
Unter anderem in diesem Internetcafé an der Bahnhofstraße in Ahaus beging ein 41-jähriger Stadtlohner kinderpornografische Straftaten. Der Internetcafé-Inhaber schaltete die Polizei ein. © Stefan Grothues
Stadtlohner wollte Nacktbilder von einer vermeintlichen Fünftklässlerin
Kinderpornografie
Er glaubte mit einer Fünftklässlerin zu chatten und verlangte Nacktbilder. Wegen dieser und anderer kinderpornografischer Straftaten stand am Freitag ein 41 Jahre alter Stadtlohner vor Gericht.
Ein 41 Jahre alter Stadtlohner ist am Freitag vom Schöffengericht in Ahaus zu einer zweijährigen Haftstrafe wegen des versuchten sexuellen Missbrauchs eines Kindes und wegen des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischer Bilder verurteilt worden. Vor zehn Jahren war er schon einmal wegen des Besitzes von kinderpornografischen Bildern zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.
Ins Gefängnis muss er nicht. Auch dieses Mal wurde die Strafe zur Bewährung ausgesetzt, nicht nur weil der Stadtlohner alle Taten umfassend gestand und Reue zeigte. Er räumte auch seine pädophilen Neigungen offen ein. Mit Hilfe seine Anwalts bemühe er sich bereits um eine Sexualtherapie. „Ich habe eingesehen, dass ich das alleine nicht schaffe“, erklärte der Angeklagte.

Auch auf dem Handy des 41-jährigen Stadtlohners fand die Polizei kinderpornografische Inhalte (Symbolfoto). © picture alliance/dpa
Das erkannte der Vorsitzende Richter an: „Ich habe in letzter Zeit viele Verfahren, in denen es um Kinderpornografie geht. Sie sind der erste, der offen zu seinen Neigungen steht, schonungslos alles einräumt und eine Therapie will.“ Schon bei der Vernehmung durch die Polizei habe der Angeklagte mehr eingestanden, als ihm nachzuweisen war. „Für mich klingt das fast wie ein Schrei nach Hilfe“, sagte der Vorsitzende Richter.
Der Angeklagte hatte im Februar dieses Jahres per Smartphone mit einer vermeintlichen Fünftklässlerin gechattet. Er nannte das Mädchen „geile Maus“, verlangte Nacktbilder und forderte es zu sexuellen Handlungen an sich selbst auf. Tatsächlich erhielt der Stadtlohner kinderpornografische Bilder. Seine vermeintliche Chatpartnerin aber war ein erwachsener Mann. Das allerdings stellte sich erst später heraus.
Angeklagter dachte, sein Opfer wäre zehn oder elf Jahre alt gewesen
„Ich habe aber wirklich gedacht, dass ich mit einem Mädchen gechattet habe“, gestand der Angeklagte. Und das war nicht das einzige Mal, wie er sagte. „Ich habe mehrfach mit Mädchen gechattet. Nur manchmal hatte ich den Verdacht, dass erwachsene Männer dahinter stecken.“
Dass das im auch im angeklagten Fall so war, ergaben später die polizeilichen Ermittlungen. Sie wurden ausgelöst durch weitere kinderpornografische Straftaten, mit denen der Angeklagte im März 2022 in einem Internetcafé an der Bahnhofstraße in Ahaus auffiel. Ein anderer Kunde beobachtete, dass der Angeklagte offenbar kinderpornografische Bilder betrachtete. Der Internetcafé-Inhaber schaltete die Polizei ein.
Video zeigte die Vergewaltigung eines Kindes
Eine Untersuchung des Computers und eine Hausdurchsuchung in Stadtlohn brachten dann mehrere kinderpornografische Straftaten ans Licht. Neben dem Chat mit dem vermeintlichen Mädchen hatte der Angeklagte auch mit Erwachsenen kinderpornografische Bilder ausgetauscht. Auf einem Video war die Vergewaltigung eines Kindes zu sehen.
Schlimmer noch: In einem Chat mit einem Mann, der behauptete, „Zugriff auf ein Kind“ zu haben, forderte der Stadtlohner seinen Chatpartner auf, das Kind zu vergewaltigen. Vor Gericht beteuerte der 41-Jährige: „Das war nur eine Fantasie. In Wirklichkeit könnte ich so etwas nie tun.“
Richter: Kopfkino kann echtes Leid auslösen
„Das ist naiv“, hielt ihm der Vorsitzende Richter entgegen. „Bei Ihnen mag das Kopfkino sein. Aber sie wissen ja nicht, mit wem Sie chatten und welches Leid das auslösen könnte, wenn Sie einen Unbekannten so befeuern.“ Der Angeklagte, ein gelernter Kaufmann, der heute in einem anderen Beruf arbeitet, erklärte kleinlaut: „Ja, das war nicht richtig. Es war falsch.“
Nach dem ersten Verfahren vor zehn Jahren hatte der Stadtlohner nach eigenen Angaben keinen Computer mehr zuhause, um nicht erneut straffällig zu werden. „Ich habe gedacht, ich schaffe das.“ Nach seinen Angaben wurde er erst 2021 rückfällig. Einen Auslöser oder Grund konnte er nicht benennen. Aber nun verbrachte er viel Zeit im Internetcafé, manchmal bis zu zehn Stunden am Tag.
Staatsanwalt forderte Verzicht auf Bewährung
„Was wir heute hier verhandeln ist nur die kleine Spitze eines Eisbergs“, sagte der Vorsitzende Richter. Diese Formulierung griff auch der Staatsanwalt auf, der die Gefahr des realen Missbrauchs von Kindern durch die Chats hervorhob. Er plädierte auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten ohne Bewährung. Der Verteidiger forderte angesichts des umfassenden Geständnisses und der Therapiebereitschaft eine anderthalbjährige Bewährungsstrafe.
Die drei Schöffenrichter verhängten am Ende eine zweijährige Freiheitsstrafe, die für drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt wird. Neben der Sexualtherapie gehören auch 150 Sozialstunden zu den Bewährungsauflagen. In der Urteilsbegründung betonte der Vorsitzende Richter, dass es auch „sehr gute Gründe“ gegeben hätte, der Forderung des Staatsanwaltes zu folgen.
„Es besteht aber die begründete Hoffnung, dass eine Therapie weitere Straftaten verhindert. Dann besteht eine Chance auf eine positive Sozialprognose. Im Gefängnis aber würde es voraussichtlich keine Therapie geben“, so der Vorsitzende Richter. Zum Angeklagten sagte er: „Es ist Ihre letzte Chance. Wenn Sie noch einmal rückfällig werden, dann werden Sie für mehr als vier Jahre ins Gefängnis müssen. Daran geht dann kein Weg vorbei.“
Sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt
- Das Strafgesetzbuch stellt sexuellen Missbrauch von Kindern auch im Internet ohne Körperkontakt mit dem Kind unter Strafe. Der Strafrahmen reicht von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
- Auch wenn es sich nur um ein „Scheinkind“ handelt, also einen Erwachsenen, der vorgibt ein Kind zu sein, droht eine Strafe. Der Versuch ist in den Fällen strafbar, „in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind“, so heißt es im Paragrafen 176a.