Dieter Gehling steuerte die „Edix“ genau 60 Jahre nach der Premiere nochmal auf den Flugplatz Stadtlohn-Vreden.

Dieter Gehling steuerte die „Edix“ genau 60 Jahre nach der Premiere nochmal auf den Flugplatz Stadtlohn-Vreden. © Nico Ebmeier

Genau vor 60 Jahren: Erste Landung auf dem Flugplatz Stadtlohn-Vreden

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Auf die Minute genau, nur 60 Jahre später, landet erneut die „Edix“ von Hans-Werner Hecking auf dem Flugplatz Stadtlohn-Vreden. Um 13.54 Uhr am 20. Oktober 1962 wurde Geschichte geschrieben.

Stadtlohn, Vreden

, 22.10.2022, 12:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Mittlerweile ist der Flugplatz Stadtlohn-Vreden ein echter Vorzeigeort für Fliegerfans. Als Hans-Werner Hecking dort vor genau 60 Jahren zum allerersten Mal ein Flugzeug gelandet hat, hätte er davon aber nur träumen können. Und dennoch wird der mittlerweile verstorbene Pilot am Donnerstag ganz sicher mit einem breiten Grinsen auf das kleine Jubiläum heruntergeschaut haben.

Schließlich ist schon ein bisschen des Flairs vom 20. Oktober 1962 zu spüren. Der Tag, an dem Hecking als erster Pilot den Flugplatz ansteuerte und ihn damit eröffnete. Denn damals wie heute war es die „Edix“, die angeflogen kam. Damals wie heute setzte die Maschine genau um 13.54 Uhr auf die Landebahn auf.

Ein Blick in die „Edix“

Ein Blick in die „Edix“ © Nico Ebmeier

„Wir haben uns dazu entschieden, den runden Geburtstag nicht so richtig groß zu feiern, weil wir nicht genau wussten, wie es mit Corona weitergeht und wir uns auch solidarisch gegenüber der Ukraine zeigen wollten“, erklärt Flugplatz-Geschäftsführer Norbert Hetkamp. Deshalb ist die Gäste-Riege zwar etwas kleiner, genug zu erzählen gab es trotzdem.

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Das ist aber auch nicht sonderlich überraschend, schließlich sind es die beiden Hecking-Söhne Heinrich-Hermann und Werner, die sich zu diesem denkwürdigen Tag dort wiederfinden, wo sie in der Kindheit wohl die meiste Zeit verbrachten. Und gegenüber sitzt an diesem 20. Oktober mit Günter Schlüter dann auch noch jemand, der die Geschichte rund um den Ort wohl kennt wie niemand anderes.

Heinrich-Hermann (r.) und Werner Hecking flogen schon als Kinder mit der „Edix“.

Heinrich-Hermann (r.) und Werner Hecking flogen schon als Kinder mit der „Edix“. © Nico Ebmeier

„Ich war schon immer flugbegeistert, konnte aber leider aufgrund meiner Augen nie selbst fliegen“, so Schlüter, der sich dann in der Rente dazu entschied, über diesen Platz sogar ein Buch zu schreiben, das im Jahr 2023 auf den Markt kommen soll. Er war es auch, der den beiden Flieger-Söhnen überhaupt vom 60-Jährigen erzählt hat. „Wir hätten das sonst gar nicht auf dem Schirm gehabt“, sagt Heinrich-Hermann Hecking lachend. Und dabei ist die Geschichte rund um diesen Tag eine ganz besondere.

Hans-Werner Hecking hatte Traum vom Flugplatz

Hans-Werner Hecking hatte in den 1950er-Jahren einen Traum: der Flugplatz vor der eigenen Haustür. „Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, musste er das auch machen“, beschreibt Werner Hecking seinen Vater. Und so trommelte dieser seinen Cousin Engelbert und besten Freund Theo Dües zusammen, die zu dritt tatsächlich aus diesem Traum Wirklichkeit werden ließen.

