene Weise christliche Werte in die Praxis umsetzte. Gemeinsam mit dem Koinonia-Gründer Clarence Jordan riefen sie Hausbauprojekte für Familien ins Leben, die in miserablen Verhältnissen lebten.
  • Bereits dieser Ursprung des späteren Konzeptes von Habitat for Humanity beruhte auf den Werten Eigenleistung, Nachbarschaftshilfe, Freiwilligen-engagement und Finanzierungsfonds: Die Häuser wurden für einkommensschwache Menschen gebaut, ohne dass Gewinn damit erzielt wurde.
  • Von den zukünftigen Hausbesitzern wurde erwartet, dass sie ihre Arbeitskraft für den Bau ihres eigenen Hauses, aber auch derer für Familien in ihrer Nachbarschaft einsetzten. Auf diese Weise wurden die Kosten des Neubaus minimiert, der Stolz über ein Eigentum gefördert und zusätzlich positive Beziehungen zwischen den Menschen innerhalb einer Gemeinschaft unterstützt.
  • Das Geld, mit dem die Familien in kleinen Schritten ihr neues Zuhause abbezahlten, floss wiederum direkt in einen revolvierenden Fonds, aus dem dann mehr und mehr solcher Häuser gebaut werden konnten.
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