
© Stefan Grothues
Aldi-Anwohner klagen über hohe Lärmbelastung und ziehen vors Gericht
Aldi-Markt
„Alles bleibt besser!“ Dieser Werbeslogan schmückt den neuen Aldi-Markt am Breul. Die Nachbarn sehen das ganz anders. Sie sagen, der neue Aldi raube ihnen den Schlaf und mache sie krank.
„Es ist so nicht zum Aushalten. Das würden Sie, wenn Sie hier wohnen würden, auch nicht hinnehmen. Es muss eine Lösung her!“ Diesen Satz hat Michaela Himmelberg am frühen Pfingstmorgen an den Bereichsgeschäftsführer Filialbau der Aldi-Immobilienverwaltung geschrieben.
Schon um 4 Uhr war Michaela Himmelberg von der Lüftung des Aldi-Marktes am Breul aufgeweckt worden. Mit ihrem Handy hat sie die Geräuschkulisse aufgenommen: In das Morgenkonzert der Vögel mischt sich ein dumpfes Brummen, das im Wechsel von Piep- oder Heulgeräuschen begleitet wird. Geräuschquelle ist eine Kühl- und Lüftungsanlage, die unmittelbar hinter der Lebensbaumhecke der Familie Himmelberg steht.
Vor gut drei Wochen ist der neue Aldi eröffnet worden. Seither summt oder brummt die Lüftungsanlage Tag und Nacht, rund um die Uhr, mal lauter, mal leiser. „Ich kann nicht mehr mit geöffnetem Fenster schlafen. Sitzt man bei schönem Wetter auf der Terrasse, fühlt man sich zeitweilig, als würde man in einem Industriegebiet wohnen!“, sagt Michaela Himmelberg.
Sie teilt dieses Schicksal mit ihren Nachbarinnen, die nicht nur den Lüftungslärm beklagen. Eine Kartonpresse macht von morgens 6 bis nach 21 Uhr abends unvermittelt Lärm. „Es klingt so, als wenn ein Fußballer kräftig einen Ball gegen ein Garagentor schießt“, sagt Andrea Kenkel.

Eine der Lärmquellen vom Balkon der Familie Himmelberg aus gesehen: der Schneckenverdichter für Kartonagen des Aldi-Marktes am Breul. © Stefan Grothues
Ihr Grundstück liegt unmittelbar an der Lkw-Zufahrt für Anlieferer. Nächtliche Anlieferungen sind eigentlich ausgeschlossen. „Aber es gibt sie, wir haben Videoaufnahmen davon gemacht“, sagt Andrea Kenkel. Das Scheinwerferlicht habe ihr Schlafzimmer hell erleuchtet, vom Motorenlärm mal ganz abgesehen.
Andrea Kenkel klagt: „Ich leide jetzt unter Konzentrationsstörungen. Mein Arzt hat mir schon ein Schlafmittel verordnet, und ich bin aus meinem Schlafzimmer in ein ehemalige Kinderzimmer auf der anderen Seite des Hauses umgezogen. Aber das kann doch nicht die Lösung sein.“
„Der Lärm macht uns alle krank“
Ihre Nachbarin Erika Heming nickt: „Es gibt keine ruhige Minute mehr. Wir wollen hier aber wieder in Ruhe wohnen. Der Lärm macht uns alle krank. Und er mindert den Wert unserer Grundstücke ganz deutlich.“ Christa Hornhues wohnt nicht ganz so nahe am neuen Markt, aber auch sie sagt: „Wenn es wärmer wird, wird auch das Brummen lauter. Und je nach Windrichtung stört es auch uns.“

Der Neubau des Aldi-Marktes ist näher an die Wohnbebauung der Straße "Am Berkelbogen" (rechts) herangerückt. © Stefan Grothues
Seit fast 20 Jahren wohnen die Himmelbergs und viele ihrer Nachbarn an der Straße „Am Berkelbogen“. Und Aldi war immer schon ihr Nachbar. Aber der alte Aldi-Markt, der im vergangenen Jahr abgerissen wurde, stand deutlich weiter entfernt von der Wohnbebauung. Damit konnte die Anlieger gut leben.
Schon die Genehmigungsphase für den neuen Aldi-Markt haben die Nachbarn vom Berkelbogen kritisch begleitet. Ihnen wurde immer zugesagt, dass alle Grenzwerte eingehalten würden. Jetzt sagen die Nachbarn, es sei schlimmer geworden, als sie befürchtet haben.
Christian Meidt, Bereichsgeschäftsführer Filialbau der Aldi-Immobilienverwaltung, weist die Kritik in Mails an die Nachbarn zurück. „Bezüglich des von Ihnen angesprochenen Summens der Kühlanlage darf ich Ihnen mitteilen, dass wir sicher sind, die zulässigen Schallschutzwerte einzuhalten, zumal es sich um eine neue Anlage nach aktuellstem Stand der Technik handelt und wir zusätzliche Schallschutzmaßnahmen durchgeführt haben.“
Aldi schließt nächtliche Anlieferungen für die Zukunft aus
Meidt räumt aber ein, dass diese Maßnahmen allerdings nicht bewirken können, dass die Anlage vollständig geräuschlos arbeite. „Insofern bitte ich um Ihr Verständnis, dass wir hier leider keine Möglichkeit für weitere Maßnahmen haben.“
Auch die Nutzung der Kartonpresse sei unumgänglich. Christian Meidt: „Leider geschieht dies nicht vollständig geräuschlos. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass wir mit diesem Gerät die zulässigen Werte der TA (Technische Anleitung) Lärm einhalten, zumal über die zulässigen Werte von 55 db hinaus (tagsüber) auch Geräuschspitzen zulässig sind.“
Christian Meidt verspricht aber Verbesserung bei den nächtlichen Anlieferungen. „Sollte es sich bei der von Ihnen beschriebenen Anlieferung um eine Marktbelieferung gehandelt haben, so kann ich mich für diese Verfehlung nur in aller Form entschuldigen.“ Er werde die hausinternen Abteilungen nochmals sensibilisieren, „sodass es mit sofortiger Wirkung zu keiner Wiederholung kommen sollte!“
Anwohner fordern technische und bauliche Verbesserungen
Das reicht den Nachbarn nicht. Sie fordern technische und bauliche Verbesserungen. Familie Himmelberg hat schon einen Lärmgutachter beauftragt, Messungen vorzunehmen. „Die genauen Ergebnisse liegen noch nicht vor. Aber die erste Einschätzung des Gutachters stimmt uns optimistisch, dass etwas unternommen werden muss“, sagt Michaela Himmelberg.
Familie Kenkel hat Klage gegen die Baugenehmigung eingereicht. Ihr Rechtsvertreter Dr. Daniel Weber aus Münster rechnet in Kürze mit einer Eilentscheidung zur aufschiebenden Wirkung der Klage, die sich gegen den Kreis Borken als Genehmigungsbehörde richtet. Aldi ist in dem Verfahren beigeladene Partei. „Am liebsten wäre uns ja ein außergerichtliche Einigung“, sagt Andrea Kenkel.