Michele Gasperini vom Eiscafé San Vito in Stadtlohn macht sich viele Gedanken rund um die Coronavirus-Lage

© Till Goerke

Michele Gasperini vom Eiscafé San Vito zur Corona-Krise: „Das ist doch eine Katastrophe!“

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Der Schüleraustausch mit San Vito ist abgeblasen. Stadtlohns Partnerstadt ist vom Coronavirus besonders betroffen. Auch Michele Gasperini vom Eiscafé San Vito in Stadtlohn ist in Sorge.

Stadtlohn

, 14.03.2020, 04:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Über 1000 Kilometer sind es, die Stadtlohn und die südostitalienische Stadt San Vito, 70 Kilometer von Venedig entfernt, trennen. Und doch verbindet sie zurzeit eine gemeinsame Sorge – die um die Gesundheit ihrer Bewohner. Auch Michele Gasperini vom Eiscafé San Vito in Stadtlohn macht sich viele Gedanken über die aktuelle Coronavirus-Lage.

„Natürlich denkt man darüber viel nach.“ Besonders seine Freunde und Verwandten in Italien gingen ihm immer wieder durch den Kopf. „Die Lage ist schlimm da.“ Das sein Eiscafé, das er seit 22 Jahren betreibt, den gleichen Namen wie Stadtlohns Partnerstadt hat, gehe auf den Vorbesitzer zurück. Dieser habe persönliche Beziehung nach St. Vito gehabt.

„Wir waschen und desinfizieren noch häufiger unsere Hände als wir es ohnehin schon immer tun.“
Michele Gasperini

In Italien findet das öffentliche Leben nicht mehr statt

In San Vito selbst gibt es derzeit mehrere Menschen, bei den das Virus SARS-Cov-2 festgestellt wurde. Die Stadtlohner, die zum Teil schon seit Jahrzehnten die Partnerschaft der beiden Kommunen getragen haben, wissen, dass dort, wie in ganz Italien, das öffentliche Leben praktisch nicht mehr stattfindet.

Und genau dieser Umstand macht auch Michele Gasperini sehr zu schaffen. „Viele Bekannte haben dort Geschäfte. Alle sind geschlossen. Der Umsatz fehlt. Das ist doch eine Katastrophe.“ Natürlich seien die getroffenen Maßnahmen „richtig“, aber eben auch eine erhebliche Einschränkung. Für alle. Und die Sorge, dass es in Deutschland zu ähnlichen Zuständen kommt, sei allgenwärtig.

Es gibt kaum Informationen aus erster Hand

Aus erster Hand aber gibt es bislang wenig Informationen darüber, was das alles für den Einzelnen bedeutet. Und das, obwohl es seit Beginn der Partnerschaft 1983 auf vielen Ebenen zu persönlichen Kontakten gekommen ist. Michele Gasperini und seine Familie verfolgen die Entwicklung vor allem im Fernseher.

Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Stadtlohn während eines Austausches in Stadtlohns Partnerstadt San Vito al Tagliamento in der Region Friaul-Julisch Venetien.

Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Stadtlohn während eines Austausches in Stadtlohns Partnerstadt San Vito al Tagliamento in der Region Friaul-Julisch Venetien. © privat (Archiv)

Auch Franz-Josef und Marianne Demes, die schon bei der ersten Reise des Stadtlohner Rates nach San Vito 1987 dabei waren, und viele persönliche Kontakte geknüpft haben, bestätigen, dass die Lage in St. Vito auch in ihrer Familie ein Thema ist. Viele von damals Beteiligten sind in die Jahre gekommen, manche sogar krank, berichten sie.

Sind die Kontakte nach San Vito „erlahmt“?

Dass das mit den Informationen aus San Vito aktuell gar nicht so einfach ist, wissen auch Hermann Kösters und Günter Wewers von der Stadt. Das habe zum einen sicher etwas mit Sprachproblemen zu tun, meint Wewers, Kollege Kösters geht aber noch weiter und vermutet, dass es auch an den grundsätzlich etwas erlahmten Kontakten liegt.

