Bullte aus Bo: Rückbildungs-Rocker aus Stadtlohn spielen live im niederländischen Radio

© Stefan Grothues

Bullte aus Bo: Rückbildungs-Rocker aus Stadtlohn spielen live im niederländischen Radio

rnLiedermacher

Als „Bullte aus Bo“ verwirklichen sich drei Stadtlohner ihren Band-Traum ganz ohne Steckdose. Nach vielen Kneipenkonzerten erwartet das Trio jetzt eine Premiere: ein Liveauftritt im Radio.

Stadtlohn

, 30.11.2019, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der Donnerstagabend gehört den 16 Saiten. Immer. Schon seit sechs Jahren. Dann setzen sich Tobias Harmeling (42, Elektrotechniker-Meister), Ralf Doetkotte (43, Erzieher) und Jörg Weßels (42, Buchhalter) in Doetkottes Wohnzimmer zusammen. Die Kinder wuseln noch kurz herum, dann heißt es aber: „Ab ins Bett!“

Dieser Abend gehört den Vätern. Dieser Abend gehört „Bullte aus Bo“, so nennt sich das Akustikgitarren-Trio. Die kleine Mischlingshündin Moe macht es sich auf dem Sofa bequem. Auf dem Tisch stehen drei Bierflaschen. Aber in den nächsten zwei Stunden zählen eigentlich nur die Gitarrehälse.

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Bullte aus Bo

„Die Mauer“, sagt Tobias Harmeling. Anzählen muss er nicht. Die drei blicken sich nur an. Dann lassen Ralf Doetkotte und Jörg Weßels die die Finger über Saiten fliegen, Tobias Harmeling zupft den akustischen Bass. Ralf Doetkottes raue Bluesstimme erklingt. „ ... ich will über die Mauer sehen...“ – ein trotzig-melancholisches Lied gegen die Enge des Alltags. Dass das Trio den Liedermacher Hannes Wader mag, ist nicht zu überhören.

Dieses Lied hat Tobias Harmeling geschrieben. Jedenfalls den Text. „Wenn ich einen Text geschrieben habe, gebe ich ihn mit einem Melodievorschlag an Ralf und Jörg. Und dann kommt etwas ganz anderes heraus, als ich mir vorgestellt habe“, sagt Tobias Harmeling und lacht. „Aber das ist gut.“

Drei Musiker mit Rock- und Blues-Vergangenheit

„Eigentlich sind wir ja eine „Rückbildungsgruppe für Väter“, sagt Ralf Doetkotte. Früher, als sie noch richtig jung waren, da haben sie es krachen lassen. Ralf Doetkotte war Schlagzeuger in einer Blues- und Rockband. Jörg Weßels und Tobias Harmeling machten sich in der Stadtlohner Rockszene in der Band „Getränke Heinemann“ einen Namen.

Kontakt im Kindergarten geknüpft

Doch dann wurden aus den Rockern Väter, und für den Probenkeller fehlte die Zeit. Im Kindergarten liefen sich die Drei wieder über den Weg. Und dann reifte die Idee: „Lass uns doch mal zusammen was machen.“ Die E-Gitarren wurden eingestöpselt, das Schlagzeug aufgebaut.

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„Nach der Hälfte der Probe haben wir aber den Stecker gezogen“, erzählt Ralf Doetkotte. „Und wir haben uns selbst gewundert, wie gut das gepasst hat. Wir konnten einfach loslegen“, erinnert sich Jörg Weßels. Seither spielt Bullte aus Bo nur noch ohne Strom: unplugged.

Bandprobe mit Babysitting

„Da können die Schlafzimmertüren der Kinder aufbleiben. Unsere Musik hilft den Kindern beim Einschlafen“, sagt Ralf Doetkotte. Zu den Klängen von Element of Crime, Bowie, Beatles, Stoppok, Franz-Josef Degenhardt und Rio Reiser lässt es sich gut ins Reich der Träume finden. Und die drei Musiker können im Fall des Falles auch das Babyphone noch hören. Bandprobe und Babysitting müssen kein Widerspruch sein.

Kneipenkonzerte und Zwillrockfestival

In Stadtlohn und in der Region hat sich das Trio mit seinen jährlich vier bis fünf Kneipenkonzerten schon einen Namen gemacht. Auch an das Zwillrockfestival denken die Musiker gerne zurück. „Die Konzerte sind wichtig für uns, es ist gut, ein Ziel zu haben“, sagt Tobias Harmeling.

Genauso wichtig sind aber die Proben. Und der Drang nach immer neuen Ufern. Aus weit über 100 Stücken aus 100 Jahren stellt Bullte aus Bo sein Konzerte zusammen: aus allen Genres, Bekanntes und Unbekanntes, gecovert und selbst komponiert. Und ja, auch „Stadtlohn an de Bäke“ gehört zu ihrem Repertoire.

Am Samstag im holländischen Radio

Am Samstag, 30. November, betritt Bulte aus Bo Neuland: Zwei Stunden lang sind die Drei zu Gast in der Radio-Kultsendung „Holland op zijn breedst“, die vom bekannten Moderator Wim Kuut auf RTV Slingeland präsentiert wird. „Wir dürfen ein bisschen was erzählen, unsere Top 5 der niederländisch-sprachigen Songs präsentieren und auch ein paar Lieder live spielen“, sagt Tobias Harmeling.

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Das Ganze wird natürlich viel auf niederländisch, aber teilweise auch auf deutsch gemacht, so dass das für alle Hörer, egal welcher Sprache, interessant sein dürfte. Anlass dieser Einladung ist, dass Wim Kuut zum 250. Mal Gäste in seiner Sendung hat. Zu diesem Termin hat er sich was „Besonderes“ gewünscht, weshalb diese grenzübergreifende Idee entstanden ist. Die Livesendung wird auch vom hauseigenen Fernsehsender begleitet, der später darüber berichten wird.

Der Kontakt kam zustande, weil Wim Kuut neben seiner Tätigkeit als Radiomoderator auch Lehrer an der VHS in Stadtlohn ist, wo er Niederländischkurse gibt. An einem dieser Kurse nimmt auch Tobias Harmeling teil, sodass Wim Kuut daraufhin dann auch Gast bei Konzerten der Band war – und ein Fan wurde.

Astrid Lindgren stand bei der Namensgebung Pate

Ihm müssen die drei Musiker wie allen anderen auch erklären, was es denn mit dem seltsamen Bandnamen „Bullte aus Bo“ auf sich hat. Kenner von Astrid Lindgrens „Michel aus Lönneberga“ wissen es natürlich längst: Das ist doch der Knecht aus dem Nachbardorf, mit dem Knecht Alfred immer aneinander gerät. So ist das eben, wenn sich eine Väterrückbildungsband gründet: Dann findet sich der Bandname in einem Kinderbuch.

Live von 16 bis 18 Uhr

Die Sendung „Holland op zijn breedst“ mit Bullte aus Bo wird am Samstag, 30. November, von 16 Uhr bis 18 Uhr live ausgestrahlt. In Vreden kann der Sender noch über die FM-Frequenz ist 105 MHz empfangen werden. In Stadtlohn hört man ihn besser im Online-Stream.