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Vergewaltigungs-Prozess: Die Mühlen der Justiz mahlen viel zu langsam!
Meinung
Erst nach dreieinhalb Jahren verhandelt das Landgericht die mutmaßliche Vergewaltigung einer Minderjährigen durch einen Stadtlohner. Kein Ruhmesblatt für die Justiz, findet unser Redakteur Nils Dietrich.
Dreieinhalb Jahre sind eine lange Zeit – auch in der Strafverfolgung. Dreieinhalb Jahre sind auf jeden Fall eine zu lange Zeit, um einen schweren Tatvorwurf wie die Vergewaltigung einer Minderjährigen vor Gericht zu bringen. Diese immense Verzögerung ist objektiv nicht nachvollziehbar. Das räumte auch der Richter ein: „Das Verfahren hat leider immer wieder hinten angestanden.“
Wie sehr eine solche lange Zeitspanne der Wahrheitsfindung hinderlich ist, zeigte sich im Gerichtssaal. Sämtliche Zeugen führten Gedächtnislücken an, manche waren gar verwundert, dass doch noch ein Prozess stattfindet. Der Anwalt der Verteidigung sprach gar von „mangelndem Strafverfolgungsinteresse“.
Am schwierigsten aber ist die quälende Langsamkeit der Justiz für das mutmaßliche Opfer, das seinerzeit 14 Jahre alt war. Vor Gericht musste sie sich nach der langen Zeit und einer abgeschlossenen Therapie einer ausgiebigen und für sie schmerzhaften Befragung unterziehen. In deren Zuge konnte sie ihre vor dreieinhalb Jahren getätigten Aussagen nicht mehr vollumfänglich bestätigen, womit sich die Position des Angeklagten deutlich verbessert.
Die Verzögerung des Prozesses hat hier möglicherweise handfeste Auswirkungen – für alle Beteiligten. In jedem Fall ist die Vorgeschichte des Prozesses kein Ruhmesblatt für die Justiz!