
© Oliver Busch
Hochwasserschutzkonzept: Nach neun Jahren Planung geht es endlich los – aber womit genau?
Fragen und Antworten
Das Thema Hochwasserschutz ist sehr komplex. Doch nach neun Jahren soll es nun endlich losgehen – auch wenn man davon erst mal wenig sehen wird. Die Stadt erklärt, warum es so lange dauert.
Seit neun Jahren arbeitet die Stadt Stadtlohn an einem Hochwasserschutzkonzept. Währenddessen gab es bereits das nächste Hochwasser. Jetzt soll es endlich losgehen mit der Umsetzung. Hier kommen Fragen und Antworten zum Thema.
? Warum ist überhaupt ein Hochwasserschutzkonzept nötig?
Seit 2010 steht fest, dass ein Konzept her muss. Damals hat die Bezirksregierung Münster neue Überschwemmungsgebiete ausgewiesen. Sie hat also ermittelt, welche Flächen im Falle eines Hochwassers überschwemmt werden würden. Und das waren deutlich mehr als bislang in den mehr als 100 Jahre alten Plänen standen.
Bürgerinformation „Berkeldialog“
- Zum Projekt „Natürlich Berkel“ wird es eine Reihe von Bürgerinformationsabenden geben.
- Am Dienstag, 24. September, ab 19 Uhr informiert die Stadt Stadtlohn in der Stadthalle, Dufkampstraße, zum Thema Hochwasserschutz.
- Nach einigen Vorträgen können sich die Besucher an Infoständen die Pläne anschauen und mit den Experten ins Gespräch kommen.
Für die Stadt Stadtlohn hatte das erhebliche Folgen. „Das Fatale ist, dass man in einem Überschwemmungsgebiet nicht bauen darf“, erklärt Bürgermeister Helmut Könning. Baureife Grundstücke, geplante Erweiterungen – all das war plötzlich hinfällig.
„Uns war also klar, dass wir die Überschwemmungsgebiete eindämmen müssen. Deswegen haben wir beschlossen, ein Hochwasserschutzkonzept zu erarbeiten“, so der Bürgermeister.
? Wie sieht dieses Konzept aus?
Auf acht Kilometern Länge sind an der Berkel 34 Projekte geplant, die wiederum mehrere hundert Unterpunkte haben. Ein Beispiel: Zwei Brücken im Außenbereich sollen so verengt werden, dass im Ernstfall weniger Wasser ins Stadtgebiet fließt. Das Wasser soll so kontrolliert auf bestimmte Flächen fließen. Einige der betroffenen Grundstücke hat die Stadt gekauft. Bei anderen hat sie mit den Eigentümern Entschädigungen vereinbart.
Das ist allerdings nur dann eine Lösung, wenn das Wasser aus anderen Kommunen über die Berkel nach Stadtlohn kommt. Bei Starkregenereignissen zum Beispiel kommt das Wasser ja auch im Stadtgebiet runter. Deswegen beschäftigt sich das Konzept auch mit der Entwässerung.
Außerdem sind an mehreren Stellen Deiche, Schutzmauern, Fluss- und Wehrverbreitungen, Retentionsflächen, neue Uferbefestigungen und Auenflächen geplant.
? Warum ist denn bisher nichts davon passiert?
Diese Frage bekommt der Bürgermeister oft zu hören. Tatsächlich aber ist in den letzten neun Jahren einiges passiert – nur eben noch keine sichtbaren Baumaßnahmen. Zunächst musste das Konzept erarbeitet, dann geprüft und beschlossen werden.
? Warum dauert das alles so lange?
„Weil so viele unterschiedliche Stellen, Behörden und Akteure beteiligt sind“, sagt Gerd Große Frericks vom zuständigen Fachbereich Planen, Bauen und Umwelt im Rathaus. Mehrere Planungsbüros, Obere und Untere Wasserschutzbehörde, Anwohner, Landwirte, Naturschützer, Politiker, Grundstückseigentümer, Archäologen, Mitarbeiter im Rathaus – in dem Prozess mussten viele Interessen unter einen Hut gebracht werden.
Nach fünf Jahren war das Konzept endlich fertig, Ende 2015 hat die Stadt es zur Prüfung beim Kreis Borken eingereicht. Während dort all die komplexen Zusammenhänge noch mal überprüft wurden, trat in Stadtlohn im Juni 2016 der Ernstfall ein. Straßen und Ackerflächen wurden überflutet, Schulen, Wohnhäuser und Geschäfte standen unter Wasser.
Dieses Hochwasser sorgte allerdings nicht dafür, dass es mit dem Konzept schneller ging – im Gegenteil. Denn nun konnten die Verantwortlichen sehen, welche Flächen tatsächlich wie und wann überflutet werden. Diese neuen Erkenntnisse wurden in das Konzept eingearbeitet. Ende 2018 hat der Kreis das Konzept schließlich genehmigt.
? Warum wird dann noch nicht gebaut?
„Es geht jetzt los, wir sind angefangen“, sagt Anna Perpeet vom Fachbereich Planen, Bauen und Umwelt. Sie gibt jedoch auch zu: „Davon sieht man vielleicht noch nicht viel.“ Derzeit laufen die vorbereitenden Maßnahmen, die sichtbaren Bauwerke kommen erst später.
Insgesamt ist es so, dass viele Maßnahmen zwar umgesetzt werden, aber gar nicht unbedingt sichtbar sind. Wenn zum Beispiel ein Gewässer tiefer gebuddelt wird, dann ist nachher von außen vielleicht gar kein Unterschied zu sehen.
? Wie lange dauert es denn, bis alles fertig ist?
Das Ziel ist 2024. Im Herbst 2021 sollen die ersten großen Baumaßnahmen starten. Die Bauarbeiten werden sich allerdings über einen längeren Zeitraum ziehen, sagt Bürgermeister Helmut Könning. „Wir dürfen aus Artenschutzgründen nur im Winter zwischen Oktober und März am Gewässer bauen, also in der Zeit, wo es mit dem Bauen wettertechnisch eigentlich nicht so ideal ist“, so Könning.
Aber schließlich müssen brütende Vögel und laichende Fische geschützt werden. Hinzu kommt, dass nicht an allen Stellen gleichzeitig gearbeitet werden darf, damit die Tiere immer noch einen Rückzugsort haben. Auch der Hochwasserschutz muss während der Bauarbeiten weiterhin gewährleistet sein.
? Was kostet das alles eigentlich?
Eine genaue Summe kann und will Bürgermeister Helmut Könning noch nicht nennen. Schließlich sind noch lange nicht alle Arbeiten vergeben. Die Rede ist jedoch von einer achtstelligen Summe.
Als gebürtige Vredenerin habe ich mich aus Liebe zur Region ganz bewusst für den Job als Lokaljournalistin in meiner Heimat entschieden. Mein Herz schlägt für die Geschichten der Menschen vor Ort. Ich möchte informieren, unterhalten und überraschen.
