Lebensmittelretter Stadtlohner Foodsaver haben schon 52.000 Kilogramm Essen gerettet

Lebensmittelretter haben schon 52.000 Kilogramm Essen gerettet
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Milena Kühl hat an diesem Freitag viel zu schleppen. Auf der Rückbank ihres Pkw steht ein großer Karton mit Broten. Im Fußraum sind etliche Kilo Kartoffeln in Netzen verstaut. Und im Kofferraum sind zahlreiche Gemüsekisten: Paprika, Gurken und Zitronen.

Das Gemüse sieht gut aus, von wenigen Druckstellen abgesehen. Und das Brot ist schon von gestern. Im Handel drohte den Lebensmitteln daher die Entsorgung im Abfallcontainer. Milena Kühl hat sie gerettet für die beste denkbare Verwertung: Sie werden gegessen.

Milena Kühl mit einer Gemüsekiste
Zu kostbar für die Entsorgung: Milena Kühl zeigt Gemüse, das vom Handel aussortiert wurde. Jetzt wird es im Netzwerk der Lebensmittelretter verteilt. © Stefan Grothues

Die 36-Jährige ist ehrenamtliche Lebensmittelretterin, seit sie vor einigen Jahren einen Film über Lebensmittelverschwendung sah. Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums landen in Deutschland jedes Jahr rund elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, mehr als die Hälfte der produzierten Lebensmittel.

Über Facebook begann Milena Kühl in Gescher, die Verteilung von überschüssigen Lebensmitteln zu organisieren. Dann stieß sie auf die Foodsharing-Bewegung, die schon seit über zwei Jahren in Stadtlohn aktiv ist.

Heute ist Milena Kühl selbst die verantwortliche „Botschafterin“ für den Foodsharing-Bezirk Stadtlohn, der von Gronau bis Borken und von Gescher bis Winterswijk reicht. Das Netzwerk besteht hier aus über 100 Lebensmittelretterinnen und -rettern. Im Bezirk Stadtlohn wurden in den letzten zweieinhalb Jahren rund 52.000 Kilogramm Lebensmittel vor der Vernichtung bewahrt.

Familien freuen sich

Die Foodsharing-Bewegung entstand 2012. Mittlerweile hat sie 500.000 Nutzer in Deutschland, Österreich, Schweiz und weiteren europäischen Ländern. Ihr Motto: „Teile Lebensmittel, anstatt sie wegzuwerfen!“

Was macht Milena Kühl mit den geretteten Lebensmitteln? Die Sozialarbeiterin sagt: „Ich verteile sie an Menschen, die nicht so viel Geld haben. Ich kenne zwei Pflegefamilien, Rentner, ausländische Familien, die sich sehr über die Unterstützung freuen.“ Das Netzwerk der Lebensmittelretter wächst.

Foodsaver gehen zu Restaurants, Lebensmittelläden oder Bäckereien und nehmen die Waren mit, die nicht mehr verkauft werden. „Wir haben 155 Betriebe im Bezirk, mit denen wir zusammenarbeiten. 26 von ihnen spenden regelmäßig“, sagt Milena Kühl.

Wichtig ist den Foodsavern: Sie betteln nicht in den Betrieben und sie ,containern‘ auch nicht, also durchwühlen nicht illegal die aussortierten Lebensmittel von Supermärkten.

„Und ganz wichtig“, so sagt Milena Kühl, „wir sind keine Konkurrenz von Tischlein-deck-dich oder anderen Tafeln. Für uns gilt: Die Tafel hat bei den Lebensmittelspendern Vorrang. Wir überlegen zurzeit auch, wie wir Tischlein-deck-dich in Stadtlohn unterstützen können.“

Vereinsgründung

Die Lebensmittel, die nicht direkt verteilt werden, kommen in den „Fair-Teiler“. Dieser öffentlich zugängliche Foodsharing-Lebensmittelschrank, in dem sich jedermann bedienen kann, stand bislang an der Hegebrockstraße in Stadtlohn.

Mit Unterstützung der Stadt Stadtlohn wird in der kommenden Woche ein neuer, zentraler Fair-Teiler-Standort eingerichtet. Eine Holzhütte an der Stadthalle ist die neue Verteilstelle der Stadtlohner Foodsharing-Initiative, die jetzt ein gemeinnütziger Verein werden will.

Weitere Verteilstellen sind in Ahaus und Gescher geplant, die ebenfalls zum Bezirk Stadtlohn gehören. Welche Lebensmittel gerade im Fair-Teiler zu haben sind, wird jeweils aktuell über Facebook oder Instagram mitgeteilt.

Bewusstsein schaffen

Die konkrete Rettung von Lebensmitteln ist zentrales Anliegen der Foodsaver. „Genauso wichtig ist es uns aber, Bewusstsein für den sorgsamen Umgang mit unseren Ressourcen zu schaffen“, sagt Milena Kühl. Darum finden auch regelmäßig Veranstaltungen im Stadtlohner Otgerus-Haus statt.

Jetzt aktuell lädt die Foodsharing-Initiative alle Interessierten zu einem Adventscafé ins Otgerus-Haus ein. Gespräche, Kaffee und Kleinigkeiten zum Mitnehmen gibt es am Samstag, 9. Dezember, von 15 bis 19 Uhr.

Preise für „Tischlein deck dich“, Nikolausverein und Lebensmittelretter