Mit Sicherheit hat jeder schon einmal einen Registrierungsaufruf der deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) mitbekommen, tatsächlich registriert haben sich daraufhin aber die Wenigsten.
Fast 14.000 Menschen erkranken in Deutschland jährlich an Blutkrebs, wenn die Therapie nicht anschlägt, ist eine Stammzellspende für die betroffenen Menschen meist die letzte Chance. Um mehr Aufmerksamkeit auf das Thema zu richten, erzählen die Zwillinge Hannes und Paul Heming (20) aus Stadtlohn ihre Geschichte – beide haben gespendet und damit vielleicht ein Menschenleben gerettet.
„Wir möchten allen die Angst vor der Spende nehmen und damit auch hoffentlich erreichen, dass sich mehr Menschen registrieren lassen“, erklärt Paul Heming. Er und sein Zwillingsbruder Hannes haben sich im Januar 2021 registrieren lassen, die Idee dazu hatte ihre ältere Schwester. „Wir haben dann einfach gesagt: ‚Komm, wir bestellen uns jetzt die Tests und machen das eben hier zuhause‘“, erinnert sich Paul Heming.
Auf der Website der DKMS kann so ein Test nach wenigen Fragen zur Person bequem nach Hause bestellt werden. Dann heißt es nur noch „Stäbchen rein und Spender sein“, der Test wird zurückgeschickt und die Registrierung ist abgeschlossen. Danach beginnt das Warten, denn erst wenn ein möglicher Empfänger ermittelt wurde, folgt der nächste Schritt.
Anruf kommt in der Vorlesung
Ein Jahr später bekommt Paul Heming schließlich einen Anruf. „Ich saß gerade in einer Vorlesung und habe nur gesehen, dass es eine Nummer aus Tübingen war. Dann bin ich rausgegangen und habe sofort zurückgerufen – da kam die Nachricht, dass ich vielleicht ein passender Spender bin“, erinnert sich der 20-Jährige.
In Aachen studiert Paul Heming Informatik, sein Bruder Hannes macht ein duales Studium bei der Polizei. Auch er bekommt seinen Anruf in einer Vorlesung. „Dadurch, dass Paul seinen Anruf schon vor mir hatte, war mir eigentlich schon klar, dass das jetzt der Anruf sein muss, und so war es dann auch“, erzählt Hannes Heming.
Nach dieser Nachricht müssen die beiden eine erste Blutabnahme machen, damit ein größeres Blutbild erstellt werden kann. Daraufhin wird dann ausgewertet, welcher der zu dem Zeitpunkt mehreren potentiellen Spender am besten geeignet ist. Wenn alles passt, folgt als letzter Schritt eine allgemeine Voruntersuchung beim Arzt, danach kommt die große Spende.
Was sich jetzt vielleicht nach viel Organisation anhört, ist in Wahrheit nichts mehr als ein Telefonat – denn diese Termine werden alle von der DKMS gemacht. „Wir hatten damit nichts zutun, man musste nur sagen, ob einem die Termine passen oder nicht“, so Paul Heming.
„Nur ein kleiner Piks“
Der letzte größere Aufwand bestand für die beiden darin, sich fünf Tage vor der Spende morgens und abends sogenannte „Mobilisierungsspritzen“ zu setzen, damit die Stammzellen aus dem Knochenmark in die Blutbahn gelangen – also mobilisiert werden. Diesen Schritt können Spender entweder selbst übernehmen oder damit zum Hausarzt gehen.
Paul und Hannes Heming haben Ersteres gemacht. „Natürlich ist das eine gewisse Überwindung, aber ich habe mir immer vorgestellt, was mein möglicher Patient gerade durchmacht, das hat mir die Überwindung leicht gemacht“, berichtet Paul Heming. Auch für Zwillingsbruder Hannes war dieser Schritt kein Problem. „Es ist nur ein kleiner Piks“, erinnert er sich.
Dann war es endlich so weit: Paul Heming spendet im April diesen Jahres Stammzellen, dafür muss er ins Ruhrgebiet fahren, weil nur an bestimmten Kliniken dieses Verfahren möglich ist. Die Spende von seinem Zwillingsbruder ist erst wenige Wochen her. Die große Spende ähnelt dann sehr einer allgemeinen Blutspende, nur dauert diese länger.
Über seinen Empfänger weiß Paul Heming nichts, nur dass es eine Frau in den USA ist. „Es wird sehr darauf geachtet, dass Spender und Empfänger so gut wie nichts übereinander wissen, damit nicht aus irgendwelchen Gründen, sei es Ethnie, Alter oder Sexualität, der Spender von seiner Spende zurücktritt“, erzählt Paul Heming.
Erst nach zwei Jahren könnten Spender und Empfänger auf gegenseitigen Wunsch miteinander in Kontakt treten, vorher können nur anonyme Briefe ausgetauscht werden. Ansonsten erhält der Spender über die DKMS kleine Updates per SMS, zum Beispiel wann die Stammzellen eingesetzt wurden.
Nach acht Monaten kommt dann der Bescheid, ob der Eingriff erfolgreich war. Paul Heming wird in dieser Zeit gefragt, ob er sich vorstellen kann, für seine Patientin auch noch Lymphozyten zu spenden, da ihr Gesundheitszustand sich verschlechtert hat – im Oktober spendet er zum zweiten Mal.
Aufruf zur Registrierung
All diese Schritte machen deutlich: Es ist kein großer Aufwand, selbst zu spenden, Paul Heming formuliert es sogar noch deutlicher: „Eigentlich gibt es keinen Grund, nicht zu spenden“, so der 20-Jährige. Mit ihren Erfahrungen wollen die Zwillingsbrüder jetzt Menschen dazu ermutigen, sich selbst registrieren zu lassen.
„Früher wurde in Schulen in Stadtlohn oft Registrierungsaktionen angeboten, in einem Jahr haben sich sogar zwei Oberstufen registrieren lassen, aber mit der Pandemie ist das Thema in den Hintergrund geraten“, erinnert sich Hannes Heming. „Wenn sich jetzt auch nur einer wegen unserer Erfahrungen als Spender registrieren lässt, dann ist unser Ziel erfüllt“, so Paul Heming.
Für den Spender ist eine Stammzellspende allerhöchstens Zeitaufwand, dieser kann jedoch einem Menschen das Leben retten.
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