Immer wieder habe es von Stadtlohner Seite aus Impulse in Richtung Italien gegeben. „Das aber mit nur mäßigem Erfolg, und das ist noch milde ausgedrückt“, sagt Hermann Kösters. Erstaunlich sei vor diesem Hintergrund, dass aber Stadtlohner Jugendliche in der Partnerstadt „immer toll empfangen werden“.

Italien, Piacenza: Ein Mediziner verlässt ein Zelt, das vor der Notfallstation eines Krankenhauses errichtet wurde. Viele Gemeinden in Norditalien stehen, als Vorsichtsmaßnahme gegen die Verbreitung des neuen Coronavirus, unter Quarantäne.

Italien, Piacenza: Viele Gemeinden in Norditalien stehen, als Vorsichtsmaßnahme gegen die Verbreitung des neuen Coronavirus, unter Quarantäne. © picture alliance/dpa

Ein anderes Bild zeichnet Eva Vehring vom Team des Stadtlohner Jugendwerks: „Natürlich haben wir sofort Kontakt aufgenommen, auch über soziale Medien, und wollten wissen, wie es den Freunden in der Partnerstadt geht.“ Denn Freundschaften seien in den neun Jahres des gegenseitigen Austausches häufig entstanden.

„Was wir allerdings von dort hören, dass man nur mit Passierscheinen das Haus verlassen darf zum Beispiel, ist schon sehr bedrückend und macht uns große Sorgen“, sagt die Jugendwerk-Mitarbeiterin. Auch von einer „erlahmenden Partnerschaft“ mag sie nicht reden: „Davon kann im Jugendbereich jedenfalls keine Rede sein.“ Gleichwohl sei höchst unsicher, ob die geplante Sommerfreizeit in San Vito in diesem Jahr stattfinden kann.

Die Sorgen sind allgegenwärtig

Wie dem auch sei – aktuell lässt sich das ohnehin nicht ändern. Ebenso wenig wie die Sache dem Coronavirus. Die Sorgen sind allgegenwärtig. Zumindest mal bei Michele Gasperini. Daraus macht der Italiener keinen Hehl. Und die Auswirkungen seien auch in Stadtlohn zu spüren. „Es ist weniger Kundschaft als gewöhnlich.“

Bürgermeister Helmut Könning (links) und Hermann Kösters (rechts), zuständig für die ädtepartnerschaften, empfangen Francesco Del Bianco (3. v. l.), Bürgermeister von San Martino – einem Ortsteil von San Vito al Tagliamento.

Bürgermeister Helmut Könning (links) und Hermann Kösters (rechts), zuständig für die Städtepartnerschaften, empfangen Francesco Del Bianco (3. v. l.), Bürgermeister von San Martino – einem Ortsteil von San Vito al Tagliamento, und seine Ehefrau Irene (2. v. l.) und das Ehepaar Christa und Norbert Enxing im Rathaus. © Stadt Stadtlohn (Archiv)

Aber dies ausschließlich auf den Virus zu schieben, kommt Michele Gasperini auch nicht in den Sinn. „Das Wetter ist auch nicht so schön. Die Leute sind nicht so viel unterwegs.“

Michele Gasperini ergreift alle möglichen Schutzmaßnahmen

Und mit Blick auf die eigenen Vorkehrungsmaßnahmen sagt der Eiscafébetreiber: „Wir waschen und desinfizieren noch häufiger unsere Hände als wir es ohnehin schon immer tun.“ Und er verweist auf eine Flasche Desinfektionsmittel auf der Ladentheke. „Aus Italien – der Alkoholgehalt ist deutlich höher.“

Auch auf den Toiletten in seinem Eiscafé hat er Desinfektionsmittel aufgestellt. „Wir tun, was wir können.“ Aber davon ab gehöre die Sache mit dem Desinfizieren für ihn und sein Personal generell zur Tagesordnung. Nicht nur in Zeiten von Corona.

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