Günter Schlüter ist absoluter Flugzeugliebhaber und schreibt sogar ein Buch über den Flugplatz.

Günter Schlüter ist absoluter Flugzeugliebhaber und schreibt sogar ein Buch über den Flugplatz. © Nico Ebmeier

Mit insgesamt 20 Leuten gründete das Team im Jahr 1960 den „Verein zur Förderung der Luftfahrt“, den es auch heute mit knapp 70 Mitgliedern noch gibt, und tat alles dafür, dass Hecking bald auch vor der eigenen Haustür „seine Edix“ starten und landen konnte. Beim Bau des Flugplatzes halfen kurioserweise damals sogar britische und deutsche Pioniere, die nebenan beim Bauern Pries wohnten, mit. Und so kam es dann eben bereits im Oktober 1962 zur großen Flugpremiere über Stadtlohn.

Ob es auch damals, genau wie an diesem Donnerstag, ein bisschen geregnet hatte, weiß niemand der Anwesenden so richtig. Auch ob die Startrichtung die gleiche war, ist nicht ganz sicher. Vermutlich startete Hans-Werner Hecking damals gen Westen und nicht wie seine Familie 60 Jahre später in den Westwind hinein, doch das sollte dann auch alles nur Beiwerk sein.

Am Steuer der grün-weißen Maschine war derjenige, der die „Edix“ vielleicht mittlerweile fast so gut kennt wie Hecking zu seinen besten Zeiten. Schließlich ist Dieter Gehling der Einzige, der den traditionsreichen Flieger noch in die Luft bringt. Er weiß deshalb natürlich auch, dass die Tür manchmal mitten im Flug aufgeht, dass früher noch auf der Rückbank geraucht wurde und dass sich Fliegen eigentlich ein bisschen wie Motorradfahren anfühlt.

Bereits vor 60 Jahren flog die Maschine von Hans-Werner Hecking über die Region.

Bereits vor 60 Jahren flog die Maschine von Hans-Werner Hecking über die Region. © Nico Ebmeier

Sowohl Gehling als auch alle anderen Anwesenden könnten vermutlich noch stundenlang von den Erfahrungen von und mit Hans-Werner Hecking erzählen. Dem Vater, der seine Kinder eigentlich immer mit in den Flieger schleuste und sie auch ganz früh ans Steuer ließ. Da ist es fast schon unglaublich, dass keiner der beiden Söhne selbst einen Flugschein gemacht hat.

Die „Edix“ flog schon durch die ganze Welt

Aber der im Juni 2020 im Alter von 94 Jahren verstorbene Hecking war auch ohne seine Kinder eigentlich immer unterwegs. Nachdem er im Oktober 1957 seinen Flugschein gemacht hatte, ging es für den Piloten in die ganze Welt hinaus. Ein kurzer Blick in sein gut gepflegtes Flugbuch reicht, um Länder wie Marokko oder die Elfenbeinküste als Ziele zu finden. „Das Flugzeug ist eigentlich unser viertes Geschwisterkind“, witzelt Werner Hecking.

2007, also zwei Jahre bevor der Flugplatz noch einmal grunderneuert wurde, stieg der Familienvater dann aber ein letztes Mal in seine Maschine. „Er wollte sich immer wieder aufs Neue beweisen, dass er es gesundheitlich noch schaffen kann“, erzählt Sohn Heinrich-Hermann. „Er wollte immer wieder die Freiheit spüren, doch irgendwann ging es dann einfach nicht mehr.“ Auch weil die Auflagen den Spaß immer komplizierter machten.

Und so hängt die „Edix“ unterm Dach der Halle von Dieter Gehling und wird nur wenige Male im Jahr in die Luft gehoben. Doch jedes Mal schwebt der Geist von Hans-Werner Hecking ganz sicher mit – vielleicht dann auch am 20. Oktober 2032, wenn der grün-weiße Flieger zum 70-jährigen Bestehen wieder um 13.54 Uhr auf dem Flugplatz Stadtlohn-Vreden landet.

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