Stadtlohn bietet Radfahrern und Wanderern eine neue, spannende Route. Heinz Niestegge, der zweite Vorsitzende des Stadtlohner Heimatvereins, hat in den letzten Tagen fleißig geschraubt. Schließlich sollten alle Infotafeln stehen, damit die neue Rad- und Wanderroute R1623 pünktlich zum 1. Mai eingeweiht werden kann.
„Der 1. Mai ist ja im Münsterland der hohe Feiertag der Radfahrer“, sagt Mathias Redders vom Trägerverein des Kultur- und Integrationszentrums. Das KISZ, der Stadtlohner Heimatverein und das SMS-Stadtmarketing haben das Projekt gemeinsam auf die Beine gestellt. Anlass ist der 400. Jahrestag der Schlacht im Lohner Bruch.

Stadtlohn ist ja längst Radfahrstadt. Der R1 zum Beispiel, der Europaradwegklassiker, führt von hier aus über Tausende Kilometer nach Berlin und St. Petersburg. Der neue R1623 kommt dagegen über Stadtlohns Stadtgrenze nicht hinaus. Aber er führt geradewegs in die Vergangenheit, 400 Jahre zurück, zu dem Tag, als Stadtlohn im Mittelpunkt der europäischen Geschichte stand.
Am 6. August 1623 tobte vor den Toren Stadtlohns eine der blutigsten Schlachten des Dreißigjährigen Krieges. 15.000 Reiter und über 40.000 Infanteristen waren beteiligt. Mit Musketen, Lanzen und Schwertern richteten sie ein Blutbad an. In nur wenigen Stunden verloren Tausende von Soldaten ihr Leben.

Auf einer Strecke von 11,5 Kilometern führt die „Route 1623“ über das historische Schlachtfeld. Start ist am Gedenkstein am Düwing Dyk. Hier erinnert die erste von insgesamt zehn aufwendig gestalteten Informationstafeln an den Anmarsch der Armeen. Die Truppen der katholischen Liga unter Tilly setzten den Einheiten Christan von Braunschweigs nach.
Die Route 1623 führt zunächst über einen Wirtschaftsweg zur zweiten Station in Wendfeld. Die alten Flurbezeichnungen Blotkamp, Blotfeld und Pulverkuhlen sprechen für sich. Die Infotafeln dort zeigen alte Kupferstiche und Gemälde, die Schlachtordnung und typische Musketiere und Pikeniere des 17. Jahrhunderts.
Blutbad an der Kalterbrücke
Radfahrer und Wanderer queren dann wieder den Düwing Dyk. Es geht weiter über die Russenstraße auf das östliche Schlachtfeld in Almsick. Hier tobten erbitterte Kämpfe. Bei seiner Flucht musste Christian von Braunschweig seine gesamte Artillerie zurücklassen.
Am Engpass Kalterbrücke stauten sich die flüchtenden Soldaten Christians. Hier kam es zu einem Blutbad, das die große westfälische Dichterin Annette von Droste-Hülshoff in ihrem Epos über die Schlacht im Lohner Bruch so beschrieb: „Und ein Gemetzel nun begann, So trieb es nie ein braver Mann.“
Pulverexplosion in der Stadt
Die Zeitreise führt dann ins Stadtgebiet: zur Hilgenbergkapelle, wo Tilly nach der gewonnenen Schlacht ein Gebet sprach, zur Dufkampstraße, wo es am Tag nach der Schlacht zu einer gewaltigen Pulverexplosion kam. Wieder starben Menschen, die St.-Otger-Kirche wurde beschädigt.
Die nächste Station am Kultur-, Heimat- und Integrationszentrum KISZ erinnert an den Westfälischen Frieden, der vor 375 Jahren den großen europäischen Krieg beendete. An der Mühlenbrücke wird in den nächsten Wochen noch die Skulptur „Krieg – Flucht – Frieden“ des Stadtlohner Künstlers Norbert Then aufgestellt.
Finale mit 15.000 Figuren
Von dort nähern sich Radfahrer und Wanderer dem Ziel der Route 1623, das unweit des Startpunkts liegt: Am Landhaus Eichenhof hat die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff das letzte Wort. Und im Eichenhof vermittelt das Diorama mit 15.000 Figuren sowie eine Ausstellung mit originalen Fundstücken vom Schlachtfeld weitere anschauliche Eindrücke. Die Ausstellung ist samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet – und natürlich auch am 1. Mai.
Martin Auras, Geschäftsführer des SMS-Stadtmarketings, nennt die Verwirklichung der Route „ein großes Gemeinschaftswerk“ von Heimatverein, KISZ, Stadtmarketing, Bauhof und vielen Unterstützern und Sponsoren. Mathias Redders hob das Ehrenamt besonders hervor: „Ohne Heimatverein wäre das ganze Projekt nicht gelaufen.“
Digitaler Routenplaner
Der Vorsitzende des Heimatvereins und Stadtarchivar Ulrich Söbbing hat die reich bebilderten Informationstafeln gestaltet. „Ich hoffe, dass mit der neuen Radroute das Schlachtfeld wirklich ‚erfahrbar‘ wird“, sagt Ulrich Söbbing.
Für die bessere Orientierung werden auf der Strecke in den nächsten Wochen noch Richtungspfeile angebracht. Schon in den nächsten Tagen ist die Route auch beim digitalen Routenplaner Komoot zu finden. Das Faltblatt mit der Route 1623 gibt es unter anderem beim SMS im Haus Hakenfort oder im KIZS an der Eschstraße 23. Weitere Informationen gibt es auch per QR-Code auf den Infotafeln oder unter Tel. 0173 5724976.
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