Filmpremiere im Lokschuppen Thomas Willemsen erweckt Eisenbahngeschichte zu neuem Leben

Offener Lokschuppen: Thomas Willemsen lädt zur Filmpremiere ein
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Gut, dass Thomas Willemsen damals nicht gewusst hat, was auf ihn zukommt. „Wenn ich es gewusst hätte, dann hätte ich es nicht gemacht“, sagt er lachend. Und er fügt hinzu: „Aber heute bin ich sehr froh, dass ich es gemacht habe.“

Und die Stadtlohner können auch froh sein. 1998 hat der Fotograf den damals baufälligen Lokschuppen gekauft und in zwölfjähriger Arbeit zum Fotostudio und Wohnhaus umgebaut. Damit hat er ein Kleinod der Stadtlohner Eisenbahngeschichte gerettet. Am Denkmalsonntag (10. September) öffnet der Lokschuppen wie auch das Eisenbahnmuseum und das alte Bahnhofsgebäude seine Türen.

Nachtaufnahme des alten Lokschuppens
Der alte Lokschuppen in Stadtlohn ist ein leuchtendes Beispiel für eine moderne Denkmalnutzung. © Thomas Willemsen

Im Lokschuppen können die Besucher am Denkmalsonntag nicht nur altes Eisenbahngemäuer mit moderner Nutzung bewundern. Eine sehenswerte Filmpremiere erweckt Stadtlohns Eisenbahngeschichte zum Leben, gibt ihr ein Gesicht – auf acht Meter Projektionsbreite.

Der 25 Minuten lange Film animiert alte Ansichten, lässt trickreich historische Lokomotiven über Stadtlohns alte Eisenbahnbrücke schnaufen, bietet eine bilderreiche Zeitreise durch 80 Jahre Eisenbahngeschichte.

Eine Diesellokomotive vor dem alten Stadtlohner Lokschuppen
Eine Diesellokomotive vor dem alten Stadtlohner Lokschuppen © Archiv

Seine ganz besondere Stärke aber hat der Film durch die längst verstorbenen Zeitzeugen, die anschaulich die Menschen in den Blickpunkt rücken: die Lokputzer und ihre schmutzige Arbeit, die Zwangsarbeiter aus der Ukraine, die während des Zweiten Weltkriegs im Lokschuppen untergebracht waren, die Eisenbahner, die ständig vier Lokomotiven unter Dampf halten mussten ...

Schon 2008 hat Thomas Willemsen den langjährigen Bahnhofsvorsteher Hans Nienhaus, den Oberzugführer Franz Resing und die Bahnhofsnachbarin Gertrud Erning geb. Uppenkamp vor die Kamera geholt und ihre anschaulich erzählten Erinnerungen und Anekdoten dokumentiert.

Der Lokschuppen in seiner heutigen Ansicht
Der historische Lokschuppen prägt das architektonische Gesicht der Bahnallee. © Thomas Willemsen

Ein besonders bewegender Moment im Film: Gertrud Erning entdeckt vor laufender Kamera den ins Mauerwerk eingeritzten Namenszug eines ukrainischen Zwangsarbeiters, mit dem sie sich angefreundet hatte.

Neben den verstorbenen Eisenbahnern kommt in dem Film auch der Gründer und jetzige Leiter des Stadtlohner Eisenbahnmuseums zu Wort. Der heute 79 Jahre alte Heinz Garwer hat seit seiner Kindheit den Bahnhof und die Menschen, die dort gearbeitet haben, im Blick gehabt.

Thomas Willemsen selbst ist kein geborener Eisenbahn-Fan. Der Stadtlohner hatte sich in den 1990er-Jahren als Fotograf in Essen selbstständig gemacht. Für die Einrichtung eines eigenen Studios begab er sich damals im Ruhrgebiet auf die Suche nach alter Industriearchitektur.

„Dann rief mich mein Vater an: ,Thomas, der alte Lokschuppen in Stadtlohn soll verkauft oder abgerissen werden.‘“ Thomas Willemsen überlegte nicht lange und wurde sich schnell mit der Stadt einig, die damals Eigentümerin des Lokschuppens war.

Familienprojekt

Dann folgten zwölf mühevolle Jahre. „Abends nach der Arbeit habe ich oft noch den Blaumann angezogen“, sagt Thomas Willemsen. „Aber ohne meinen Vater hätte ich das alles nicht hinbekommen. Der ist ein super Handwerker.“

Vater Andreas Willemsen war damals Ausbilder für die Schlosser und Werkzeugmacher der Maschinenfabrik Kemper. „Ich hab ihn dann kurzerhand bei mir eingestellt“, sagt Thomas Willemsen.

Ein generationenübergreifendes Projekt. „Darum wollte ich auch für meine Kinder und spätere Generationen die Geschichte des Lokschuppens im Film festhalten.“ Finn Willemsen (22), einer der drei Söhne von Thomas Willemsen, war ebenfalls an dem Projekt beteiligt: Er hat die Musik für den Film komponiert und eingespielt.

Thomas Willemsen, Claudia Volbers, Heinz Garwer und Hermann-Josef Steverding vor dem alten Bahnhofsgebäude
Freuen sich auf den Tag der offenen Tür (von links): Thomas Willemsen (Lokschuppen), Claudia Volbers (Stadt Stadtlohn), Heinz Garwer (Eisenbahnmuseum) und Hermann-Josef Steverding (Architekt). © Stefan Grothues

Der Film wird am Denkmaltag (10. September) stündlich im Lokschuppen vorgeführt. Dort gibt es auch Kaffee und Kuchen. Geöffnet ist der Lokschuppen von 14 bis 18 Uhr, ebenso wie das alte Bahnhofsgebäude und das Eisenbahnmuseum in der alten Güterabfertigung. Der alte Bahnhof ist erstmals seit 48 Jahren wieder öffentlich zugänglich. Der Eintritt ist frei.

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