
© Stefan Grothues
Ein Kilo Drogen: Razzia war für Stadtlohner Dealer „Tag des Erwachens“
Drogenhandel
Fast ein Kilo Drogen hat die Polizei bei einem Stadtlohner entdeckt, nachdem sie zuvor einen Drogendeal am Busbahnhof beobachtet hatte. Der 24-Jährige wollte das Paket aus dem Fenster werfen.
Vor der Wohnungstür stand die Polizei, drinnen stand er am Fenster, um schnell noch ein knappes Kilo Marihuana zu entsorgen. „Es war Freitag, der 13.“, sagt der 24-jähriger Stadtlohner, der sich jetzt vor dem Schöffengericht wegen des Handelns mit Drogen in nicht geringer Menge verantworten musste.
Die Polizei schlug vor einem Jahr am 13. November zu. Jetzt vor Gericht nennt der 24-Jährige dieses Datum fast erleichtert „den Tag des Erwachens“. Für seine Freundin war es ein böses Erwachen, sich plötzlich im Mittelpunkt einer Razzia wiederzufinden. Sie hatte nach Angaben des Angeklagten keine Ahnung davon, dass ihr Lebensgefährte mit Drogen dealte.
„Nicht auf einen Laborghini gespart“
Ein typischer Großdealer ist der Stadtlohner wohl auch nie gewesen. „Er ist keiner, der sich einen Lamborghini von den Gewinnen finanzieren wollte“, so fasste der Vorsitzende Richter den Eindruck aller Prozessbeteiligten zusammen.
Zuvor hatte auch der Staatsanwalt festgestellt, dass der voll geständige Angeklagte und seine Freundin nicht in einer „Kifferhöhle“ lebten. Er halte es daher auch für glaubhaft, dass die Freundin ahnungslos war.
Der gelernte Kaufmann, der sein Geld in einem ordentlichen Beruf verdient, hatte es offenbar auch nicht auf große Gewinne angelegt. Nach Erkenntnissen des Gerichts erwarb er das Marihuana für 6,20 Euro pro Gramm und verkaufte es für 6,50 Euro. Sein Verteidiger bezeichnete ihn angesichts dieser geringen Margen als „Amateur“
„Ich war wie in einem Tunnel“
Aber wie war der junge Mann in diese Situation geraten? „Mit 19 habe ich Marihuana zu ersten Mal bei einem Freund ausprobiert. Ich habe es dann aber nur gelegentlich konsumiert“, erzählte der 24-Jährige vor Gericht.
Doch dann geriet er nach und nach in eine Abhängigkeit. Zuletzt konsumierte er zwei Gramm täglich, am Wochenende auch vier bis fünf Gramm. „Ich war wie in einem Tunnel“, sagte der Angeklagte. Um die Kosten für seine Sucht erträglich zu halten, begann er, im Bekanntenkreis selbst Marihuana und Haschisch zu verkaufen.
Bis zu jenem Freitag am 13. November 2020. Da beobachtete die Polizei, wie der junge Mann am Stadtlohner Busbahnhof 50 Gramm Marihuana und 10 Gramm Haschisch für 425 Euro an einen Vredener verkaufte. Die Polizei wartete zunächst ab und schlug später zu, als der Vredener auf dem Heimweg war und der Stadtlohner wieder in seiner Wohnung. Der Vredener ist bereits im September in einem gesonderten Verfahren zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden.
Lebensgefährtin war entsetzt
Schon die am Busbahnhof verkaufte Menge gilt juristisch als „nicht gering“. Das gilt erst recht für die mehr als 900 Gramm Marihuana, die die Polizei in der Wohnung des Angeklagten fand. „Seine Lebensgefährtin war entsetzt. Mein Mandant hat noch am gleichen Tag den Konsum eingestellt. Der Burgfrieden ist ihm wichtiger als die Sucht.“
„0,0 Konsum seit einem Jahr. Das klappt“, versicherte auch der Angeklagte selber. Staatsanwalt und Schöffengericht schenkten ihm Glauben. Der Staatsanwalt forderte eine zehnmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung mit einer Geldauflage von 1500 Euro.
Der Verteidiger nannte diese Forderung „sehr maßvoll“. Er erinnerte auch daran, dass die Legalisierung der weichen Droge Marihuana, ,die ja weniger schädlich ist als der Alkohol“, aktuell in er politischen Debatte näher rücke.
Richter: „Mit einem Jahr sind Sie gut bedient“
Das Schöffengericht ging in seinem Urteilsspruch ein wenig darüber hinaus: ein Jahr auf Bewährung und 1500 Euro Geldstrafe. „Sie waren kein Großdealer, aber auch kein absoluter Kleindealer. Mit einem Jahr sind Sie gut bedient“, erklärte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung.
Strafrechtlich war der 24-Jährige zuvor noch nicht in Erscheinung getreten. Darum wurde die Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt. „Diese Chance hat beim ersten Mal jeder verdient“, so der Richter.
Das Gericht erlegte dem Angeklagten auch fünf Gesprächstermine bei der Drogenberatung auf. Und auch der Richter warf einen Blick auf die mögliche Legalisierung von Cannabis: „Auch wenn der Konsum erlaubt werden sollte – das was Sie gemacht haben, wird auch in Zukunft nicht legalisiert werden.“