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Röntgenambulanz soll in Stadtlohn Anlaufstelle nach kleineren Unfällen sein
Krankenhausschließung
Das Kind fällt von der Schaukel, das Knie blutet. Müssen Stadtlohner nach der Krankenhausschließung auch bei kleinen Unfallverletzungen nach Ahaus fahren? Es gibt eine andere Perspektive.
Die Notfallversorgung bei kleineren Unfällen oder leichten Verletzungen muss in Stadtlohn auch nach der Krankenhausschließung gesichert sein. Das haben am Dienstagabend Stadtlohns Politikerinnen und Politiker gefordert. Das Klinikum Westmünsterland zeigt Perspektiven auf, kann aber nichts versprechen.
2024 gehen im Stadtlohner Krankenhaus die Lichter aus. Vor gut zwei Wochen hat die Ankündigung der Krankenhausschließung viele Stadtlohnerinnen und Stadtlohner „geschockt“, so formulierte es Bürgermeister Berthold Dittmann am Dienstagabend in einer Sondersitzung des Rates, in der sich die Geschäftsführung des Klinikums Westmünsterland und des Krankenhauskuratoriums Maria-Hilf den Fragen der Politiker stellten.

Am Dienstagabend hat sich der Rat der Stadt Stadtlohn mit den Folgen der Krankenhausschließung befasst. © Stefan Grothues
Erwin Plate (UWG) formulierte ganz alltagsnah die „größte Sorge vieler Stadtlohner“: „Wenn ein Kind von der Schaukel fällt und das Knie blutet, dann darf man den Eltern eigentlich nicht zumuten, bis zum Krankenhaus nach Ahaus fahren zu müssen.“ Für solche Fälle müsse doch ein Röntgengerät in Stadtlohn zur Verfügung stehen. „Aber kein Arzt in Stadtlohn hat so ein Gerät. Das muss es aber weiterhin vor Ort geben“, so Erwin Plate.
„Wir wollen die Möglichkeit zum Röntgen in Stadtlohn anbieten“
Das solle auch so sein, erklärte Ludger Hellmann, Sprecher der Geschäftsführung des Klinikums Westmünsterland. „Die Notfallversorgung in Stadtlohn liegt uns sehr am Herzen. Die Räume und Technik können wir zusagen.“ Geschäftsführer Holger Winter ergänzte ganz konkret: „Wir wollen die Möglichkeit zum Röntgen in Stadtlohn anbieten. Die Infrastruktur ist ja da. Wir streben eine Kooperation mit einem Radiologen an.“
Hellmann und Winter schränkten aber ganz klar ein: Es könnte nur ambulante Röntgenuntersuchungen ohne stationäre Notaufnahme geben. Hellmann: „Eine stationäre Aufnahme wird nur in Ahaus möglich sein.“ Und: Das ambulante Angebot in Stadtlohn kann nicht an sieben Tagen die Woche und nicht rund um die Uhr vorgehalten werden.
„Wir können uns die Bewilligung nicht selber geben“
Ob es aber überhaupt zu diesem ambulanten Angebot kommen wird, ist noch ungewiss. Ludger Hellmann: „Es gibt Faktoren, die wir als Klinikum nicht in der Hand haben. Wir brauchen Mediziner und wir brauchen die Zustimmung der Kassenärztlichen Vereinigung. Aber alles, was im Rahmen des KV-Systems möglich ist, wollen wir tun.“ Holger Winter: „Wir können uns die Bewilligung nicht selber geben. Darum können wir auch nichts versprechen.“
Zum Auftakt der Sondersitzung hatten Ludger Hellmann und Holger Winter noch einmal die gesundheitspolitischen Hintergründe für die Schließungen der Krankenhausstandorte des Klinikums Westmünsterland in Stadtlohn und Vreden erläutert. Kostendruck, massiver Investitionsstau, Fallpauschalen und Fachkräftemangel seien wichtige Gründe für den Schritt gewesen.

Die Abteilungen des Krankenhauses Maria-Hilf in Stadtlohn werden in den Jahren 2022 bis 2024 sukzessiv nach Ahaus, Borken und Bocholt verlegt. © Markus Gehring
Holger Winter: „Nicht jeder kann alles, nicht jeder darf alles. Wir müssen uns auf unsere Stärken konzentrieren.“ Das bedeute für den Nordkreis die Konzentration auf den Standort Ahaus. Ludger Hellmann: „Wir schließen ja nicht, wir verlegen. Wir schränken die Leistungen nicht ein. Und es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen. Aber ich weiß auch: Die Aufgabe der beiden somatischen Krankenhausstandorte tut weh.“
Mobilitätsfrage muss geklärt werden
Wie aber sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig zu ihrem Arbeitsplatz in Ahaus gelangen? „Sie als Arbeitgeber stehen in der Pflicht, gemeinsam mit der RVM (Regionalverkehr Münsterland) Lösungen zu finden“, erklärte Reinhold Dapper (SPD). Ludger Hellmann sagte Gespräche mit der RVM zu. Holger Winter schränkte ein: „Wir wollen eine gute Anbindung. Aber wir können nicht den Öffentlichen Personennahverkehr selbst gestalten.“
Im Rückblick auf die letzten zwei Wochen seit Bekanntgabe der Schließungsabsichten sprach Erwin Plate von „verloren gegangenem Vertrauen“. Reinhold Dapper zweifelte, ob ausreichend über Alternativen nachgedacht worden sei. Er sagte aber auch: „Die Logik der Entscheidung ist richtig. Die Lösung ist tragbar.“
Bürgermeister Dittmann: „Die Entscheidung war unvermeidbar“
Bürgermeister Berthold Dittmann nannte die Entscheidung des Klinikums „am Ende unvermeidbar“. Sein Vorgänger Helmut Könning trug die Entscheidung als Vorsitzender des Krankenhauskuratoriums Maria-Hilf mit. „Die Entscheidung war für das Kuratorium nicht einfach. Aber wir haben auch unsere Verantwortung für das gesamte Klinikum gesehen.“
Angelika Kessels (FDP) erklärte lakonisch: „Das Thema ist durch. Wir sollten uns jetzt nicht mehr mit der Vergangenheit beschäftigen.“ Sie mahnte an, dass die Notaufnahme im Ahauser Krankenhaus leistungsfähig gestaltet werden müsse, wenn sie künftig von mehr Patienten aufgesucht werde. „Es darf kein Chaos und keine langen Wartezeiten geben.“ Holger Winter verwies auf die geplante Erweiterung.
Richard Henrichs (Grüne) fragte nach der Nachhaltigkeit des Telemedizinischen Kompetenzzentrums, das auf dem Gesundheitscampus Maria-Hilf in Stadtlohn angesiedelt werden soll. „Wie lange wird es in Stadtlohn bleiben? Wird es vielleicht schon wieder in drei, vier Jahren abgebaut?“
Mathias Redders, der Initiator, zeigte sich optimistisch: „Das wird kein Kurzzeitprojekt.“ Ludger Hellmann schränkte ein: „Es gibt viele Spieler im Gesundheitssystem. Es gibt keine Garantie für ein Telemedizinzentrum auf Dauer.“
Keine Garantie gibt es auch für den Fortbestand des Therapiebades im Krankenhaus, nach der Kirsten Voßkamp fragte. Holger Winter: „Das Bad ist ziemlich sanierungsbedürftig. Wir müssen noch schauen, ob wir das weiter betreiben können.“