
© Markus Gehring
Stadtlohn begräbt nach mehr als 40 Jahren seine Umgehungsstraßen-Pläne
Verkehrsbelastung
Stadtlohns Politiker haben Abschied von den Umgehungsstraßen-Plänen genommen. Weder die Ost- noch die Westvariante werden weiterverfolgt. Wenningfeld aber kann auf eine Entlastung hoffen.
Das nennt man wohl eine Beerdigung dritter Klasse: Die Umgehungsstraßen-Pläne für Stadtlohn sind jetzt von der Politik zu Grabe getragen worden – einmütig, ohne große Debatte und am Ende wohl auch ohne allzu große Trauer. Letztlich haben sich alle Fraktionen zu der alten Indianerweisheit durchgerungen: „Wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab.“
Verwaltung wollte Westumgehung noch nicht aufgeben
Einstimmig hat der Wirtschaftsförderungs-, Infrastruktur- und Stadtentwicklungsausschuss (Wisa) am Dienstagabend beschlossen, die Planungen sowohl für die Ost- wie auch für die Westumgehung aufzugeben. Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, für die Westumgehung eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Fachbereichsleiter Mathias Pennekamp sprach von einer „Entscheidung mit besonderer Tragweite“.
Viele Jahrzehnte verbanden sich mit dem Bau einer West- oder Ostumgehung die Hoffnung, die Ortsdurchfahrt, vor allem die Mühlen-, Graben- und Eschstraße, vom Autoverkehr zu entlasten. Mal wurde die Westumgehung favorisiert, mal die Ostumgehung. Und es gab auch den Vorschlag, beide Umgehungen zu bauen. Die Grünen waren die ersten, die sich schon vor fünf Jahren klar gegen den Bau der Umgehungen positionierten, während CDU, SPD, UWG und FDP noch Jahr für Jahr Planungsmittel im Haushalt bereithalten wollten.
Auch am Dienstag eröffnete Christian Nienhuis von den Grünen die Aussprache mit einem klaren Bekenntnis: „Wir stimmen einer Westumgehung nicht zu. Sie wäre mit einem enormen Eingriff in die Natur verbunden und würde ganze Landschaftsbilder zerstören.“ Die geplante Westumgehung hätte beginnend vom Kreisverkehr Vredener Straße / Weerseloer Straße) am Friedhof vorbei einen Bogen zur Mühlenstraße nördlich der Dieks Kuhle geschlagen – und dabei auch das Berkeltal gekreuzt.
„Feldschlösschenbrücke für Stadtlohn“
„Das ist FFH-Gebiet, hochwertiger geht Naturschutz nicht. Das ist gar nicht umsetzbar“, erklärte Otger Harks (SPD). Dieser Brückenschlag, so Harks, wäre „eine Feldschlösschenbrücke für Stadtlohn“. In Dresden hatte der Bau der Feldschlösschenbrücke zu Aberkennung des Weltkulturerbe-Status‘ geführt. Otger Harks erklärte klipp und klar: „Wir sind gegen die Westumgehung.“
Cäcilia Völker (CDU) sah das auch so: „Die Westumgehung ist ein Ding der Unmöglichkeit. Kosten und Nutzen stehen in keinem Verhältnis.“ Damit spielte sie auf die Gutachtererkenntnis an, dass eine Westumgehung die Stadt nur von 5000 Autos täglich entlasten würde. Cäcilia Völker setzte auf andere Zukunftsperspektiven. „E-Autos bedeuten künftig weniger Lärm. Und der neue Kreisverkehr Mühlenstraße/Pfeifenofen verbessert den Verkehrsfluss.“ Über 13.000 Autos passieren täglich diesen Knotenpunkt.
Von der Ostumgehung hatten Gutachter schon 2019 aus verkehrlichen, städtebaulichen und auch ökologischen Gründen abgeraten. Darum hatte die Verwaltung jetzt in ihrem Beschlussvorschlag auch empfohlen, diese Planungen aufzugeben. Dieser Empfehlung stimmten alle Fraktionen zu.
Neue Entlastungsstraße im Gewerbegebiet West
Ein neues Straßenbauprojekt will der Wisa-Ausschuss aber vorantreiben. Einstimmig beauftragten die Politiker die Verwaltung, eine Verbindungs- und Erschließungsstraße im Gewerbegebiet West zu planen. Sie wird als Verlängerung der von-Ardenne-Straße geführt, quert den Schützenweg und die Hölderlinstraße und führt über den Prozessweg zur Vredener Straße (K24).
Verkehrsexperten erwarten eine deutliche Entlastung der Wirtschaftswege von gewerblichem Schwerverkehr. Auch die Anwohner der Eichendorffstraße in Wenningfeld könnten davon profitieren. Die Kosten für eine Machbarkeitsstudie mit verschiedenen Trassierungsalternativen betragen rund 26.000 Euro.