Stadtlohner ärgert sich über Steuer auf selbst produzierten Solarstrom für Eigenverbrauch

© Stefan Grothues

Stadtlohner ärgert sich über Steuer auf selbst produzierten Solarstrom für Eigenverbrauch

rnEnergiewende

Bernhard Nitschke (81) will den Klimaschutz nicht allein den Jugendlichen überlassen. Er hat schon vor Jahren in eine Photovoltaikanlage investiert. Er fühlt sich aber vom Staat ausgebremst.

Stadtlohn

, 30.01.2020, 04:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der Klimaschutz bewegt viele Jugendliche. Und Bernhard Nitschke. Der 81-jährige Stadtlohner sagt: „Schon lange vor Greta wollten wir was fürs Klima tun.“

Als Lehrer hätten er und seine Frau Helga den Schülern schon immer das Thema Nachhaltigkeit nahebringen wollen. 2012 ließen die Nitschkes eine 6,65-kW-Photovoltaikanlage auf das Dach eines Nebengebäudes in der Bauerschaft Almsick installieren.

„Will man die Energiewende verhindern?“

Acht Jahre später hält Bernhard Nitschke seinen Steuerbescheid in den Händen und schüttelt den Kopf: „Was sind denn das für Gesetze? Das ist für Solarwillige kontraproduktiv. Will man die Energiewende verhindern? Wie bei den Windrädern?“ Was den 81-Jährigen ärgert, sind die Abgaben und Steuern, die er für den selbsterzeugten Strom zahle, den er selber nutzt.

4523 Kilowattstunden hat Bernhard Nitschke im vorvergangenen Jahr klimafreundlich mit seiner Solar-Paneele erzeugt. Davon hat er etwas mehr als die Hälfte an den örtlichen Stromversorger SVS verkauft. Die Einspeisevergütungen legt das Erneuerbare-Energien-Gesetz fest. Damit kann Bernhard Nitschke leben. „Wir sind jetzt Gewerbetreibende“, sagt er. Dass er auch steuerlich so behandelt wird, ist für ihn selbstverständlich.

„Papierkrieg sondergleichen“

Was den 81-Jährigen aber wurmt, sind die Kosten für den selbstverbrauchten Solarstrom: „Ich zahle also für den eigengenutzten Strom aus meiner eigenen Solaranlage EEG-Umlage, Netzentgelt, Offshore-Haftung, Sonderumlage für entgangene Erlöse, Förderung der Kraft-Wärmekopplung, Stromsteuer, Konzessionsabgabe, Umlage für abschaltbare Lasten... Und dann muss ich für das Ganze noch Umsatz- und Einkommenssteuer bezahlen. Der Finanzminister freut sich über sprudelnden Steuereinnahmen – kein Wunder!“

Jetzt lesen

Zuerst habe er sich über den Finanzbeamten geärgert und Widerspruch eingelegt. Nachdem er einen Steuerberater hinzugezogen hat, sagt er nun: „Ich habe den Widerspruch zurückgezogen. Die Finanzbeamten handeln korrekt nach dem Gesetz. Das Gesetz ist das Problem.“ Und die Bürokratie beschere ihm einen Papierkrieg sondergleichen. Eine Beteiligung an einem Windpark, so Nitschke, sei lukrativer und einfacher.

Engagiertes Ehepaar mit der Stadtplakette geehrt

Dabei scheut Bernhard Nitschke vor schwierigen Aufgaben nicht zurück. Über 30 Jahre war er mit seiner Frau Helga unermüdlich im Einsatz bei Hilfsprojekten in Ghana. Das Ehepaar war der Motor für Hilfeleistungen im Gesamtwert von 1,9 Millionen Euro, für den Bau und Einrichtung von über 20 Schulen und vieles mehr. Für dieses Engagement wurden die Nitschkes 2016 mit der Stadtplakette der Stadt Stadtlohn ausgezeichnet.

SVS-Geschäftsführer empfiehlt gründliche Beratung

„Die Bestimmungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sind tatsächlich kompliziert“ sagt Thomas Spieß, Geschäftsführer der SVS-Versorgungsbetriebe. Den Einzelfall möchte er nicht kommentieren. Jeder Fall müsse sehr individuell betracht werden. Er rät daher allen, die in die Photovoltaik investieren möchten, sich von den Anbietern und vom Steuerberater gründlich beraten zu lassen.

Bernhard Nitschke sagt, seine Photovoltaikanlage sei finanziell ein Nullsummenspiel. Er habe das Gefühl, dass der Gesetzgeber das ganze Verfahren „vorsätzlich verkompliziere – wie ein Geist der stets verneint“.

Bernhard Nitschke denkt jetzt über Insellösung nach

Entmutigen lassen aber will er sich von steuerlichen und bürokratischen Hürden nicht. „Ich bin in Berlin aufgewachsen. Da habe ich die Luftbrücke miterlebt. Darum habe ich ein starkes Autonomiebedürfnis“, sagt Bernhard Nitschke. Jetzt denkt er weiter in Sachen Klimaschutz: „Ich überlege, ob ich hier mit meinem Speicher eine Insellösung schaffen kann und nur noch dann Strom vom Versorger beziehe, wenn ich selber keinen produzieren kann.“