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Coronakrise war für Hänsel & Gretel trotz verpasstem Stichtag eine Chance
Coronavirus
Gute Ideen haben Hänsel und Gretel im Märchen gerettet. Und im echten Leben: Das Stadtlohner Kindermodengeschäft Hänsel & Gretel verpasste die Corona-Soforthilfe haarscharf. Aber es gab eine Idee.
Patricia Lobitz und ihre Töchter Nicole Bezzola und Mercedes Gericks haben sorgenvolle Wochen voller Existenzängste hinter sich. So hatten sich die Gründerinnen den Start ihres Kindermodengeschäfts „Hänsel & Gretel“ an der Eschstraße nicht vorgestellt. Nicht einmal drei Wochen nach der Eröffnung am 29. Februar mussten sie ihre Geschäft wieder schließen. Corona-Shutdown. Jetzt aber lachen Mutter und Töchter wieder.
Doch zunächst folgte nach der Schließung eine weitere bittere Nachricht: Bund und Land verteilten Milliarden Euro an Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen. Aber nicht an Hänsel & Gretel. Es wurden nur Gründerinnen und Gründer unterstützt, die bis zum 31. Dezember 2019 mit ihrem Unternehmen gestartet waren und aufgrund der Corona-Pandemie unverschuldet in eine Notlage geraten sind.
Stichtag nur um 24 Stunden verpasst
Das Gewerbe für Hänsel & Gretel hatte Inhaberin Patricica Lobitz aber erst zum 1. Januar 2020 angemeldet – 24 Stunden zu spät, um unmittelbar in den Genuss der Corona-Soforthilfe zu kommen. „Zuerst waren wir schon sehr wütend“, erinnert sich Tochter und Mitabeiterin Mercedes Gericks. „Wir fühlten uns irgendwie um die Hilfe betrogen.“

Sie können wieder lachen: Patricia Lobitz mit ihren Töchtern Mercedes Gericks und Nicole Bezzola (v.l.). © Markus Gehring
Aber Resignation kam für die drei Frauen nicht in Frage Schließlich hatten sie und ihre Familien schon vor der Eröffnung jede Menge Zeit und Mühe ins Geschäft gesteckt. „In der Stunde der großen Enttäuschung haben wir uns zu Dritt an einen Tisch gesetzt, nachgedacht und geredet“, erzählt Mercedes Gericks. Und dann stand fest: „Wir lassen uns nicht kleinkriegen, wir machen weiter.“
Schon am nächsten Tag boten sie per Facebook einen Lieferdienst für Kinderkleidung an. „Wir haben selbst ausgeliefert, meist noch am gleichen Tag“, sagt Mercedes Gericks. „Das war eine harte Zeit. Es gab manchmal auch abends nach zehn noch Anrufe und in Spitzenzeiten über 20 Auslieferungen an einem Tag. Hinzu kam ein Postversand. Hänsel & Gretel fanden Kunden auch in Hamburg, Berlin und Düsseldorf.
Coronakrise war für Hänsel & Gretel eine Chance
Die drei Frauen sind „super dankbar“, wie sich alles entwickelt hat. Vor allem auch für die Unterstützung vor Ort. Mercedes Gericks: „Das Loch in das wir gefallen sind war am Ende eine große Chance. Wir konnten unseren Kunden zeigen, was in uns steckt. Und einige waren wirklich überrascht, wie problemlos alles lief, Umtausch eingeschlossen.“
Zehn Wochen hat Hänsel & Gretel so überbrückt, eher gut als schlecht. Jetzt läuft der Laden wieder. Einen Sonderverkauf gibt es nur, weil Platz geschaffen werden muss. „Für uns Modeleute ist der Sommer ja schon vorbei, wir schauen schon auf die Herbstmode“, sagt Mercedes Gericks. Ein Ende wie im Märchen: Aus dem Corona-Wald haben Hänsel und Gretel mit Ideen und Mut herausgefunden.