
© Markus Gehring
Mit Auto angefahren: Er ging nicht ans Telefon, da drehte sie durch
Eifersuchtsdrama
Beziehungsstreitigkeiten können überaus wilde Blüten treiben. Wenn die Gefühle in Wallung sind, steht die Vernunft schon mal hintenan. Mit einem kuriosen Fall hatte jetzt das Amtsgericht zu tun.
Der anfängliche Vorwurf gegen die Angeklagte deutete zunächst in eine ganz andere Richtung: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr. Dahinter, das zeigte sich recht schnell, verbarg sich ein Eifersuchtsdrama mit einigen Irrungen und Wirrungen.
Aber der Reihe nach: Es war der 9. Juli vergangenen Jahres, als das Unheil seinen Lauf nahm. „An dem Tag haben wir uns gestritten, wir wollten reden, bevor er zur Arbeit muss“, erklärte die 42-Jährige vor Gericht. Also machte sie sich wutentbrannt aus Hengelo, wo sie lebt, auf nach Stadtlohn. Dort lebt und arbeitet ihr seinerzeitiger Lebensgefährte.
„Gas- und Bremspedal verwechselt“
Der hatte an diesem Tag um sieben Uhr morgens Dienstbeginn. Tatsächlich schaffte es die Frau, noch an der Arbeitsstelle ihres Lebensgefährten rechtzeitig anzukommen. Was dann passierte, zeigen die Aufnahmen einer Überwachungskamera: Der Mann fährt auf einem Fahrrad die Straße entlang, dann kommt ein Auto von hinten angefahren und schneidet ihm den Weg ab. Er kann gerade noch zur Seite ausweichen und fällt dabei.
„Ich war total im Stress, habe Gas- und Bremspedal verwechselt“, verteidigte sich die Angeklagte. „Wenn ich ihn wirklich hätte treffen wollen, hätte ich ihn von hinten angefahren. Das war ein Unfall.“
An dieser Version äußerte der Richter direkt Zweifel: „Auf dem Video sieht es schon absichtlich aus.“ Die Angeklagte blieb bei ihrer Version: „Ich war unter Stress und wollte vor ihm da sein.“
Angeklagte flieht erst und ruft dann die Polizei
Auch ihr Verhalten nach dem Vorfall wirft Fragen auf. Sie sei dann aus dem Auto gestiegen und habe sich nach dem Befinden des Opfers erkundigt. Der habe gesagt, es sei alles in Ordnung. Der Chef ihres Lebensgefährten, der von der Sache Wind bekommen hatte, bestand hingegen darauf, die Polizei hinzuzuziehen.
Die Kuriositäten gingen weiter. Die Frau entfernte sich von der Unfallstelle („Ich habe Panik bekommen“) und rief dann von unterwegs selbst die Polizei an. Sie benötige Hilfe wegen ihres eifersüchtigen Freundes. Zur Beziehung will sie im Gericht nichts sagen, das sei privat.
Bei der Polizei anders erzählt
Der ehemalige Lebensgefährte hingegen hat bei der Polizei etwas vollkommen anderes zu Protokoll gegeben: Es habe immer wieder Ärger gegeben wegen der Eifersüchteleien seiner damaligen Partnerin.
An besagtem Tag habe er am frühen Morgen drei Anrufe der Angeklagten bekommen, diese aber nicht angenommen. Und dann habe die Frau ihn absichtlich angefahren. Vor Gericht wird er diese Aussage nicht wiederholen und stattdessen auf die Unfall-Theorie seiner Ex verweisen.
Genutzt hat es am Ende nichts. „Das passt alles nicht“, hielt der Richter der Angeklagten vor. Die blieb auch nach einer Sitzungsunterbrechung und einem Gespräch mit ihrem Rechtsbeistand bei ihrer Darstellung.
Das Gericht sieht es anders
Das führte letztlich zu einer weiteren, nicht minder kuriosen Situation: Verteidigung und Staatsanwaltschaft forderten einhellig eine Verurteilung zu 30 Tagessätzen wegen fahrlässiger Körperverletzung.
Das sah das Gericht allerdings anders: Die Kammer verurteilte die mehrfach vorbestrafte Angeklagte zu einer Strafe von einem Jahr und drei Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Die Strafe wird zunächst zur Bewährung ausgesetzt.
„Wir sind sicher, dass Sie den Unfall absichtlich herbeigeführt haben“, erklärte der Richter in der Urteilsbegründung. „Es ist Ihr Pech, dass es das Video gibt. Sie waren auf dem Gaspedal und die Lenkbewegung ist eindeutig.“