Dies ist die Geschichte vom Glück auf sieben Quadratmetern, das mit einer Hiobsbotschaft begann. Eine Geschichte von der weiten Welt. Von einer Lebensreise. Dies ist die Geschichte von Jenni (29) und Felix (34). Von Hund Emma (13). Und von Seppl the Van. So heißt der alte DRK-Einsatzwagen, der schon lange das Zuhause von Jenni und Felix ist.
Anfang Februar hat Felix Fischer auf dem Hof Hying in der Stadtlohner Bauerschaft Almsick den Zündschlüssel des alten Mercedes-Transporters umgedreht. Lautstark tuckernd nimmt der Diesel Fahrt auf. Auf dem Beifahrersitz winkt seine Frau Jenni Fischer. Als Jennifer Hying ist sie in Almsick aufgewachsen. Die beiden strahlen vor Glück. Sie gehen auf große Reise. Sie soll Jahre dauern.

Und viele Tausend Menschen werden Jenni und Felix begleiten, ohne jemals ihre Nachnamen zu wissen. Tag für Tag lassen die beiden mit vielen Fotos und kurzen Videos ihre Follower auf Instagram (www.instagram.com/seppl.the.van) an ihrem Leben teilhaben. „Das ist unsere Arbeit“, sagt Felix. „Damit finanzieren wir einen Teil der Reisekosten“, sagt Jenni.
Zeit für einen Rückblick: 2019. Jenni und Felix leben in Münster ein ganz normales Leben in einer 90 Quadratmeter großen Wohnung. Sie arbeitet als Heilerziehungspflegerin, er als Gesundheits- und Krankenpfleger. Und die beiden schmieden Pläne für eine Hochzeitsreise. „Wir hatten vorher noch nie eine längere Auszeit genommen. Darum haben wir nicht Flitterwochen geplant, sondern ein Flitterjahr. Dafür konnten wir ein Jahr unbezahlten Urlaub bekommen.“

Dann kam Corona. Aus der geplanten Fernreise wurde nichts. „Wir haben überlegt, was wir stattdessen machen können. Da sind wir auf den Van-Urlaub gekommen“, erzählt Jenni.
Sieben Monate lang bauten die beiden immer am Wochenende einen Transporter (Renault Master) zum Wohnmobil aus. „Handwerklich hatte ich keine Ahnung. Wir sind bei Null angefangen. Youtube-Videos haben uns geholfen“, sagt Felix. Im Juli 2021 gingen die beiden mit Seppl the Van I, dem Vorgänger von Seppl the Van, auf große Fahrt.

Über die Balkanroute führte die Reise nach Griechenland, per Fähre nach Italien, auf dem Landweg nach Spanien, dann wieder mit der Fähre nach Fuerteventura. „Das Freiheitsgefühl war einfach grandios“, sagt Felix. „Wir haben so viele Menschen kennengelernt.“ Und spätestens in Griechenland kam noch etwas anderes hinzu. „Wir haben uns in Seppl richtig zu Hause gefühlt. Das war kein Urlaub mehr, das war das Leben. Und es wurde immer besser“, sagt Jenni.
Doch das Reiseglück wurde jäh durch eine Nachricht gestört. „Unsere schöne Wohnung in Münster, an der unser Herz hing, wurde uns wegen Eigenbedarfs gekündigt“, sagt Felix. „Ich habe erstmal geheult“, sagt Jenni. Doch auf dem Schmerz wuchs ein anderer Gedanke: „Wir haben es als Zeichen genommen. Seppl ist unser neues Zuhause.“

Aber es musste ein neuer Seppl her. Einer, in dem Felix auch aufrecht stehen kann. Mit einem Bett, in dem er sich richtig ausstrecken kann. Und eine Dusche fehlte auch. Die beiden kehrten heim, lösten ihre Wohnung auf, verkauften ihr Mobiliar und parkten in Almsick ihren Seppl I und kauften sich einen größeren Seppl II, den Mercedes 508, um ihn auszubauen.
Auf Instagram hatten sie schon auf ihrer ersten Reise viele Zuschauer gefunden. Nun begleiteten fast 12.000 Follower den Umbau und die Vorfreude von Jenni und Felix auf ihre große Reise ohne Ziel und Enddatum. „Wir finanzieren die Reise zum Teil mit Instagram-Werbeeinnahmen, zum Teil mit Erspartem. Wir werden sehen, wie lange es reicht“, sagt Felix. Erstes Ziel ist Spanien. „Wir wollen einige Monate auf den Balearen bleiben“, sagt Jenni.

Dass sie schon seit anderthalb Jahren 24 Stunden am Tag auf engstem Raum zusammenleben, ist für die beiden kein Problem. Ihre Instagram-Stories zeigen zumeist ein fröhliches Paar. „Und wir lügen auf Instagram nicht“, sagt Felix. „Ich liebe Jenni wirklich wie am ersten Tag.“ Jenni nickt und lacht. Und die ältere Hundedame Emma ist glücklich, tagein tagaus mit Felix und Jenni zusammen zu sein.
Natürlich, sagt Felix, gebe es auch mal Stress. „Dann kommt es auf die richtige Streitkultur an.“ Aber auch auf kleinem Raum kann man sich in Ruhe lassen. Enge ist auch nicht das Thema von Jenni und Felix. „Wir lieben die Freiheit“, sagen beide.

Und die ist umso größer, je weniger Ballast die beiden mit sich herumtragen. „Wir haben nur wenige Dinge. Und doch entdecken wir immer noch etwas, das überflüssig ist.“ Aber haben die beiden ohne festes Einkommen und ohne Besitz keine Existenzängste? Vermissen sie nichts?
„Natürlich denken wir auch darüber nach, wie es weitergeht“, sagt Jenni. „Und ich weiß jetzt schon, dass wir unsere Freunde, unsere Verwandten, die beiden Nichten und den Neffen vermissen werden.“ Materiell müsse man sich aber keine Sorgen machen. Felix sagt: „Wir haben einen deutschen Pass. Wir können immer zurück. Und wir haben Berufe, in denen wir sofort wieder eine Arbeit finden würden. Also: Was haben wir denn zu verlieren?“
Aber heimkehren ist erst einmal kein Thema. Seppl, der 33 Jahre alte Transporter, war ein DRK-Einsatzfahrzeug und hat erst 50.000 Kilometer gelaufen. Jetzt lernt er die Welt kennen. Mit Felix am Steuer, Jenni auf dem Beifahrersitz und Emma in der Kuschelecke.
Diesen Artikel haben zuerst im Februar 2023 veröffentlicht.
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